Nahaufnahme einer Zecke auf Haut. (Foto: Imago/blickwinkel)

Lebensräume · Kleine Waldbewohner

Zecken | Hintergrund

Stand
Autor/in
Silke Harrer

Zecken

Zecken gehören zur Klasse der Milben (Acarida). Diese wiederum gehören zu den Spinnentieren (Arachnida), was auch an den acht Beinen der Adulten erkennbar ist. Sie kommen in Gebieten mit wenigstens 70% Luftfeuchtigkeit vor. Dieses Mikroklima findet sich vor allem in Flusstälern und in Wäldern mit viel Unterholz und einer ausgeprägten Krautschicht. Oftmals wird bezüglich der Verbreitung der Zecken die 800-m-Obergrenze zitiert. Die Tiere wurden aber bis in eine Höhe von 2000 m nachgewiesen.

Zecke (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Die augenlosen Zecken sind auf ihren hochentwickelten Geruchssinn angewiesen. Bild in Detailansicht öffnen
Auf Zeckenfang mit einer Zeckenfahne. Mit etwas Glück gehen die kleinen Spinnentiere ins Netz. Allerdings nur, wenn es warm und feucht ist. Bild in Detailansicht öffnen
Zecke (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Hat eine Zecke im Larven- oder Nymphenstadium mit dem Blut Krankheitserreger aufgenommen, ist das erwachsene Tier infektiös. Es kann Viren und Bakterien übertragen, die dem Menschen gefährlich werden.

Zecken als Krankheitsüberträger

Weltweit sind Zecken als Krankheitsüberträger gefürchtet. Bekannt sind über 50 Krankheitserreger, die übertragen werden. Virale Infekte führen häufig zu Hirnhautentzündungen, die sogar tödlich enden können. Beispiel für einen Virustyp ist neben der FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) die im Bereich der GUS auftretende RSSE (Russian Spring Summer Encephalitis). Auch einige ernsthafte bakterielle Erkrankungen werden übertragen, wie das Q-Fieber und die durch Ehrlichien ausgelösten Ehrlichiosen. Letztere sind Krankheiten, die neben neurologischer Komplikationen häufig mit der Zerstörung von Blutzellen verbunden sind.

Mikroskop (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Versuch: Saugvorgang einer Zecke. Bild in Detailansicht öffnen
Die wenig nahrhaften Bestandteile des Blutes werden in die Wunde zurückgedrückt. Bild in Detailansicht öffnen

In Mitteleuropa haben FSME und die Lyme-Borreliose mit Abstand die größte Bedeutung. Die Erreger dieser Krankheiten kommen nicht flächendeckend vor, sondern nur in sogenannten Endemiegebieten. Diese Gebiete werden entweder durch die Registrierung von klinischen Fällen oder durch die Untersuchung der Zecken auf bestimmte Krankheitserreger oder durch die Ermittlung der Antikörperprävalenz, d.h. durch Ermittlung der gegen bestimmte Infektionserreger gerichtete Antikörper ermittelt.

Die FSME ist in Mittel- und Osteuropa verbreitet. Die deutschen Endemiegebiete befinden sich in erster Linie in Baden-Württemberg und in Bayern. In Baden-Württemberg hat die Erkrankungshäufigkeit im Laufe der 90er Jahre erheblich zugenommen. Traten bis 1990 zwischen 8 und 32 Fälle pro Jahr auf, so sind es seit Mitte der 90er Jahre 100-150 Fälle. Als Grund für diese Zunahme werden die milderen Winter der letzten Jahre vermutet.

Ein Parasitologe nimmt Blutproben (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Der Parasitologe Peter Kimmig vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg nimmt Blutproben bei Waldarbeitern. Bild in Detailansicht öffnen
Nach einer Infektion bildet das Immunsystem des Menschen spezielle Abwehrstoffe. Bild in Detailansicht öffnen

Die Lyme-Borreliose tritt in ganz Deutschland in großer Häufigkeit auf. Durch Antikörperprävalenzen bei Waldarbeitern wurde eine Karte der Borreliose-Endemiegebiete von Baden-Württemberg erstellt.

In Haut eingbissene Zecke (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Die Zecke sucht sich eine Hautstelle, in die sie mit ihren Mundwerkzeugen eindringen kann.

FSME

Krankheitsverlauf
FSME tritt gehäuft im Frühsommer auf, kommt aber von April bis Dezember vor. Erreger ist das FSME-Virus, ein RNA-Virus, welches das Gehirn, bevorzugt den Hirnstamm und die motorischen Nerven befällt. An der Einstichstelle der Zecke infizieren die Viren verschiedene Zellen, u.a. Makrophagen. Durch die Lymphbahnen erfolgt daraufhin ein Transport zu den Lymphknoten, wo eine Virusvermehrung stattfindet. Von hier aus gelangen die Viren durch das Blut in weitere Organe, wie die Leber, und nach Überwindung der Blut-Hirn-Schranke ins ZNS (Zentrale-Nerven-System). Dort findet eine weitere Virusvermehrung statt, die zum Absterben von Nervenzellen führt. Die Krankheitssymptome äußern sich folgendermaßen: Nach der Infektion kommt es entweder sehr schnell oder auch erst nach einigen Wochen zu einer grippeartigen Erkrankung, die von Fieber, Kopf-, Kreuz-, und Gliederschmerzen begleitet sein kann. Diese erste Phase dauert 1-8 Tage. In etwa zwei Dritteln der Fälle ist damit die Krankheit überstanden. In etwa einem Drittel kommt es aber nach einer fieberfreien Phase von bis zu 20 Tagen plötzlich zu heftigen Kopf- und Nackenschmerzen und zu hohem Fieber. In schweren Fällen treten Lähmungen der Gesichtsmuskulatur, der Extremitäten und der inneren Organe auf. Da es keine Bekämpfungsmöglichkeit des Virus gibt, beschränkt sich die Krankheitstherapie auf Symptombekämpfung. Klinisch betreut, erholen sich meist auch Schwerkranke innerhalb von zwei bis drei Wochen. Bei 10% bleiben allerdings Restschäden wie Lähmungen, Kopfschmerzen und Depressionen. Etwa 1-2% überleben die Krankheit nicht.

FSME-Erkrankungen

Eine Karte der Ausbreitung von FSME-Erkrankungen in Deutschland. (Foto: SWR)
In den schraffierten Gebieten sind in den vergangenen Jahren FSME-Erkrankungen aufgetreten und dokumentiert worden.

Aktive Immunisierung
Besonders gefährdete Personen in Infektionsgebieten sollten sich gegen FSME impfen lassen. Es gibt zur aktiven Immunisierung Impfstoffe im Handel, die inaktivierte FSME-Viren enthalten. Die Grundimmunisierung besteht aus drei Impfungen, die im 3-Jahres-Rhythmus aufgefrischt werden sollten. Der optimale Impfzeitpunkt liegt in der kalten Jahreszeit, prinzipiell können die Impfungen aber während des ganzen Jahres vorgenommen werden. Die Impfung ist sehr gut verträglich, ernstere Nebenwirkungen (periphere Nervenentzündungen) treten nur mit einer Häufigkeit von 1:1 Mio. auf und sind reversibel. Auch zur passiven Immunisierung existiert ein Impfstoff, der lediglich als kurzfristige Prophylaxe vor Einreise in ein Zeckengebiet bzw. als Sofortmaßnahme nach einem Zeckenstich eingesetzt werden kann. Seine Anwendung ist allerdings mit Gefahren verbunden, da die Antikörper als Fremdeiweiß allergische Reaktionen hervorrufen können. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass die Immunglobulingabe mehr als drei Tage nach dem Stich zu einer Verschlechterung des Infektionsverlaufs führen kann.

Lyme-Borreliose

Krankheitsverlauf
Die weltweit verbreitete Lyme-Borreliose tritt in der Bundesrepublik jährlich mit etwa 100.000 Neuerkrankungen auf und gilt damit als zweithäufigste Infektionskrankheit. Der Erreger ist Borrelia burgdorferi, ein Bakterium aus der Familie der Spirochaetae. Die übertragene Krankheit verläuft meist in drei Phasen. In Stadium I kommt es kurz nach einem Zeckenstich zur Vermehrung und Wanderung der Borrelien. Die einsetzende Immunreaktion des Menschen, bei der Abwehrzellen in die Haut eindringen, äußert sich in einer Hautrötung, die sich ringförmig ausdehnt (Wanderröte). Meist ist dies von grippeähnlichen Symptomen begleitet. Stadium II tritt häufig erst nach Wochen und Monaten ein, wenn sich die Erreger im Körper ausgebreitet haben. Typisch sind Schwindelattacken, neurologische Störungen, Gelenkschmerzen und Herzrhythmusstörungen. In einigen Fällen überleben Borrelien nur an denjenigen Stellen im Körper, die vom Immunsystem schlecht erreicht werden. Sie können in unregelmäßigen Abständen noch Monate bis Jahre nach dem Infektionsbeginn zum Wiederaufflammen der Krankheitssymptome führen (Stadium III). Typisch hierfür sind z.B. "von Gelenk zu Gelenk springende" Entzündungen (sog. Lyme-Arthritis) , Knochenschmerzen und schmerzhafte, chronische Entzündungen peripherer Nerven.

Hautrötung (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Häufig weist eine Wanderröte auf Borrelieninfektion hin. Bild in Detailansicht öffnen
Auch noch nach Jahren kann es zu schweren Rückfällen kommen, die chronische Entzündungen auslösen. Bild in Detailansicht öffnen

Prophylaxe nach Zeckenstich
Theoretisch ist eine antibiotische Prophylaxe nach jedem Zeckenstich möglich. Hiervon ist aber abzuraten. Sinnvoll ist dagegen die Untersuchung der Zecke auf Borrelien und im positiven Fall eine Antibiotika-Prophylaxe, da nach neueren Untersuchungen 25% der Stiche durch infizierte Zecken zur Übertragung des Erregers führen. Verschiedene Fachlabors führen die Untersuchung der Zecken durch. Die Kosten von mindestens 40 DM müssen selbst getragen werden. Labor-Adressen können bei den Gesundheitsämtern erfragt werden.

Vorbeugung

Prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung von Zeckenstichen haben einen hohen Stellenwert. Bei Aufenthalt in Zeckengebieten sollte dichtschließende Kleidung getragen werden bestehend aus einem langen Hemd und langen Hosen, die in die Socken gesteckt werden. Auch die Verwendung eines Repellents wird empfohlen. Mittel, die auf die Haut aufgetragen werden sind aber nur wenig wirksam. Als äußerst wirksam haben sich Kombinationsprodukte erwiesen, die auf Haut und Kleidung aufgetragen werden. Sie sind rezeptfrei in der Apotheke zu erhalten.

Zeckenentfernung mit Pinzette (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Nur mit einer feinen Pinzette lassen sich Zecken sachgerecht entfernen.

Das Entfernen der Zecke sollte möglichst schnell erfolgen, um den Übertritt von Krankheitserregern in den Wirt zu verhindern. Dabei sei vor der Anwendung von Mitteln wie Uhu, Öl oder Nagellack gewarnt, die das Tier ersticken sollen. Es besteht umso mehr die Gefahr, dass Erreger in die Wirtswunde gelangen, da vermutlich der Speichelfluss angeregt wird. Empfohlen wird, das Tier mit einer sehr feinen Pinzette (Uhrmacherpinzette) möglichst nahe an der Haut zu packen und herauszuziehen. Normale Pinzetten und die im Handel erhältlichen Zeckenzangen sind in der Regel zu grob, da bei ihrem Einsatz der Zeckenkörper gequetscht wird, wobei Erreger in den Wirt übertreten.

Vollgesaugte Zecke im Fell (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)

Hunde werden häufig von Zecken befallen. Die Weibchen saugen besonders gierig. Sie brauchen viel nahrhaftes Blut, damit sich in ihrem Körper Eier entwicken können. Mehrere Tage wird das Wirtstier zur Ader gelassen. Erst dann zieht das Weibchen seine Mundwerkzeuge aus der Haut und lässt sich abfallen.

Hintergrundmaterial zum gesamten Schwerpunkt

Lebensräume · Kleine Waldbewohner | Ergänzender Hintergrund

Obwohl so winzig, sind Zecken gefürchtet. FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) und Borreliose sind die bekanntesten Infektionskrankheiten, die durch einen Zeckenbiss ausgelöst werden können. Im schlimmsten Fall mit fatalen Spätfolgen. Die Krankheitsverläufe werden auf den folgenden Seiten ausführlich beschrieben. Weiterhin gibt es Tipps, wie man sich am besten vor Zecken schützen kann. Äußerst gewöhnungsbedürftig ist das Erscheinungsbild der Schleimpilze, das der Fantasie eines Grusel-Science-Fiction Hollywoodautors entsprungen zu sein scheint. Doch hat man sich erst einmal an das „Glibber-Image“ gewöhnt, präsentieren sich Schleimpilze als faszinierende Wesen. Was aussieht, wie ein ordinärer Schleimbatzen besteht sogar Intelligenztests! Auf den folgenden Seiten erfährt man mehr über die besonderen Merkmale und den Entwicklungszyklus dieser fast schon außerirdisch anmutenden Lebensform. Weiterhin im Angebot: Ausführliche Informationen über die einzelnen „Stockwerke“ des Waldes, Energiekreisläufe, Fotosynthese und Zellatmung.

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Zecken

Sie lauern versteckt in Wäldern, Parks und Gärten und warten oft monatelang auf ein Opfer, dem sie Blut abzapfen können: Zecken, kleine Monster, bewehrt mit Bohr-, Schneid- und Saugwerkzeugen, mit denen sie Tiere und Menschen zur Ader lassen. Die Spinnentiere werden drei bis fünf Jahre alt und sind wahre Hungerkünstler. In ihrem Leben kommen sie mit drei Blutmahlzeiten aus. Zecken haben einen denkbar schlechten Ruf, weil sie beim Saugen auch Viren und Bakterien übertragen, die gefährliche Krankheiten verursachen können. Die Sendung stellt die erstaunliche Lebensweise der Winzlinge vor und zeigt, wie man sich vor Zecken schützen kann. Ein Film von Hans Jürgen von der Burchard.

Natur nah: Zecken SWR Fernsehen

Im Reich der Mäuse

Viele Menschen sehen Mäuse am liebsten im Maul der Katze oder in der Falle. Denn auf dem Acker fressen sie das Korn, und wenn die Ernte eingebracht ist, ist kein Lager, kein Speicher vor ihnen sicher. Ob im Dachboden oder in der Speisekammer: Überall nisten sich Mäuse oder Ratten ein. Aber diese unbeliebten Untermieter bilden nur eine Minderheit. Die meisten heimischen Nager leben in der freien Wildbahn, in Alpentälern, an Flussufern, auf Wiesen und in Wäldern. Mäuse sind die anpassungsfähigsten Säugetiere unserer Heimat. Es gibt Taucher, Gräber, Kletterer und Springer. Sie sind nicht nur harmlose Körnersammler, sondern mitunter auch geschickte Fischer und listige Diebe. Obwohl von vielen größeren Tieren gejagt, gelingt es den Mäusen, erfolgreich zu bestehen: mit Vorsicht und Pfiffigkeit und mit ihrer sprichwörtlichen Vermehrungsfreude.

Natur nah: Im Reich der Mäuse SWR Fernsehen

Schleimpilze: Als wären sie nicht von dieser Welt

Schleimpilze sind Außenseiter der Evolution: Als hätten sie eine Zauberformel parat, pendeln sie zwischen den großen Reichen des Lebens - dem Reich der Tiere und dem Reich der Pflanzen. "Lebenswandel" scheinen sie wörtlich zu nehmen. Seit über 20 Jahren stellt Karlheinz Baumann diesen Wunderwesen nach. In den Nebelwäldern Kanadas, in den Kaiserlichen Gärten Tokios oder im Wald vor seiner Haustür. Baumanns Kamera führt in eine ebenso fremde wie abenteuerliche Welt, die unseren Sinnen weitgehend verborgen ist: Da schrumpfen Tage auf Sekunden zusammen und Winzlinge aus dem Mikrokosmos wachsen zu bedrohlichen Riesen.

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Silke Harrer