Collage Bannerbild (Quelle: SWR – Screenshot aus der Sendung) (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)

Der Schwarzwald

Die Waldarbeiter und Flößer | Hintergrund

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Autor/in
Imogen Nabel

Holzwirtschaft

Vor etwas mehr als tausend Jahren war der Schwarzwald ein scheinbar undurchdringlicher Urwald - ein Mischwald: Buchen, Ahorn und Eichen standen gemeinsam mit Tannen, Kiefern und zunehmend Fichten von den Tälern bis zu den höchsten Erhebungen. Um den Schwarzwald als Siedlungsraum zu erschließen, gab es zunächst nur eine Devise: Der Wald muss weg.

Holzwirtschaft

Holzfäller schlagen einen Baum (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Im Mittelalter war das Fällen von Bäumen Schwerstarbeit (szenische Rekonstruktion). Bild in Detailansicht öffnen
Mittelalter: Holzfäller entrinden einen Baum (szenische Rekonstruktion). Bild in Detailansicht öffnen

Im Mittelalter wird in den Ebenen der Siedlungsraum knapp. Das Klima hat sich verbessert und, da sich mit dem Einsatz des Pfluges auch die Anbautechniken verbessern, werden auch höher gelegene Flächen für die Ansiedlung von Bauern interessant.

Holz ist zu dieser Zeit der wichtigste Rohstoff. Aus ihm wird Energie gewonnen und er ist Baumaterial. Aus Holz werden Geräte, Geschirr, Vorratsbehälter, Maschinen, Schiffe und vieles mehr hergestellt. Und Holz hat der Schwarzwald reichlich zu bieten. Ein Teil des Holzes wird vor Ort verbraucht: in den Bergwerken und Erzschmelzen, zur Gewinnung von Holzkohle; bei der Glasherstellung, zum Bau der mächtigen Schwarzwaldhöfe. Viel Holz aber geht über Bäche und Flüsse in die näher gelegenen Städte und Dörfer der Ebenen und weiter bis an die Küsten nach Rotterdam und Amsterdam. Es gibt kaum eine bessere Methode für den Holztransport als die Nutzung der im Schwarzwald reichlich vorhandenen Wasserwege. Bäche und Flüsse werden gestaut, Brenn- und Bauholz in die entstandenen Seen geworfen und dort entweder zu Flößen gebunden oder – so geschieht es vor allem mit Brennholz – einfach bachabwärts geschwemmt.

Die riesigen Holländertannen aus dem Schwarzwald werden zu Flößen zusammengebunden und gelangen über den Rhein bis nach Holland. Dort sind sie als Baumaterial für Schiffe und auch für den Städtebau sehr begehrt: Amsterdam steht auf Tausenden von Schwarzwaldtannen im sumpfigen Grund. Für die Flößer auf dem Rhein haben die Tannen noch einen weiteren Nutzen: Tannenholz ist leichter als Eichenholz und schwimmt besser. Kombinierte Flöße sind besser zu steuern.

Mehrere Flößer auf bewegtem Fluss (Foto: Tilmann Büttner)
Auf Flüssen und Bächen wurde das Holz bis nach Holland verschifft (szenische Rekonstruktion). Bild in Detailansicht öffnen
Wofür früher mehrere Männer viele Stunden brauchten, das erledigt heute ein sogenannter Vollernter in wenigen Minuten. Bild in Detailansicht öffnen

Nahezu waldlos – der Schwarzwald Anfang des 19. Jahrhunderts

Schon im ausgehenden 17. Jahrhundert beklagen manche Orte, dass für die Glasbläser oder die Holzwirtschaft der Rohstoff knapp wird. Altensteig protestiert 1748 bei der Stuttgarter Regierung, der Holzhandel habe die Waldungen »zu bloßen Einödien gemacht, aus denen unsere Kinder und Kindeskinder kein Scheit Holz mehr ziehen können.« Ende des 18. Jahrhunderts hat die extensive Nutzung des Waldes die Waldflächen im Schwarzwald stellenweise bis auf 10 % zurückgehen lassen. Das Ende der Leibeigenschaft begünstigt diese Entwicklung: Viele Bauern machen den Wald, der nun ihnen gehört, zu Geld und wandern in günstiger gelegene Gegenden aus. Die Folgen sind verheerend: An den kahlen Hängen wird der Humus weg geschwemmt und in den Tälern steigt die Hochwassergefahr.

Um diese Zeit entdeckt die Romantik den deutschen Wald. Die ersten Touristen brechen in die idyllisch gepriesenen Landschaften auf. In Preußen prägt ein Forstrat den Begriff der „Nachhaltigkeit“. Er erklärt, „wild wachsende Bäume und Sträucher seien ebenso zu pflegen wie Blumen und Nutzpflanzen in den Gärten“. Die Wiederaufforstung wird schnell zur Staatsangelegenheit. Nicht nur das Fehlen des wichtigen Rohstoffs gibt dabei den Ausschlag – den adligen Grundbesitzern fehlen auch die Wälder, um einer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, dem Jagen.

Die Regierung greift mit drastischen Aufforstungsprogrammen ein: Brach liegende Flächen werden aufgeforstet, Bauern, die sich weigern, Flächen für die Aufforstung zur Verfügung zu stellen, werden enteignet. Die mühsam erworbenen Rechte der Bauern, ihr Vieh in den Wäldern zu weiden, um die satten Wiesen für das Winterfutter zu schonen, Brennholz zu sammeln oder die Streu für die Ställe aus dem Wald zu holen, werden eingeschränkt; das zwingt viele arme Bauern zum Aufgeben. Höfe, die keine Erben haben, werden abgerissen und an ihrer Stelle wird Wald gepflanzt. Ein neuer Berufszweig entsteht: der staatlich angestellte Förster. Er ist bei den Bauern selten beliebt, denn er verhängt drakonische Strafen gegen Zuwiderhandlungen gegen die Forstauflagen.

Der Schwarzwald früher und heute

Lotharschäden (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Kahlschlag durch „Lothar“ im Schwarzwald. Bild in Detailansicht öffnen
Heute setzt man wieder auf einen Mischwald aus Laub- und Nadelbäumen Bild in Detailansicht öffnen

Im Lauf der Jahrhunderte verändert der Schwarzwald sein Gesicht und wird zu dem Wald, den wir heute kennen. Denn statt des ursprünglichen Mischwaldes werden schnell wachsende Fichten gesetzt, die schon als junge Bäume wirtschaftlich genutzt werden können. Heute ist der Schwarzwald bis zu 70 % bewaldet, im Nordschwarzwald teilweise bis zu 90 %. Und es hat wieder ein Umdenken stattgefunden: Das Waldsterben und zuletzt die verheerenden Schäden durch den Orkan Lothar 1999 haben gezeigt, dass die Fichtenmonokultur Probleme bringt. Und auch die Verwaldung, die dort passiert, wo Landwirte die Bewirtschaftung ihrer Flächen aufgeben, hat manche Gemeinde in Schwierigkeiten gebracht: Gerade für den Tourismus sind offene Landschaften förderlich, in denen man von den Hügeln einen Blick in die Umgebung werfen kann.

Die charakteristische Kulturlandschaft mit ihrem Wechsel von Wald und offenen Flächen ist heute ebenso bedroht wie der Lebensraum von Arnika und Auerhuhn. Mit millionenschweren Projekten und ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen versucht man, die historischen Hochweiden vor dem nachwachsenden Wald zu schützen. Heute grasen Rinder, Schafe und sogar Ziegen als »Landschaftspfleger« an den Hängen. Die Weideprojekte haben weitreichende positive Auswirkungen: Sie bewahren »Hinterwälder« und »Vorderwälder«, die alten, genügsamen Rinderrassen aus den Hochlagen des Schwarzwalds vor dem Aussterben, die mit der Hochleistungs-Milchkuh nicht mithalten konnten. Wirte und Köche unterstützen diese Projekte, weil sie erkannt haben, dass die typische Schwarzwaldlandschaft ihren Menüs erst die richtige Würze gibt; und mancher Rinderhalter, der am Milchpreis verzweifelt, findet damit neue Absatz- und Überlebenschancen.

Hintergrundmaterial zum gesamten Schwerpunkt

Der Schwarzwald | Hintergrund

Es ist rund 1000 Jahre her, dass die ersten Siedler in den Schwarzwald kamen. Es gab zwar schon davor Spuren von menschlichen Siedlungen, die bis in die Steinzeit reichten, aber eine dauerhafte Besiedlung des kargen, feuchten und kalten Urwalds gab es bis dahin nicht. Nun machten sich die Menschen aus den überbevölkerten Ebenen und aus den alpinen Regionen auf. Zwar blieben nicht alle, aber Höfe, die seit über 500 Jahren an einem Ort stehen oder Familien, die ihren Stammbaum bis ins 12. Jahrhundert nachverfolgen können, sind Nachweis dafür, dass es möglich war, mit den harten Bedingungen zu leben und zu überleben. Dabei entstand eine in der ganzen Welt berühmte Kulturlandschaft.

Alle Themen zum Schwerpunkt Der Schwarzwald

Pflanzen und Tiere im Schwarzwald

Der Schwarzwald – ein sagenumwobenes Mittelgebirge im Südwesten Deutschlands und Heimat für eine Vielzahl bemerkenswerter Bewohner: Der Luchs war im Schwarzwald komplett ausgerottet. Seit ein paar Jahren werden die Raubkatzen hin und wieder gesichtet. In Hochmoorregionen kämpfen Auerhähne um die Gunst der Weibchen. Das Landschaftsbild des Schwarzwalds wurde vom Menschen nachhaltig geprägt. Schon seit dem 15. Jahrhundert ist das Holz des Schwarzwalds ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Heute dominieren Fichten die Wälder, da sie in der Holzproduktion als besonders profitabel gelten. Tannen sind inzwischen weitaus seltener. Sechzig Jahre dauert es, bis aus einem winzigen Samen ein stattlicher Baum geworden ist. Und da die Samen bei Mäusen, Eichhörnchen und anderen Tieren als Nahrung sehr begehrt sind, wird längst nicht jeder Samen zum Baum.

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Die Waldarbeiter und Flößer

Vor 1100 Jahren war der Schwarzwald ein undurchdringlicher, fast menschenleerer Urwald. Die ersten Siedler waren christliche Missionare, die das Land im Auftrag adliger Grundherren urbar machten. Sie ließen zunächst den Wald roden, der ihnen den wichtigsten Rohstoff lieferte: Holz. Holz wurde für den Hausbau gebraucht, in den Bergwerken und auch als Brennmaterial in Form von Holzkohle. Die Waldarbeit zog viele Menschen in den Schwarzwald. Neue Berufszweige entstanden, wie der der „Flößer“: Sie banden die Baumstämme zum Transport zusammen und „verflößten“ sie auf den Flüssen bis nach Holland. Noch heute ist Holz eine der wichtigsten Einnahmequellen im Schwarzwald. Doch das Leben der Waldarbeiter hat sich grundlegend verändert.

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Die Köhler

Mit der Besiedlung des Schwarzwalds und dem Abbau der Bodenschätze wie Eisen, Silber und Kupfer kamen auch die Köhler in den Wald. Denn für die Verarbeitung von Eisenerz und die Verhüttung von Edelmetallen wurden Temperaturen benötigt, die mit der Verbrennung von Holz allein nicht zu erreichen waren: Das Holz musste zunächst verkohlt werden, um als Brennmaterial die nötige Hitze entwickeln zu können. Diese Arbeit erledigten die Köhler; sie führten ein ärmliches und einsames Leben tief in den Wäldern. Heute ist der Beruf des Köhlers fast ausgestorben.

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Die Bergleute und Glasbläser

Schon im Mittelalter entdeckten Menschen neben dem Holz auch die Schätze des Schwarzwaldes, die unter der Erde schlummerten: Eisenerz und Silber. Die Hoffnung auf Siedlungsraum und Arbeit zog mehr und mehr Menschen in den Schwarzwald. Auf der Suche nach dem silberhaltigen Bleiglanz arbeiteten viele von ihnen unter Tage, in den engen Stollen der Bergwerke. Silber war als Zahlungsmittel sehr begehrt und machte Klöster, Vögte und Kaufleute reich. Doch der Schwarzwald bot einen weiteren wichtigen Rohstoff: Quarzsand. Er wurde aus den Bächen gewonnen und zu „Waldglas“ verarbeitet. Viele Glasbläser verdienten sich im Schwarzwald ihren Lebensunterhalt; sogenannte „Glasträger“ trugen das berühmte Waldglas in die Welt.

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Die Schwarzwaldbauern

Im Mittelalter gründeten christliche Missionare die ersten Klöster im Schwarzwald und begannen, Land urbar zu machen; nach und nach siedelten sich auch Bauern an. In harter Arbeit verdienten sie ihren Lebensunterhalt mit Holz- und Landwirtschaft. Sie entwickelten den typischen Schwarzwaldhof, der ideal an Hanglage und Wetter angepasst ist. Ein solcher Hof ist auch der Ebenemooshof der Familie Tritschler. Die Familie lebt in der Hauptsache von der Forstwirtschaft.
Der Film zeigt die Arbeit auf einem Schwarzwaldhof früher und heute und veranschaulicht den Aufbau eines typischen Schwarzwaldhauses in einer 3D-Animation.

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Die Uhrmacher

Sie ist ein typisches Mitbringsel und auf der ganzen Welt bekannt: die Schwarzwälder Kuckucksuhr. Doch Uhren aus dem Schwarzwald gab es schon fast hundert Jahre bevor die Kuckucksuhr erfunden wurde. An langen Winterabenden stellten Bauern und deren Söhne und Knechte hölzerne Uhren her – ein Nebenverdienst, der für einige zum Beruf wurde und im Schwarzwald schließlich einen neuen Industriezweig begründete: die Uhrenproduktion. Sie erlebte Ende des 19. Jahrhunderts ihre Blütezeit mit der Einführung der Akkord- und Fließbandarbeit. Unangefochtener Exportschlager war und ist die Kuckucksuhr.

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Die Touristen

Seit mehr als 150 Jahren ist der Schwarzwald ein beliebtes Reiseziel. Ob beim Baden am Titisee, beim Wandern in den Wäldern oder beim Wintersport auf dem Feldberg - Touristen aus aller Welt suchen dort Erholung und Vergnügen. Einer der ersten, die sich das zu Nutzen machten, war der Naturliebhaber Franz-Otto Eigler aus Freiburg. Er eröffnete Mitte des 19. Jahrhunderts den ersten Gasthof am Titisee. Doch noch war die Reise in den Schwarzwald beschwerlich. Mit der Eröffnung der Höllentalbahn von Freiburg nach Neustadt 1882 erlebte der Tourismus einen großen Schub. Und die Erfindung der Skier als Freizeit- und Sportgerät und der Bau des ersten Skilifts brachte auch im Winter immer mehr Gäste. Heute ist der Wintersport nicht mehr aus dem Schwarzwald wegzudenken. Aber die Entwicklung steht nicht still: Ein neuer Trend ist der Fahrradtourismus mit dem E-Bike.

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Imogen Nabel