Die Entstehung der Drachenbootrennen ist untrennbar mit der Legende von Qu Yuan (gesprochen: [chü jang]) verbunden, einem der größten Dichter und Staatsmänner Chinas. Qu Yuan wurde etwa 340 v.Chr. als Spross des Fürstengeschlechts Chu geboren, das den südlichsten der chinesischen Staaten regierte. Qu Yuan diente dem König von Chu als Minister, wurde jedoch bald das Opfer von Intrigen bei Hof.
Als der König von Chu eine Einladung des mächtigen Königs von Qin erhielt, an einer Konferenz teilzunehmen, riet Qu Yuan ihm von der Reise ab. Der König hörte nicht auf den Rat, wurde vom König von Qin gefangen genommen und starb. Währenddessen bestieg der Sohn des Königs von Chu den Thron und schloss einen zweifelhaften Frieden mit seinem Feind. Qu Yuan machte den Sohn für den Tod des Königs verantwortlich und wurde daraufhin vom Königshof verbannt.
Qu Yuan muss ins Exil und begeht Selbstmord
Auf seinem Weg ins Exil kam er an den Fluss Milo in der Provinz Hunan. Als Qu Yuan erfuhr, dass seine Heimat durch den König von Qin erobert worden war, stürzte er sich aus Verzweiflung in die Fluten des Milo.
Er starb im Jahr 278 v. Chr. Die Nachricht vom Tod des geliebten Dichters verbreitete sich schnell und Fischer aus den nahegelegenen Dörfern machten sich mit Booten auf die Suche nach Qu Yuan. Sie schlugen mit ihren Paddeln auf das Wasser, trommelten und warfen mit Reis gefüllte Blätter in den Fluss, um Qu Yuans Körper vor den gefrässigen Fischen und Wasserdrachen zu bewahren. Zu seinen Ehren werden seither am 5. Tag des 5. Mondes (5. Monat des chinesischen Mondkalenders) die Drachenbootrennen veranstaltet.
Wann entstanden die Drachenboote?
Möglicherweise liegt der Ursprung der Drachenbootrennen noch weiter zurück. Eine Theorie besagt, dass die Boote mit den geschnitzten Drachenköpfen vor über 2000 Jahren benutzt wurden, um bei Überschwemmungen den Drachen im Wasser zu beruhigen. Eine weitere Theorie bezieht sich auf ein altes Ritual, nach dem den Göttern jedes Jahr Opfergaben gebracht wurden. Die Dorfbewohner und Familien kamen mit Booten über den Fluss und manchmal kam es vor, dass diejenigen, die den Ort für das Ritual als erste erreichten, im folgenden Jahr die beste Ernte hatten.
In der Provinz Zhejiang geht der Ursprung der Rennen auf Gou Jian, König von Yue zurück, der nach einer militärischen Niederlage seine Truppen in Drachenbootrennen trainierte und mit ihrer Hilfe den Staat Chu wieder errichteten konnte. In der Region Dali in Yunnan erinnert der Volksstamm Bai mit Drachenbootrennen an Madame Bai Jie, Ehefrau eines besiegten Königs während der Tang-Dynastie (618 - 907). Da der neue Herrscher von Dali sie begehrte, beging die schöne und intelligente Bai Jie in einem See Selbstmord, um ihrem Schicksal zu entgehen.
Von all diesen "Ursprungstheorien" bleibt die Legende von Qu Yuan in China die populärste. Die Liebe der Chinesen zu ihrem großen Dichter Qu Yuan und die mindestens ebenso große Liebe zu Drachenbootrennen haben eine über 2000 jährige Geschichte überstanden: Unterschiedliche Dynastien, Regierungen, Reformen.
Von der Legende zum Wettbewerb
Die Entwicklung vom Brauch zum Wettbewerb erfolgte schon relativ früh: Bereits während der Sui-Dynastie (581 - 618) und Tang-Dynastie (618 - 907) gab es feste Termine für die Wettkämpfe, es existierten Regeln, und es gab Orte, an denen die Rennen zu Großveranstaltungen wurden. Später breiteten sich die Drachenbootrennen auch in anderen asiatischen Staaten aus.
Doch es dauerte bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, bis die Drachenbootrennen ein internationaler Sport wurden. 1976 wurde in Hongkong das erste internationale Festival veranstaltet, das erste europäische Drachenboot-Rennen gab es vier Jahre später in London. In kürzester Zeit entwickelte sich das Drachenbootrennen zu einer der Sportarten, die weltweit das größte Wachstum zu verzeichnen haben. Sie wird inzwischen in über 40 Ländern ausgeübt - seit 1989 auch in Deutschland. Damals wurde in Hamburg anlässlich des 800. Hafengeburtstages das erste deutsche Drachenbootrennen ausgetragen. Die Verbände der einzelnen Länder sind in der European Dragon Boat Federation und der International Dragon Boat Federation zusammengeschlossen. Es gibt international zahlreiche Festivals und alle zwei Jahre Europameisterschaften und Weltmeisterschaften.
Die Traditionen und Bräuche, die zu den Drachenbootrennen gehören sind im modernen China lebendiger denn je. Die Rennen selbst ziehen sich über einen Zeitraum von etwa einem Monat hin - eine Zeit, in der Berufstätige ihre Arbeit eben Arbeit sein lassen und sich ganz dem Rudern widmen.
Traditionelles Essen zu den Drachenbootrennen
Seit über 2000 Jahren wird zu den Rennen Zongzi gefertigt. Dabei handelt es sich um dreieckige Klebreistaschen mit verschiedenen Füllungen, gehüllt in Bananen- oder Bambusblätter. Solche Taschen, besagt die Legende, warfen die Fischer in den Fluss Milo, um die Fische zu füttern und sie von der Leiche Qu Yuans abzulenken. Zongzi wird heute kaum noch von den Familien selbst hergestellt, sondern von Firmen, die das traditionelle Essen während der Drachenboot-Rennen verkaufen. Feste Bestandteile der Tradition sind auch das Opfern von Geldscheinen, Wein und Schnaps, das Abbrennen von Feuerwerkskrachern, dem chinesischen Glückssymbol, und natürlich die "Erweckung des Drachens". Bevor ein neues Boot ins Rennen geht, wird der Drache erweckt, eine Zeremonie, abgehalten von einem taoistischen Priester, an deren Ende das Auge des Drachenkopfs auf dem Boot ausgemalt wird. Damit soll dem Boot und den Ruderern Kraft verliehen werden.
Drachenboot-Festivals mit vielen Besuchern
Zum Drachenboot-Festival reisen inzwischen viele ausländische Mannschaften an, um sich an den Rennen zu beteiligen. Für die Chinesen ist es aber wesentlich mehr als ein Sport - es ist gelebte Tradition. Und so treffen sich während des Drachenboot-Festivals täglich Mannschaften aus verschiedenen Dörfern, um gegeneinander anzutreten.
Benutzt werden die traditionellen langen Boote, auf denen bis zu 100 Ruderer Platz haben. Nur Männer übrigens, denn obwohl es schon seit dem 7./8. Jahrhundert Frauenmannschaften gibt, dürfen Frauen nicht auf die Dorfboote. Da halten es die Chinesen wie die Seeleute weltweit: Frauen auf dem Boot, glauben sie, bringen Unglück.