„Gezeichnete Seelen“ das sind acht Kapitel, in denen acht junge Menschen von ihren seelischen Nöten oder gar psychischen Erkrankungen erzählen. Die Protokolle dieser Erlebnisschilderungen wurden von Schauspielern nachgesprochen. Das herausragende an dieser Produktion: die bewegenden Selbstaussagen werden durch sehr ausdrucksstarke Trickfilm-Animationen illustriert. Derart anonymisiert erzielen sie beim Zuschauer eine große Empathie – ohne Übertragungen zu provozieren.
Die hier thematisierten Seelennöte und Krankheitsbilder sind leider häufig auch bei Jugendlichen anzutreffen. Die Filme wollen sensibilisieren – für die eigene Identitätssuche, für die Situation eventuell betroffener Mitschüler. Dass es Auswege aus der Bedrängnis gibt, wird in einigen Episoden angedeutet. Welche Wege beschritten werden müssen, um individuelle und optimale Hilfe zu finden, können Einrichtungen wie der Schulpsychologische Dienst, die Jugendhilfe oder andere therapeutische oder psychiatrische Hilfsorganisationen aufzeigen – eine umfangreiche Auswahl hierzu finden Sie in der Linkliste. Der schulische Unterricht selbst kann und darf nicht therapieren - aber in einer allgemeinen und „entindividualisierten“ Form seelische Nöte thematisieren. Dazu sind die Episoden in hervorragender Form geeignet.
Alle Themen zum Schwerpunkt Gezeichnete Seelen
Parallelwelten
Stimmengewirr, Flüstern, manchmal freundlich, manchmal bösartig. Gestörte Wahrnehmungen, kreisende Gedanken, Größenwahn, Verfolgungswahn. Das Kapitel zeigt, was es heißt, unter Psychosen zu leiden – oder wichtiger, was es eben nicht bedeutet: Es manifestiert sich nicht in einer „gespaltenen Persönlichkeit“. Es kann in ganz „normalen“ Menschen existieren und hat nicht zwangsweise zur Folge, dass Menschen, die hieran leiden, gewalttätig werden, oder unfähig in der realen Welt zu funktionieren.
Die Sache mit der Glühbirne
Die Geschichte einer Frau, die wir „durchgeknallt“ nennen würden. Die in den höchsten Höhen der Euphorie segelt, ungeerdet und komplett enthemmt. Um dann – ohne Vorwarnung – umso tiefer abzustürzen. Ein Absturz in Verzweiflung und Sinnlosigkeit, in eine Depression, die die eben gelebte Euphorie mit einem Schlag tilgt. Sie lebt in der Welt der Manisch-depressiven. Gerade noch himmelhochjauchzend, dann zu Tode betrübt, sobald diese große Helligkeit in ihr, die Glühbirne, erloschen ist...
Wahnsinnig zwanghaft
Jedes Mal, wenn Stefan an Saddam Hussein dachte, hatte er das Gefühl, er würde dadurch den Golfkrieg weiter anheizen. Gehen, Reden, Essen und Trinken – alle seine Handlungen musste er vollendet haben, ohne dabei an Saddam Hussein zu denken. Andernfalls ist er gezwungen, die Handlung zu wiederholen, wieder und wieder und wieder....
Ein kleiner Einblick in die existenziellen Kämpfe und Nöte derjenigen, die an Zwangsneurosen leiden.
Unsichtbar werden
Brutale Albträume, Selbstmordgedanken und die Unfähigkeit, sich in der eigenen Haut wohl zu fühlen: Jenseits modischer „Size Zero“-Idole und Gruppendruck wird hier gezeigt, welch grausame Dynamik Essstörungen innewohnen kann. Nicole will nicht abnehmen, damit sie besser aussieht oder in kleinere Kleidergrößen passt. Sie fühlt sich alleine, unverstanden und von der übrigen Welt ausgeschlossen. Sie wurde extrem magersüchtig, weil sie „weniger Platz in der Welt einnehmen will“, weil sie unsichtbar werden und auf immer verschwinden will...
Immer und immer (und immer) wieder ...
Eigentlich eine einfache, alltägliche Routine: der Schulweg. Doch für Daniel wird er zur albtraumhaften Herausforderung. Zahlen regieren seine Seele, seinen Verstand – bestimmen sein Verhalten, führen zu ungewollten Handlungen. Daniels Aussagen offenbaren uns die Kämpfe eines Teenagers der an Zwangsneurosen leidet.
Ein Fremder auf dem Schulhof
Josh hat sie nie verstanden, die Spiele, die die anderen Kinder gespielt haben. Für ihn machten sie einfach keinen Sinn. Er blieb lieber alleine, wanderte entlang der Linien der Spielfelder auf dem Schulhof. Die Schulkameraden fanden ihn zunehmend „seltsam“ und fingen an, ihn zu hänseln. Jahr für Jahr wurde das schlimmer für ihn, fühlte er sich immer mehr überfordert von den vielen Regeln im Schulalltag und der Reizüberflutung. Und die Hänseleien wurden schlimmer. Zur Schule gehen: für Daniel ein Albtraum, oder mit seinen Worten „eine einzige Angst“!
Josh leidet unter dem Asperger-Syndrom, eine Form von Autismus, die ihm das Verstehen sozialer Regeln unmöglich macht.
Blutige Tränen
Andrea, Luise und Nicole teilen eine blutige Erfahrung: Sie verletzen sich selbst auf unterschiedlichste und schmerzhafteste Art und Weise. Sie verbrennen sich mit Zigaretten oder glühendem Metall, sie ritzen ihre Haut mit Nadeln, schlagen mit dem Kopf gegen die Wand oder stürzen sich selbst die Treppe hinunter. Sie kämpfen damit gegen das Gefühl an, „unwirklich“ zu sein. Sie bekämpfen ihre Unfähigkeit, zu weinen und Gefühle auszudrücken. Ihre Aussagen schildern eindringlich den Impuls und die Motive für ihr Handeln. Wie der körperliche Schmerz sie scheinbar von den seelischen Schmerzen erlöst...
Lernmaterial zum gesamten Schwerpunkt
Gezeichnete Seelen | Unterricht
Psychologie stößt in der Kursstufe / Sek.II bei den Schülerinnen und Schülern auf großes Interesse, auch altersbedingt sind sie dafür sehr motiviert: „Auf dem Weg […] , ihre eigene Identität auszubilden“, zeigen sie sich „offen für wissenschaftlich fundierte psychologische Erklärungen, weil diese ihnen helfen, eigenes und fremdes Erleben und Verhalten besser zu verstehen“. Dazu gehört auch und gerade die Beschäftigung mit psychischen Störungen, was die unterrichtliche Aufgabe zur Herausforderung macht: