Symbole des Nordirland-Konflikts: Bild von Kriegern an einer Hauswand in Ost-Belfast wirbt für die protestantische Ulster Volunteer Force (UFV) (Foto: IMAGO, IMAGO / ecomedia/robert fishman)

Internationale Krisen

Nordirland | Unterricht

Stand
Autor/in
Christina Lüdeke
Markus Streb

Allgemeine Unterrichtshinweise:

Das Vorwissen zum Nordirland-Konflikt ist bei den Schülerinnen und Schülern in der Regel umfangreich, da er auch im Englischunterricht thematisiert wird. Wenn der Film für den Unterricht in gesellschafts- und gemeinschaftskundlichen Fächern oder in Geschichte eingesetzt wird, ist daher die Absprache mit dem Fachlehrer oder der Fachlehrerin im Vorfeld sinnvoll.

Bei dem Film steht besonders die Frage nach Konfliktlösungsstrategien im Mittelpunkt. Außerdem gelingt es den Autoren, die Nachwirkungen des Konflikts exemplarisch aufzuzeigen und so einen Aktualitätsbezug herzustellen. Dieser dürfte bei den Schülerinnen und Schülern weniger präsent sein, da der Konflikt in der medialen Berichterstattung kaum noch eine Rolle spielt.

Das Material besteht aus fünf Arbeitsblättern. Die komplexen Zusammenhänge werden im Film sehr komprimiert dargeboten. Für die Erarbeitung kann es hilfreich sein, wenn die Schüler den Film nicht nur einmal gemeinsam anschauen. Wenn sie darüber hinaus die Möglichkeit haben, den Film am PC, auf Tablets oder auf eigenen Smartphones im individuellen Tempo noch einmal sehen zu können, erleichtert das gerade schwächeren Schülern die Bearbeitung der Aufgaben.

Peace Lines (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
„Peace Lines“, sogenannte Friedensmauern, zwischen protestantischen und katholischen Vierteln Bild in Detailansicht öffnen
Bloody Sunday (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
1972 kommt es in Derry zum „Bloody Sunday“: Bei einer Demonstration der katholischen Bürgerrechtsbewegung üben britische Fallschirmtruppen massive Gewalt aus Bild in Detailansicht öffnen
Marsch von Protestanten (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
Belfast: Marsch von Protestanten durch ein katholisches Viertel: Sie feiern den Sieg ihrer Vorfahren über die Katholiken Bild in Detailansicht öffnen

Lernziele:

Die Schülerinnen und Schüler erkennen exemplarisch, dass Krisen auch im vermeintlich stabilen und sicheren Westeuropa stattfinden. Sie lernen verschiedene Konfliktlösungsstrategien der Briten kennen und erweitern ihre Urteilskompetenz durch die Bewertung dieser Strategien. Außerdem erweitern die Schülerinnen und Schüler ihre Medienkompetenz: Sie analysieren die besonderen Herausforderungen bei der Bildauswahl, vor die die Macher von historischen Dokumentarfilmen gestellt sind, und betrachten die eingesetzten filmischen Mittel und deren Wirkung. Beispielsweise sind im Film Aussagen von katholischen und protestantischen Passanten unmittelbar gegeneinander geschnitten. Das lässt die Schüler die Schuldzuweisungen der Befragten besonders reflektieren. Die Auseinandersetzung mit diesen Aussagen soll sie dafür sensibilisieren, auch in ihrer eigenen Lebenswelt politische Äußerungen mit einseitigen Schuldzuweisungen zu erkennen und kritisch zu hinterfragen.

Unterrichtsablauf:

Zu Beginn schauen die Schülerinnen und Schüler einen Filmausschnitt zum Bürgerkrieg in Nordirland, um ihr Vorwissen zu aktivieren und das Interesse zu wecken. Danach betrachten sie gemeinsam den gesamten Film und verstehen so, dass die Ursachen für den Konflikt bereits viele hundert Jahre zurück liegen. Sie analysieren, auf welche Weise der Film die wichtigen historischen Abläufe darstellt, zu denen es kein bewegtes Bildmaterial gibt. Aufbauend auf das Verständnis der historischen Abläufe untersuchen und bewerten sie das Verhalten Großbritanniens im Verlauf des Konflikts. Danach befassen sich die Schülerinnen und Schüler mit gegeneinander geschnittenen Interviews, in denen Iren und Nordiren ihre Meinung über die jeweils andere Gruppe äußern. Sie erkennen, wie einseitig die Schuldzuweisungen darin sind, und suchen im Internet ähnlich geartete Aussagen aus aktuellen Konflikten. Zum Abschluss verfassen sie einen Krisensteckbrief.

PhaseInhaltSozialformMedien
EinstiegAktivierung von VorwissenPlenumPC / Beamer
ErarbeitungInternetrecherchePartnerarbeit / PlenumArbeitsblatt 1 / Internet
Filmbeobachtung / QuellenanalyseGruppenarbeit / PlenumArbeitsblatt 2 / PC / Beamer
Zeitstrahl zur Rolle GroßbritanniensGruppenarbeit / PlenumArbeitsblatt 3 / PC / Beamer
InterviewanalyseEinzelarbeitArbeitsblatt 4 /PC / Beamer
Aktualitäts- und LebensweltbezugEinzelarbeit / PlenumArbeitsblatt 4 / Internet
AbschlussErstellen des KrisensteckbriefesEinzel- oder PartnerarbeitArbeitsblatt 5

Arbeitsblätter:

Zu Beginn der Unterrichtseinheit soll das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler aktiviert werden. Die Lehrkraft zeigt eine Impulssequenz über die Eskalation des irischen Bürgerkriegs in den 1960er Jahren ohne Ton (Timecode 06:38-07:31). Wichtig ist es an dieser Stelle, dass der Klasse noch nicht klar ist, dass in dem Film der Nordirland-Konflikt thematisiert wird. Die Schülerinnen und Schüler werden vermutlich denken, dass es sich um eine Krise außerhalb des vermeintlich sicheren Nord- beziehungsweise Westeuropa handelt. Es bietet sich an, die Szene vorher entsprechend zu schneiden, damit die Kapitelüberschrift des Films nicht versehentlich eingangs zu sehen ist. Die Diskussion im Anschluss an den Film lässt sich beispielsweise mit folgenden Fragen anregen: „Wo und wann denkt ihr haben sich diese Szenen ereignet?“ und „An welchen Konflikt oder Krieg habt ihr dabei gedacht?“, „Welche Gefühle lösen die Bilder in euch aus?“, „Was sind eure spontanen Reaktionen zu dem, was ihr gesehen habt?“.

Die Lehrkraft löst auf, dass es sich um Nordirland handelt, liefert aber zu diesem Zeitpunkt noch keine weiteren Informationen zu dem Konflikt. Stattdessen verweist sie kurz auf den Englischunterricht und das dort gesammelte Vorwissen. Danach bearbeiten die Schülerinnen und Schüler Arbeitsblatt 1. Sie tragen in Partnerarbeit ein, was sie bereits über den Konflikt wissen. Zusätzlich erhalten sie eine Karte Irlands und sollen eintragen, wo sich ihrer Vermutung nach der Konflikt am deutlichsten äußert.

Dann zeigt die Lehrkraft den Impuls-Ausschnitt noch einmal in etwas längerer Form (Timecode 6:38 – 8:16 Min.). Die Schüler erhalten die Möglichkeit, ihre Vermutungen zu überprüfen und auf dem Arbeitsblatt neu Gelerntes zu ergänzen. Anschließend recherchieren sie zusätzliche Informationen zum „Bloody Sunday“. Um einen lebensweltlichen Bezug herzustellen, suchen sie besonders nach Liedern und Filmen, die das Ereignis thematisieren.

Die nächste Aufgabe lässt die Schüler den historischen Ursprung des Konflikts zu erfassen. Sie zielt außerdem darauf ab, die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu steigern. Sie schauen sich gezielt die Szenen des Films an, in denen Ereignisse erläutert werden, zu denen es kein bewegtes Bildmaterial gibt. In Gruppenarbeit fertigen sie Screenshots der Orte und Gegenstände an, mit denen der Text des Films illustriert wird. Sie erstellen eigene Präsentationen, in denen sie beurteilen, inwieweit Text und Bild zusammenpassen.

Im dritten Teil der Unterrichtseinheit geht es um die Rolle Großbritanniens im Konflikt. Es lassen sich anhand des Films fünf Phasen ausmachen, die die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe eines Zeitstrahls untersuchen sollen. Sie arbeiten hierfür in Gruppen. Je nach Vorwissen und Stärke der Klasse, können die Ereignisse gemeinsam besprochen oder sogar vorgegeben werden. Der Zeitstrahl sollte anschließend ausführlich besprochen werden. Die Schülerinnen und Schüler sollten ermutigt werden das Verhalten Großbritanniens zu beurteilen. Den Abschluss des Arbeitsblattes bildet eine Einschätzung darüber, welche Rolle Religion heute noch im Nordirland-Konflikt spielt.

Das vierte Arbeitsblatt stellt den Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler her. Sie betrachten zunächst die gegeneinander geschnittenen Interviews aus dem Film. In diesen Interviews von Kindern und Erwachsenen auf irischer und auf nordirischer Seite gibt es einseitige Schuldzuweisungen. Diese Aussagen und ihre filmische Inszenierung werden analysiert. Hier sollen die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass die Schuld immer bei der anderen Konfliktpartei gesucht und diese dadurch abgelehnt wird. Anschließend sollen sie Beispiele aus ihrer eigenen Lebenswelt suchen und vorstellen. Die Bearbeitung eignet sich als Hausaufgabe. Auch in Deutschland gibt es zahlreiche einseitige Schuldzuweisungen, die mit stereotypen Vorstellungen gekoppelt sind. Die Diskussion darüber sollte immer wieder unter Rückbezug auf die Interviewausschnitte des Films geführt werden, um Ähnlichkeiten und Unterschiede festzustellen.

Zur Sicherung der erarbeiteten Inhalte füllen die Schülerinnen und Schüler abschließend einen Krisensteckbrief aus. Ihre Aufgabe ist es, die zentralen Akteure, ihre Ziele sowie die Ursachen und den bisherigen Verlauf des Konflikts überblicksartig darzustellen. Sie greifen dabei auf die Ergebnisse der Arbeitsblätter 2 und 5 zurück. Neben einer stichwortartigen Liste beantworten sie auch offene Fragen zum Nordirland Konflikt, mit denen das Gesamtverständnis und eine eigene Einschätzung eingefordert werden. Gerade diese offenen Fragen sollten anschließend im Plenum aufgegriffen werden. Unterschiedliche Antwortmöglichkeiten bieten hier Anlass zu kontroversen Diskussionen.

Ein ähnlich aufgebautes Arbeitsblatt findet sich bei allen Filmen der Reihe. Wenn mehrere Konflikte im Unterricht besprochen werden, lassen sich hierüber strukturierte Vergleiche anstellen.


Materialien: PC, Beamer, Lautsprecher.

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Christina Lüdeke
Markus Streb