Judenverfolgung im Nationalsozialismus

Auschwitz war auch meine Stadt | Unterricht

Stand
Autor/in
Anne Haage
Helene Pawlitzki
Fachberatung
Marlene Forens

Die Unterrichtsvorschläge haben zwei Schwerpunkte:

  1. Verfolgung der Juden und Vernichtungskrieg am Beispiel der vier Zeitzeugen in Auschwitz. Die Aussagen der Zeitzeugen werden in die Zeit eingeordnet und mit historischen Ereignissen verknüpft. Hier geht es vor allem um Sachkompetenzen.
  2. Die Methoden- und Urteilskompetenz wird geschult, in dem die Schüler die Aussagen der Zeitzeugen analysieren und den Quellenwert von Zeitzeugenaussagen im Vergleich zu anderen Quellen diskutieren. Abschließend beschäftigen sie sich mit den filmischen Mitteln der Dokumentation und schreiben eine Filmrezension.

Diese Aufteilung ermöglicht eine individuelle Schwerpunktsetzung je nach Jahrgangsstufe und Unterrichtszeit, die Ihnen zur Verfügung steht. Sie können einzelne Unterrichtsideen und Arbeitsblätter aus den beiden Schwerpunkten herausnehmen und individuell zusammenstellen.

1. Sachkompetenz

Preview

Bevor die Schüler den Film ansehen, beschäftigen sie sich mit der historischen Situation der Stadt Auschwitz beziehungsweise Oswiecim und der politischen Situation Polens. Die Informationen sind für das Verständnis des Films wichtig. Die Schüler bearbeiten Arbeitsblatt 1 (Auschwitz/Polen) in Partnerarbeit. Die Fragen lassen sich mit historischen Atlanten und Internetquellen beantworten.

Während der Sichtung des Films

In Gruppen betrachten die Schüler jeweils eine der vier Zeitzeuginnen und –zeugen genauer. Sie nutzen dafür die Leitfragen auf Arbeitsblatt 2 bis 5 Zeitzeugen. Die Besprechung der Ergebnisse kann in Form eines Gruppenpuzzles geschehen, um zu gewährleisten, dass sich alle Schüler aktiv beteiligen. Dazu sollten die vier Gruppen gleich groß sein.

Wenn alle Gruppen mit dem Porträt ihres Zeitzeugen fertig sind, werden die Gruppen so gemischt, dass in jeder neuen Gruppe ein Mitglied aus jeder Ursprungsgruppe vertreten ist. Die Gruppenmitglieder stellen jeweils ihre Person vor. Anschließend diskutieren sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Personen. Unten auf den Arbeitsblättern 2 bis 5 Zeitzeugen finden sie dazu Leitfragen. Die Ergebnisse werden in einem Plakat festgehalten.

Eine zeitsparende und leichtere Alternative zum Gruppenpuzzle ist es, wenn die Schüler Tagebucheinträge der Personen verfassen, Arbeitsblatt 6 Tagebuch. Sie ist besonders für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 geeignet. Der Lehrer/die Lehrerin hält den Film an, nachdem die Nationalsozialisten in Auschwitz einmarschiert sind (03:08 Min.). Die Schüler schreiben nun auf, wie Josef, Karol und Marta den Einmarsch erlebt haben und was sie erwarten beziehungsweise befürchten. Johanna Scherzberger ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Oswiecim. Sie kommt deshalb in dieser Aufgabe nicht vor.

Nachbearbeitung des Films

In der Nachbearbeitung des Films bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, je nachdem wie tief Sie in das Thema einsteigen wollen. Der Film erzählt die Lebensgeschichte der Protagonisten chronologisch. Mit Hilfe von Arbeitsblatt 7 Zeitleiste erarbeiten die Schüler eine Zeitleiste, die die individuellen Lebensläufe mit den politischen Ereignissen verknüpft. Die Schüler festigen so ihr Wissen über die Grobchronologie der historischen Geschehnisse.

Ihre Kenntnisse über den Holocaust vertiefen die Schüler mit Arbeitsblatt 8 Konzentrationslager, mit dem sie in Einzelarbeit das System der Konzentrationslager der Nationalsozialisten recherchieren.

Ihr Wissen über die verschiedenen KZs um Oswiecim herum können die Schüler nutzen, um sich die geografische Lage der Stadt und der durch die Besatzer errichteten Lager genauer anzuschauen (Arbeitsblatt 9 Karte). In der anschließenden Diskussion kann darüber gesprochen werden, was es heißt, in unmittelbarer Nähe zur "Todesfabrik" Auschwitz zu leben. Die Schüler können nun auch eher beurteilen, ob es möglich ist, in der Chemikersiedlung zu wohnen und nichts von den Lagern mitzubekommen.

Die IG Farben spielte eine zentrale Rolle für die NS-Rüstungswirtschaft. Wie stark die IG Farben vom Vernichtungskrieg der Nazis profitiert, macht die Mind-Map auf Arbeitsblatt 10 IG Farben deutlich. Wenn die Schülerinnen und Schüler die Produktpalette der IG Farben mit der NS-Rüstungswirtschaft und mit den Vernichtungslagern in Auschwitz in Beziehung setzen, wird die enge Verbindung augenfällig.

2 Methoden- und Urteilskompetenz

Oral History und Zeitzeugenaussagen

Zunächst sollten im Unterricht die grundlegenden Merkmale der Oral History als historischer Quelle geklärt werden, siehe Linkliste.
Oral History ist:

  • mündlich überlieferte persönliche Geschichte, die einen Eindruck vermittelt, wie sich historische Ereignisse auf das Leben der Menschen ausgewirkt haben bzw. wie sie Ereignisse erlebt haben,
  • erinnerte Geschichte, die lückenhaft sein muss, weil manches vergessen und anderes verdrängt wird. Erinnerungen werden durch gegenwärtige Erfahrungen und Einstellungen verändert.
  • deshalb subjektiv und selektiv.

Ein Bild ergibt sich, wenn man Zeitzeugen mit unterschiedlichen Blickwinkeln befragt und die Aussagen miteinander vergleicht und Widersprüche aufdeckt. Das lässt sich an diesem Film sehr gut zeigen. Im Unterrichtsgespräch wird zunächst diskutiert, warum diese vier Personen ausgewählt wurden.

Die Kamera mag einen zusätzlichen Druck auf die Protagonisten ausüben, sich und die eigene Vergangenheit in einem positiven Licht darzustellen. Die Gespräche werden in der Regel bereits nach einem gewissen Drehbuch geführt und beim Schnitt wird nur der Teil der Aussagen ausgewählt.

Die Zeitgebundenheit der Zeitzeugenaussagen kann in einer Simulationsaufgabe verdeutlicht werden. Wie hätten die Personen direkt nach Kriegsende über ihre Erlebnisse berichtet? Auf Arbeitsblatt 11 Simulation werden für jede Person Interviewsituationen vorgeschlagen. In Gruppen werden die Interviews vorbereitet und dann in einem kurzen Rollenspiel vor der Klasse gezeigt und diskutiert.

Die Subjektivität und Selektivität der Aussagen der Protagonisten analysieren die Schüler mit Arbeitsblatt 12 Oral History. Sie untersuchen zunächst, worüber die Protagonisten berichten (Ereignisse, Gedanken, Eindrücke, Gefühle oder Atmosphäre) und wo sie etwas aus heutiger Sicht bewerten. Die Schüler können sich dazu den Film ansehen und/oder das Filmmanuskript (Arbeitsblatt 13 Skript) lesen.

Auf Arbeitsblatt 11 sind auch Aussagen abgedruckt, wie die Protagonisten die Existenz des Vernichtungslagers wahrnehmen beziehngsweise verdrängen. An diesem Beispiel lässt sich die Subjektivität und Selektivität gut herausarbeiten. Im Filmskript können die Schüler anschließend nach weiteren Passagen suchen, in denen sich Widersprüche zeigen.

Im Unterrichtsgespräch wird abschließend diskutiert, welche Nutzen Zeitzeugenaussagen gegenüber anderen historischen Quellen haben. Was ist ihre spezifische Stärke?

Filmanalyse

Schließlich analysieren die Schüler die Rolle der Zeitzeugenaussagen im Film und den Einsatz der verschiedenen filmischen Mittel. Dabei ist neben dem Film das Interview mit der Filmemacherin Konstanze Burkard eine wichtige Informationsquelle.
Zunächst untersuchen die Schüler den Einsatz der verschiedenen filmischen Mittel:

  • Wieviel Raum nehmen die jeweiligen Zeitzeugenaussagen in der Gesamtkomposition des Films ein?
  • Werden Aussagen von Johanna Scherzberger mit anderen Szenen kontrastiert, korrigiert oder kommentiert?
  • Welches andere Filmmaterial wird verwendet? Aufnahmen von Originalschauplätzen heute, Dokumente, historische Fotografien, Tagebücher

Zum Abschluss schreiben die Schülerinnen und Schüler eine eigene Rezension des Films. Tipps zum Schreiben einer Filmrezension geben wir auf Arbeitsblatt 14 Rezension.

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