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total phänomenal · Erde und Klima

Vulkane | Hintergrund

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Autor/in
Tobias Aufmkolk

Beobachtung von Vulkanen

Ein unberechenbarer Riese

Nächtlicher Blick von seitlich oben auf den Vulkan Ätna, der gerade Feuer speit. Im Hintergrund die Lichter der Großstadt Catania. (Foto: AKG)
Catania ist stets vom Ätna bedroht; AKG

Der 26. Oktober 2002 war ein guter Tag für Vulkanologen. Die Bewohner der sizilianischen Stadt Catania fürchteten dagegen um ihr Hab und Gut. Der Ätna, Europas höchster aktiver Vulkan, war erneut ausgebrochen, bereits zum zweiten Mal in dem noch jungen Jahrhundert. Gute drei Monate dauerten die Eruptionen an, bis der Ätna am 28. Januar 2003 wieder still wurde. Kurz vor der Stadtgrenze von Catania machte die zähflüssige Lava des Vulkans halt. Zerstört wurden lediglich einige Hotels und das Freizeitzentrum Piano Provenzana am Nordosthang des Berges. Menschen kamen nicht zu Schaden.

Im Vordergrund ein weiß blühender Obstbaum. Im Hintergrund grüne, hügelige Landschaft und der schneebedeckte Ätna. (Foto: Mauritius)
Der Ätna ist einer der aktivsten Vulkane der Welt; Mauritius

Was für die Bevölkerung ein Horrorszenario ist, ist für Vulkanforscher ein wahrer Glücksfall. Über drei Monate lang konnten sie Messungen anstellen, die Lava beobachten und Daten sammeln. Obwohl der Ätna einer der am besten überwachten Vulkane der Welt ist, gibt er den Wissenschaftlern nach wie vor viele Rätsel auf. Ein Netz von mehr als 50 seismischen Stationen umgibt den Berg, darunter einige Breitband-Seismometer, vier automatische Kameras, eine Thermokamera, die Wärmestrahlung registriert und austretende Gase entdeckt sowie mehrere Messstationen zur Überwachung der Gaszusammensetzung. Alle Daten werden an das Vulkanologische Kontrollzentrum in Catania übermittelt, das rund um die Uhr mit Experten besetzt ist. Doch der Ätna macht nie das, was die Forscher von ihm erwarten. Trotz all dieser Überwachungsmaßnahmen hat niemand den Ausbruch von 2002 vorhergesagt.

Vulkanologische Observatorien

Ein Forscher beobachtet in einem Observatorium Kurven, die ein Seismograph zeichnet. Durch ein Fenster ist ein rauchender Vulkan zu sehen. (Foto: dpa)
Observatorien stehen meist nah an Vulkanen; dpa

Jeder Vulkan hat seinen eigenen Charakter. Doch nicht jeder feuerspuckende Berg ist so unberechenbar wie der Ätna. Manche sind viel leichter zu durchschauen. Die Hauptaufgabe von Vulkanologen besteht darin, einen Vulkan möglichst lückenlos zu überwachen. Dies geschieht im besten Fall direkt vor Ort, in sogenannten vulkanologischen Observatorien. Hier laufen alle Daten, die aus den Messinstrumenten am und um den Berg herum gesammelt werden, zusammen. Das erste Observatorium dieser Art wurde 1841 am Vesuv eingerichtet. Heute gibt es bereits mehr als 70 dieser Überwachungsstationen weltweit. Viele der Stationen sind jedoch erst in jüngerer Zeit nach einem kurz zuvor erfolgten Ausbruch eingerichtet worden.

Seismograph, der gerade ein Erdbeben auf eine Papierrolle skizziert. (Foto: ddp)
Eine permanente Überwachung ist unerlässlich; ddp

Wenn Wissenschaftler einen Vulkan zum ersten Mal untersuchen, müssen sie sich zunächst mit seiner Vorgeschichte auseinandersetzen. Wann ist der Vulkan zum letzten Mal ausgebrochen? Bricht er in regelmäßigen Abständen aus? Wie heftig sind seine Eruptionen? Zur Abschätzung einer langfristigen Wahrscheinlichkeit von Ausbrüchen ist eine umfangreiche Bestandsaufnahme absolut notwendig. Nach der Rekonstruktion vergangener Eruptionen können Modelle und theoretische Simulationen entwickelt werden, wie ein Ausbruch in Zukunft aussehen wird. Zur konkreten Überwachung und zur möglichen Vorhersage von Vulkanausbrüchen müssen jedoch zahlreiche verschiedenen Instrumente installiert werden, die selbst minimale geophysikalische und geochemische Veränderungen registrieren können.

Beben und Bodendeformationen

Ein Forscher kontrolliert einen Seismographen an der Flanke eines Vulkans. (Foto: Mauritius)
Seismographen werden direkt am Berg aufgestellt; Mauritius

In 95 Prozent der Fälle geht einem Vulkanausbruch ein Erdbeben voraus. Das wichtigste Messinstrument zur Vorhersage einer Eruption ist demnach der Seismograph oder Seismometer. Dieses Gerät ist in der Lage, selbst kleinste senkrechte und waagerechte Erschütterungen des Bodens zu registrieren. An einem aktiven Vulkan ist in der Regel ein ganzes Netzwerk dieser Instrumente aufgebaut. Vulkanologen können mit ihrer Hilfe den Erdbebenherd und dessen Wanderung zur Erdoberfläche ermitteln. Daraus lässt sich wiederum ableiten, ob, wann und wie heftig ein Vulkan ausbrechen wird. Doch nicht jedem Erdbeben folgt automatisch auch ein Vulkanausbruch.

In der rechten Bildhälfte ein Satellit im All, in der linken Bildhälfte die Erde mit den Umrissen Afrikas aus dem All. (Foto: dpa)
Auch aus dem Weltall werden Vulkane überwacht. dpa

Neben Erderschütterungen gehen einem Vulkanausbruch auch häufig sogenannte Bodendeformationen am Berg voraus. Diese Deformationen weisen auf gestiegene Magmatätigkeit im Inneren des Vulkans hin. Druck wird aufgebaut und der Berg beult sich aus. In den seltensten Fällen sind diese Verformungen jedoch sichtbar. Aus diesem Grund werden Vulkane mit einigen Instrumenten überwacht, die selbst minimale Deformationen messen können. Ein Neigungsmesser, auch Inklinometer oder Klinometer genannt, misst Veränderungen der Neigungswinkel am Hang. Jeder Vulkan ist mit kleinen und größeren Spalten übersät. Wenn ein Berg dabei ist, sich aufzubeulen, dann verändert sich häufig auch die Größe der Spalten. Das mögliche Zusammen- oder Auseinanderziehen dieser Spalten wird mit einem Extensometer oder einem Fissurometer gemessen. Weitere Möglichkeiten, um Bodendeformationen festzustellen, sind die GPS-gestützte Satellitenüberwachung und automatische Distanzmessgeräte. Beide Methoden können millimetergenau Veränderungen der Erdbewegung erfassen.

Schwerkraft, Magnetismus, Akustik und Geochemie

Im Vordergrund ein Forscher mit Brandschutzanzug, im Hintergrund rauchende Schlote eines Vulkans. (Foto: dpa)
Ein Gravimeter misst Veränderungen der Schwerkraft; dpa

Überwachungen von Erschütterungen oder Verformungen bilden den Großteil der wissenschaftlichen Arbeit von Vulkanologen. Doch es gibt noch weitaus mehr Anzeichen für einen bevorstehenden Ausbruch. Magmaverlagerungen im Vulkaninneren können auch zur Veränderung der Schwerkraft führen. Diese Veränderungen lassen sich mit einem Gravimeter messen. Bei kontinuierlichen Messungen können so Wanderungsbewegungen des Magmas festgestellt werden. Ein Überdruck tief im Innern des Berges kann zudem auch zu Veränderungen im magnetischen Spannungsfeld führen. Ein Magnetometer kann diese Veränderungen aufspüren und an ein Observatorium weiterleiten. Dieses Verfahren ist jedoch sehr kostspielig und aufwendig. Aus diesem Grund sind nur wenige Vulkane der Welt mit einem magnetischen Überwachungsnetz ausgestattet.

Im Vordergrund ein Forscher mit Brandschutzanzug, im Hintergrund rauchende Schlote eines Vulkans. (Foto: dpa)
Vulkanologe – ein "heißer" Job; dpa

Weitere komplizierte Verfahren sind hydroakustische und geochemische Überwachungsnetze. Bei der akustischen Überwachung platzieren Wissenschaftler ein hoch empfindliches Hydrofon in einem Kratersee oder einer Spalte. Dieses Instrument kann Töne von ganz niedrigen Frequenzbereichen bis hin zu Ultraschallfrequenzen empfangen und minimale Veränderungen feststellen.

Vor einer Vulkaneruption treten lange vor dem Magma Gase aus Rissen, Löchern und Spalten an der Erdoberfläche aus. Sie sind der beste Indikator dafür, dass der Vulkan in naher Zukunft ausbrechen wird. Eine Veränderung in der Zusammensetzung oder der Temperatur der Gase lässt sich jedoch nur schwer feststellen. In diesem Fall ist man immer noch auf regelmäßige Probeentnahmen angewiesen.

Verhinderung von Katastrophen?

Im Vordergrund die italienische Großstadt Neapel, die im Hintergrund vom Vulkan Vesuv überragt wird. (Foto: Mauritius)
Wann bricht der Vesuv das nächste Mal aus? Mauritius

Man könnte meinen, dass bei all den Methoden, die der modernen Wissenschaft zur Verfügung stehen, Vulkanausbrüche vorhergesagt und nachfolgende Katastrophen damit verhindert werden können. Dies ist jedoch nur zum Teil der Fall. Viele Vulkane sind nach wie vor unberechenbar oder immer noch zu wenig erforscht. Von anderen kennt man die Eigenschaften jedoch sehr genau, da sie schon seit langer Zeit intensiv beobachtet werden. Der Vesuv am Rande der Großstadt Neapel ist einer der am besten dokumentierten und dazu noch zuverlässigsten "Ausbrecher". Dennoch streiten die Wissenschaftler herzhaft über den Zeitpunkt eines erneuten verheerenden Ausbruchs wie im Jahr 79 nach Christus. Damals begrub der Vesuv die antiken Städte Pompeji und Herculaneum unter sich. Ein Forscherteam aus Italien und den USA hat berechnet, dass der Vulkan etwa alle 2000 Jahre mit verheerenden Folgen ausbrechen wird. Demnach wäre dies bald wieder der Fall. Die Chancen stehen nach Ansicht des Forscherteams angeblich sehr gut. Politiker und Vulkanologen aus Neapel werfen dem Team dagegen "verantwortungslose Panikmache" und "Wissenschaftsterrorismus" vor.

Blick auf den Vulkankegel des Merapi. Der Schlot raucht, an seiner Flanke fließt glühende Lava herab. (Foto: dpa)
Tausende Menschen leben an den Hängen des Merapi. dpa

Ob Vulkankatastrophen in Zukunft verhindert werden können, hängt jedoch nicht nur von den Wissenschaftlern ab, sondern auch von einem funktionierenden Katastrophenmanagement und der ortsansässigen Bevölkerung. Beim prognostizierten Ausbruch des Nevado del Ruiz in Kolumbien 1985 funktionierte die Abstimmung zwischen Wissenschaftlern und Behörden überhaupt nicht. Ein lange geforderter Notfallplan existierte nicht, 25.000 Menschen fanden den Tod.

Anders im Jahr 2006 beim Ausbruch des Merapi, einem der gefährlichsten Vulkane der Welt auf der indonesischen Insel Java. Beim ersten Grollen des Berges zogen viele der dort ansässigen Bauern auf Anordnung der Regierung in eingerichtete Notcamps. Nur wenige Opfer waren zu beklagen. Doch einige waren unbeirrbar: Sie wollten sich lieber in die Obhut eines Schamanen begeben, des sogenannten "Hüter des Merapi". Der mystische Glaube ist nicht nur in Indonesien vielfach stärker als das Vertrauen in die Wissenschaft. Nach wie vor haben Wissenschaftler sowohl bei der Erkennung von Ausbrüchen, als auch bei der Verhinderung nachfolgender Katastrophen mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen.

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Ganz schön windig

Er kann Verwüstungen unvorstellbaren Ausmaßes anrichten, aber auch mit sanfter Kraft Segelschiffe oder Mühlen antreiben – der Wind. Seine Ursache lag lange Zeit im Verborgenen. Erst mit der modernen Meteorologie kamen Forscher seiner Entstehung auf die Schliche. Der Wind ist nicht nur eine lokale Erscheinung, sondern auch eine treibende Kraft für das Wetter und das Klima auf der Erde. Als Ausgleich von Druckunterschieden kann Wind in den unterschiedlichsten Formen entstehen, von der leichten Brise bis hin zum tropischen Wirbelsturm mit verheerender Zerstörungskraft. Die Sendung erläutert die grundlegenden Mechanismen der Wind- und Sturmentstehung sowie den Einfluss auf das globale Wettergeschehen.

total phänomenal SWR Fernsehen

Gletscher

Eine Reise um die Welt zeigt die faszinierende Welt der „kalten Schönheiten“ aus Schnee und Eis. 3-D-Animationen und Zeitraffer erklären die Entstehung der Gletscher, machen deutlich, dass sie ständig in Bewegung sind und die Landschaft formen. Doch die einst mächtigen Eisriesen schwinden zusehends, nicht nur an den Polen, sondern auch in den Alpen. Gletscher gelten als sensible Gradmesser des Klimawandels. An diesen „Fieberthermometern“ der Erde versuchen Forscher abzulesen, wie sich der rasche globale Temperaturanstieg künftig auswirken wird.

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Treibhaus Erde

Ohne Treibhauseffekt wäre die Erde ein lebensfeindlicher, eiskalter Planet mit frostigen minus 18 Grad Celsius. Für die derzeitige Durchschnittstemperatur von angenehmen 15 Grad sorgen Gase, die nur in winzigen Spuren vorkommen. Doch seit der Industrialisierung erhöht der Mensch die Konzentration dieser Treibhausgase. Das heizt der Erde so richtig ein, und statt behaglich wird es langsam ungemütlich. „total phänomenal“ zeigt, wie der Treibhauseffekt funktioniert und wie empfindlich die Umwelt reagiert, wenn wir den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß ungebremst fortsetzen. Bereits jetzt nehmen Stürme und Hochwasser zu, Dürregebiete breiten sich aus, und Wissenschaftler befürchten, dass der Golfstrom ins Stocken geraten könnte.

Planet Schule: Total phänomenal - Treibhaus Erde WDR Fernsehen

Vulkane

Erst wenn ein Vulkan Feuer speit, wird uns bewusst, welch ungeheure Energie im Inneren der Erde steckt. Trotz aller Gefahren faszinieren Vulkane die Menschen seit Urzeiten, ziehen sie magisch an. Manche Völker betrachten die Feuerberge als Sitz der Götter; für andere sind sie touristische Ausflugsziele. An vielen Orten werden die äußerst fruchtbaren Vulkanböden für die Landwirtschaft genutzt. Rohstoffe wie Basalt, Bims, Schwefel und Erze werden abgebaut.
Um die Menschen rechtzeitig warnen zu können, suchen Forscher rund um den Globus nach Anzeichen für einen Vulkanausbruch. Inzwischen messen sie sogar von Satelliten aus kleinste Hebungen und Senkungen des Bodens. Sie lüften immer neue Geheimnisse über die Vorgänge tief im Inneren der Erde. Dennoch lassen sich bis heute keine absolut verlässlichen Voraussagen treffen; für diejenigen, die am Rande eines Vulkans leben, besteht immer ein Restrisiko.

Planet Schule: Total phänomenal - Vulkane WDR Fernsehen

Glaciers

Eine Reise um die Welt zeigt die faszinierende Welt der kalten Schönheiten aus Schnee und Eis. 3-D-Animationen und Zeitraffer erklären die Entstehung der Gletscher, machen deutlich, dass sie ständig in Bewegung sind und die Landschaft formen. Doch die einst mächtigen Eisriesen schwinden zusehends, nicht nur an den Polen, sondern auch in den Alpen. Gletscher gelten als sensible Gradmesser des Klimawandels. An diesen „Fieberthermometern“ der Erde versuchen Forscher abzulesen, wie sich der rasche globale Temperaturanstieg künftig auswirken wird.

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Pretty Windy

Er kann Verwüstungen unvorstellbaren Ausmaßes anrichten, aber auch mit sanfter Kraft Segelschiffe oder Mühlen antreiben. Seine Ursache lag lange Zeit im Verborgenen. Erst mit der modernen Meteorologie kamen Forscher seiner Entstehung auf die Schliche. Der Wind, er ist nicht nur eine lokale Erscheinung, sondern auch eine treibende Kraft für das Wetter und das Klima auf der Erde. Als Ausgleich von Druckunterschieden kann Wind in den unterschiedlichsten Formen entstehen, von der leichten Brise bis hin zu tropischen Wirbelstürmen mit verheerender Zerstörungskraft. Die Sendung erläutert die grundlegenden Mechanismen der Wind- und Sturmentstehung sowie den Einfluss auf das globale Wettergeschehen.

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Tobias Aufmkolk