Nachgestellte Szene: Tulla benutzt ein Instrument um eine gerade Linie festzulegen. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)

Johann Gottfried Tulla und die Begradigung des Rheins | Unterricht

Stand
Autor/in
Thomas Schmid


Themen
• Fluss
• Flussregulierung
• Rheinbegradigung
• Elsass
• Frankreich
• Baden
• Wasserbau
• Wasserstraße

Fächer
• Erdkunde
• Geschichte

Klassenstufen
• ab Klasse 7, alle Schularten

Gemälde eines Rheinabschnitts, in dem viele Flussinseln sind. (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Der Rhein um das Jahr 1800, vor der Begradigung durch Tulla Bild in Detailansicht öffnen
Rheinabschnitt mit befestigtem Uferdamm. (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Der Rhein nach der Begradigung, wie er heute aussieht Bild in Detailansicht öffnen
Nahaufnahme: Tulla-Darsteller mit Messinstrument auf Tisch. (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Spielszene: Tulla vermaß das Land und die Kräfte des Wassers Bild in Detailansicht öffnen

Bezug zu den Bildungsplänen

„Indem Schülerinnen und Schüler im Geschichtsunterricht die historischen Wurzeln der Gegenwart aufspüren und dabei untersuchen, wie ihre Lebenswelt entstanden ist, lernen sie, sich in der Gegenwart zu orientieren und Wertmaßstäbe für ihr künftiges Handeln zu entwickeln …“ heißt es unter anderem in den Bildungsplänen der Sekundarstufe für das Fach Geschichte. Und weiter: „Die Schülerinnen und Schüler können […] ihre nähere […] Umwelt mit zusehends geschärftem historischem Blick „lesen“ und erfahren damit gleichzeitig die Veränderlichkeit und Veränderbarkeit der Gegenwart.“

Erweitert wird dieser Ansatz mit zusätzlichen Ausführungen zur Regionalgeschichte: „Die Regionalgeschichte ermöglicht den Schülerinnen und Schülern einen anschaulichen, eng auf ihre Lebenswelt bezogenen Zugang zur Geschichte. Ihr didaktisches Potenzial liegt insbesondere im exemplarischen Prinzip.“
(aus: Bildungspläne Baden-Württemberg, Allgemeinbildende Schulen 2016)

Bei den inhaltsbezogenen Kompetenzen des Faches Geschichte für die Klassenstufen 7/8/9 findet man Verweise auf die Zeit nach der Französischen Revolution, insbesondere auf die territoriale Neugestaltung des deutschen Südwestens durch Napoleon.
Die oben genannten Aspekte, besonders das Heranziehen regionaler Beispiele als geschichtsdidaktisches Prinzip, liegen diesem Unterricht zur historischen Einordnung der Rheinbegradigung zu Grunde.

Spielszene: Männer binden im Wald Rutenbündel, in der Mitte steht Tulla. (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Bis zur Rheinbegradigung ab 1817 wurde das Ufer des Flusses mit Ruten befestigt

Einsatz im Unterricht

Aufgrund der Länge des Films von 30 Minuten ist der Unterricht auf eine Doppelstunde angelegt.

Zu Beginn zeigt die Lehrkraft zunächst die Karte des Rheins von 1828 (Infoblatt). Die Schüler*innen werden aufgefordert, das Kartenbild zu beschreiben. Zusammenfassend wird vor allem der unklare Verlauf mit den zahlreichen Flusswindungen, Inseln, mit der variierenden Breite des Rheins im Plenumsgespräch betont. Dann erfolgt die Einblendung des Rheinverlaufs von heute. Wieder soll die Klasse beschreiben, wobei natürlich die Unterschiede zur vorherigen Karte herausgearbeitet werden: klarer, nahezu geradliniger Verlauf, keine Inseln beziehungsweise Schlingen, gleichbleibende Flussbreite.

Luftaufnahme vom Rhein mit Feldern in Flussschleife. (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Nach der Begradigung blieb ein enges Flussbett und es entstand fruchtbares Ackerland

Anschließend sollen sich die Schüler*innen mit der Frage auseinandersetzen, was wohl zwischenzeitlich mit dem Fluss geschehen sein könnte. Dies findet als Partnerarbeit in einer Murmelphase statt. Bei der nachfolgenden Besprechung soll deutlich zwischen möglichen natürlichen Ereignissen und geplanten menschlichen Eingriffen unterschieden werden. Wichtig ist, dass alle Ideen der Schüler*innen zugelassen werden.

Danach erfolgt ein kurzer Vortrag, in dem die Lehrkraft die Person Johann Gottfried Tullas einführt und darauf hinweist, dass sein Projekt für die Veränderung der Landschaft am Oberrhein maßgeblich war. In einer zweiten Phase der Hypothesen-Bildung soll die Klasse erneut Vermutungen anstellen, dieses Mal mit der Leitfrage, welche Motive/Beweggründe zu diesem gewaltigen Eingriff führten. Das kann im Plenum geschehen oder wieder in Form einer vorgeschalteten Besprechung mit Partner*innen. Die Ergebnisse werden anschließend gesammelt und an der Tafel notiert.

Um letztendlich Antworten auf die Frage nach den Gründen für die Rheinbegradigung zu finden, wird der Film eingespielt. Zuvor erhalten die Schüler*innen das erste Arbeitsblatt (Arbeitsblatt 1: Gründe – Maßnahmen – Folgen) mit der Aufforderung, sich mit den entsprechenden Aufgaben vertraut zu machen, um diese während des Schauens und kurz nach dem Film lösen zu können.

Spielszene: Große Baustelle an Waldrand. (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Spielszene: Bei Knielingen beginnt der erste Bauabschnitt für die Rheinkorrektion

Nachdem der Film in ganzer Länge gezeigt wurde, benötigt die Klasse noch etwas Zeit, um die Arbeitsaufträge abzuschließen. Auch eine kurze Phase des gegenseitigen Abgleichs kann stattfinden. Danach werden die Aufgaben entweder im Plenum korrigiert und ergänzt, oder das Aushängen von Lösungsblättern ermöglicht den Schüler*innen eine eigenverantwortliche Berichtigung des Dokumentierten.
Danach erfolgt ein vergleichender Rückgriff auf die Hypothesen der Schüler*innen vom Stundenbeginn.

Um eine Vertiefung zu gewährleisten, werden der Klasse die drei folgenden Arbeitsblätter vorgestellt: Arbeitsblatt 2: Rätselhafter Tulla, Arbeitsblatt 3: Aggressiver Nachbar, Arbeitsblatt 4: Brief in die Vergangenheit. Die Schüler*innen können nun je nach individueller Interessenlage entscheiden, ob sie sich mit den Lebensdaten Tullas (Arbeitsblatt 2), mit den Eroberungszügen Napoleons (Arbeitsblatt 3) oder mit einer Beurteilung der Rheinbegradigung aus heutiger Sicht (Arbeitsblatt 4) beschäftigen wollen. Gegen Ende dieser Arbeitsphase werden Lösungsblätter für die Arbeitsblätter 2 und 3 ausgelegt. Für Arbeitsblatt 4 kann keine Musterlösung angeboten werden, da die Schüler*innen ihre eigene Meinung in Briefform notieren.

Ein zusammenführendes Abschlussgespräch in der Klasse könnte von der Frage bestimmt sein, was in der heutigen Unterrichtsstunde für die Schüler*innen besonders interessant, überraschend oder bedeutsam war.

Unterrichtsverlauf tabellarisch (90-Minuten-Unterricht)
ZeitAktionenSozialformMedien
5‘Lehrkraft: Einblenden der Rheinkarten nacheinander, Beschreibung durch die Schüler*innen, Betonung der UnterschiedePlenumEinstiegsblatt (Karten)
5‘Frage nach den Gründen für den veränderten Flusslauf, Murmelphase, danach BesprechungPartnerarbeit, PlenumTafel
5‘Kurzvortrag zu Tulla und Hinführung zur Leitfrage: Warum der Rhein bewusst begradigt wurde, erneute Hypothesenbildung mit Besprechung und TafelanschriebPlenum, ggf. PartnerarbeitArbeitsblatt 1
5‘Überleitung zum Film zwecks Überprüfung der Schüler*innen-Vermutungen, Verteilen des Arbeitsblattes, kurze Einlesezeit für die KlassePlenum, EinzelarbeitPlenum, Einzelarbeit
30‘Film-Einspielung, Bearbeitung der AufgabenPlenum, EinzelarbeitFilm, Arbeitsblatt 1
10‘Nacharbeit am Arbeitsblatt, Ergänzungen, Korrekturlesen oder Aushang der Ergebnisse und individuelle ÜberprüfungPlenum, EinzelarbeitArbeitsblatt 1, Lösungsblätter
5‘Abgleich mit den Anfangsvermutungen, Vorstellung und Auswahl der vertiefenden ArbeitsblätterPlenumArbeitsblätter 2– 4
20‘Individuelles Arbeiten und KorrigierenEinzel-, Partner-, KleingruppenarbeitArbeitsblätter 2– 4
5‘AbschlussgesprächPlenum

Methodische Erläuterungen

Der Unterricht beginnt mit einem diachronen Kartenvergleich. Dadurch soll den Schüler*innen besonders anschaulich vor Augen geführt werden, welch gewaltige Veränderung das Projekt Tullas für den Verlauf des Flusses und somit für die gesamte oberrheinische Landschaft mit sich brachte. Zudem kann dadurch zur problematisierenden Frage nach den Gründen für den Eingriff in die Natur geführt werden.
Diese sollen die Schüler*innen zunächst zu zweit hypothetisch beantworten. Dabei wird gegebenenfalls Vorwissen aktiviert beziehungsweise zu logischem Denken angeregt. Die Vermutungen werden an der Tafel visualisiert, damit später darauf zurückgegriffen werden kann.

Mithilfe des ersten Arbeitsblattes werden die fachlichen Inhalte von Tullas Großprojekt bearbeitet und dokumentiert. Die Aufgaben sind so gestaltet, dass die Schüler*innen trotz gleichzeitiger Bearbeitung dem Filmgeschehen folgen können (Ankreuzen – Lücken füllen – Wegstreichen: Das geht fix). Dennoch ist es wichtig, nicht sofort nach Filmende in die Korrekturphase einzutreten. Ein wenig Zeit für Ergänzungen und Vergleich – zum Beispiel mit der Nachbarin/dem Nachbarn – ermöglicht eine weitere fachliche Auseinandersetzung.

Der Abgleich mit den anfänglichen Hypothesen der Klasse festigt das bis hierhin Gelernte und dient der Wertschätzung der erbrachten Schülerleistung.

In der Vertiefungsphase können die Schüler*innen dann differenziert arbeiten. Variable Lernangebote fördern stets die Motivationslage, da die Interessen der Jugendlichen so besser berücksichtigt werden. Sowohl inhaltlich (siehe oben) als auch methodisch (Arbeitsblatt 2: Rätsel lösen, Arbeitsblatt 3: Chronologie von Ereignissen bestimmen, Arbeitsblatt 4: kreative Schreibaufgabe erledigen) unterscheiden sich die Arbeitsblätter.

Das gemeinsame Abschlussgespräch führt die Klasse am Ende des Unterrichts noch einmal strukturell und inhaltlich zusammen. Außerdem erhält die Lehrkraft Rückmeldung, wie der Unterricht bei den Schüler*innen ankam.

Stand
Autor/in
Thomas Schmid