Bannerbild (Quelle: SWR – Screenshot aus der Sendung) (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)

Gezeichnete Seelen

Wahnsinnig zwanghaft | Hintergrund

STAND
Autor/in
Stephanie Hügler

Zwangsstörung: Wenn man nicht mehr aufhören kann



Ist der Herd aus und habe ich die Tür wirklich abgeschlossen? Solche Gedanken kennen viele Menschen. Bei Personen mit Zwangsstörungen scheinen solche Versicherungen verselbständigt und bestimmen als immer wiederkehrende Gedanken und Handlungen den Alltag.


Zeichnung einer Person in einem Sessel. Auf der Wand hinter ihr fahren Panzer eine Straße herunter. (Foto: SWR/Mosaic Films – Screenshot aus der Sendung)
Zwangsstörung SWR/Mosaic Films – Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Zwangsstörungen SWR/Mosaic Films – Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Was ist eine Zwangsstörung?

Krankhafte Zwangsstörungen, früher oft auch Zwangsneurosen genannt, tun oder denken die Betroffenen gegen ihren Willen immer wieder dasselbe - wie der Jugendliche im Film „Wahnsinnig zwanghaft“, der Dinge nimmt und wieder weg stellt, dieselben Passagen wiederholt liest oder bereits Gegessenes wieder hoch würgt und dabei doch immer wieder an den Golfkrieg denken muss. Auslöser für die Gedanken und Handlungen sind in der Regel starke Ängste. Diese versuchen die Betroffenen durch ihr Verhalten zu kontrollieren.

Magische Befürchtungen

Oft stehen die Ängste gar nicht im Zusammenhang mit den Zwangsgedanken oder -handlungen. So wie beim Jugendlichen im Film „Wahnsinnig zwanghaft“, der glaubt, durch seine Gedanken, den Golfkrieg eskalieren zu lassen. Oder beim zweiten Jugendlichen in „immer und immer wieder“, der Dinge achtmal anblinzelt, damit zu Hause nichts in Flammen aufgeht. Solche „magischen Befürchtungen“ sind typisch für Zwangsneurosen. Zwangsgedanken und -handlungen treten häufig zusammen auf. Manche Betroffene leiden aber hauptsächlich unter einem von beiden.

Wer ist betroffen?

Experten schätzen, dass rund 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung Probleme mit Zwangsstörungen haben. Erste Anzeichen finden sich oft schon bei Kindern - 90 Prozent der Betroffenen zeigen vor dem 19. Lebensjahr erste Symptome. Die Ursachen dafür sind nicht geklärt. Möglicherweise spielen erbliche Faktoren, neurologische Schäden im Gehirn oder die Erziehung eine Rolle. Menschen mit Zwangsneurosen sind häufig nicht sehr selbstsicher und eher unselbstständig, verfügen aber über ein starkes Verantwortungsgefühl.

Wie erkennt man Zwangsstörungen?

Die Betroffenen wissen meist, dass ihr Verhalten übertrieben ist und schämen sich dafür. Viele verbergen es. Daher wird die Zwangsstörung auch „die heimliche Krankheit“ genannt. Manchmal tritt sie auch in Kombination mit anderen Störungen wie Essstörungen, Schizophrenie oder Depression auf. Eine sichere Diagnose bei Kindern ist meist erst ab dem Vorschulalter möglich.

Was kann man tun?

Eine kognitive Verhaltenstherapie hilft langfristig rund 50 bis 60 Prozent der Betroffenen. Auch Medikamente wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer können eine Besserung bewirken. Insgesamt ist die Krankheit aber schwer zu behandeln und eine vollkommene Heilung ist selten. Häufig tritt die Krankheit in Phasen auf.

Ein Mann aus der Profilansicht. Auf dem Hinterkopf ist ein Bild von einem Mann mit Sonnenbrille und Militärmütze zu sehen. (Foto: SWR/Mosaic Films – Screenshot aus der Sendung)
SWR/Mosaic Films – Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
SWR/Mosaic Films – Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Linkbox: Zwangsstörungen

Ausgehend von den klassischen Diagnosekriterien der ICD Klassifikation (International Classification of Diseases) geht dieser Text auf häufige Inhalte von Zwangsgedanken und ihre Verbreitung ein. Theorien zu genetischen oder neurologischen Ursachen werden genauso beleuchtet wie verschiedene Therapieansätze (neurologische Eingriffe Medikamente oder Psychotherapie).

Der gemeinnütziger Verein aus Experten und Betroffenen gibt Hilfe zur Selbsthilfe und klärt über die Erkrankungen auf. Betroffene finden hier Orientierungshilfen im Alltag, Verhaltensempfehlungen und einen Chat, Angehörige Rat, was sie tun können. Buchtipps und Beiträge von Erkrankten ergänzen das Angebot.

Alle Themen zum Schwerpunkt Gezeichnete Seelen

Parallelwelten

Stimmengewirr, Flüstern, manchmal freundlich, manchmal bösartig. Gestörte Wahrnehmungen, kreisende Gedanken, Größenwahn, Verfolgungswahn. Das Kapitel zeigt, was es heißt, unter Psychosen zu leiden – oder wichtiger, was es eben nicht bedeutet: Es manifestiert sich nicht in einer „gespaltenen Persönlichkeit“. Es kann in ganz „normalen“ Menschen existieren und hat nicht zwangsweise zur Folge, dass Menschen, die hieran leiden, gewalttätig werden, oder unfähig in der realen Welt zu funktionieren.

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

Die Sache mit der Glühbirne

Die Geschichte einer Frau, die wir „durchgeknallt“ nennen würden. Die in den höchsten Höhen der Euphorie segelt, ungeerdet und komplett enthemmt. Um dann – ohne Vorwarnung – umso tiefer abzustürzen. Ein Absturz in Verzweiflung und Sinnlosigkeit, in eine Depression, die die eben gelebte Euphorie mit einem Schlag tilgt. Sie lebt in der Welt der Manisch-depressiven. Gerade noch himmelhochjauchzend, dann zu Tode betrübt, sobald diese große Helligkeit in ihr, die Glühbirne, erloschen ist...

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

Fisch am Haken

Michael leidet unter Panikattacken und Platzangst. Es fällt ihm oft schwer, das Haus zu verlassen. Er schildert in anschaulichen Details, wie lähmend seine Angstzustände sind. Und wir erfahren, wie selbst ein Gang in den Supermarkt zu einem schrecklichen Albtraum werden kann.

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

Wahnsinnig zwanghaft

Jedes Mal, wenn Stefan an Saddam Hussein dachte, hatte er das Gefühl, er würde dadurch den Golfkrieg weiter anheizen. Gehen, Reden, Essen und Trinken – alle seine Handlungen musste er vollendet haben, ohne dabei an Saddam Hussein zu denken. Andernfalls ist er gezwungen, die Handlung zu wiederholen, wieder und wieder und wieder....
Ein kleiner Einblick in die existenziellen Kämpfe und Nöte derjenigen, die an Zwangsneurosen leiden.

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

Unsichtbar werden

Brutale Albträume, Selbstmordgedanken und die Unfähigkeit, sich in der eigenen Haut wohl zu fühlen: Jenseits modischer „Size Zero“-Idole und Gruppendruck wird hier gezeigt, welch grausame Dynamik Essstörungen innewohnen kann. Nicole will nicht abnehmen, damit sie besser aussieht oder in kleinere Kleidergrößen passt. Sie fühlt sich alleine, unverstanden und von der übrigen Welt ausgeschlossen. Sie wurde extrem magersüchtig, weil sie „weniger Platz in der Welt einnehmen will“, weil sie unsichtbar werden und auf immer verschwinden will...

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

Immer und immer (und immer) wieder ...

Eigentlich eine einfache, alltägliche Routine: der Schulweg. Doch für Daniel wird er zur albtraumhaften Herausforderung. Zahlen regieren seine Seele, seinen Verstand – bestimmen sein Verhalten, führen zu ungewollten Handlungen. Daniels Aussagen offenbaren uns die Kämpfe eines Teenagers der an Zwangsneurosen leidet.

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

Ein Fremder auf dem Schulhof

Josh hat sie nie verstanden, die Spiele, die die anderen Kinder gespielt haben. Für ihn machten sie einfach keinen Sinn. Er blieb lieber alleine, wanderte entlang der Linien der Spielfelder auf dem Schulhof. Die Schulkameraden fanden ihn zunehmend „seltsam“ und fingen an, ihn zu hänseln. Jahr für Jahr wurde das schlimmer für ihn, fühlte er sich immer mehr überfordert von den vielen Regeln im Schulalltag und der Reizüberflutung. Und die Hänseleien wurden schlimmer. Zur Schule gehen: für Daniel ein Albtraum, oder mit seinen Worten „eine einzige Angst“!
Josh leidet unter dem Asperger-Syndrom, eine Form von Autismus, die ihm das Verstehen sozialer Regeln unmöglich macht.

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

Blutige Tränen

Andrea, Luise und Nicole teilen eine blutige Erfahrung: Sie verletzen sich selbst auf unterschiedlichste und schmerzhafteste Art und Weise. Sie verbrennen sich mit Zigaretten oder glühendem Metall, sie ritzen ihre Haut mit Nadeln, schlagen mit dem Kopf gegen die Wand oder stürzen sich selbst die Treppe hinunter. Sie kämpfen damit gegen das Gefühl an, „unwirklich“ zu sein. Sie bekämpfen ihre Unfähigkeit, zu weinen und Gefühle auszudrücken. Ihre Aussagen schildern eindringlich den Impuls und die Motive für ihr Handeln. Wie der körperliche Schmerz sie scheinbar von den seelischen Schmerzen erlöst...

Gezeichnete Seelen SWR Fernsehen

STAND
Autor/in
Stephanie Hügler