Von Misenum aus, einer Hafenstadt 30 Kilometer von Pompeji
entfernt, verfolgte der 17-jährige Plinius den Vulkanausbruch und den Untergang Pompejis. In einem Brief beschreibt er den Ablauf der Katastrophe und den Tod seines Onkels. Dieser war römischer Flottenkommandant und brach mit dem
Schiff auf, um Menschen aus Pompeji zu retten …
Er eilte dorthin, von wo andere flohen, und hielt geradewegs auf die Gefahr zu […] Schon fiel Asche auf die Schiffe, immer heißer und dichter, je näher sie herankamen,
bald auch Bimsstein und schwarze, halbverkohlte, vom Feuer geborstene Steine. Das Meer trat plötzlich zurück, und das Ufer wurde durch einen Erdrutsch unpassierbar. Einen Augenblick war er unschlüssig, ob er umkehren solle, dann
rief er dem Steuermann, der ihm dazu geraten hatte, zu: „Dem Mutigen hilft das Glück, fahr zu Pomponianus!“
Pomponianus ist ein Freund des Onkels, der in Stabiae wohnt. Auch dort herrscht Panik und die Menschen wollen
flüchten. Plinius' Onkel versucht, sie zu beruhigen.
Inzwischen leuchteten vom Vesuv her an mehreren Stellen weite Flammenherde und hohe Feuersäulen auf, deren strahlende Helle durch die dunkle Nacht noch verstärkt
wurde. […] Gemeinsam berieten sie, ob sie im Haus bleiben oder sich ins Freie begeben sollten, denn infolge häufiger, starker Erdstöße wankten die Gebäude und schienen, als wären sie aus ihren Fundamenten gelöst, hin und her zu
schwanken. Im Freien wiederum war das Herabregnen ausgeglühter, allerdings nur leichter Bimsstein-Stückchen bedenklich […] Sie stülpten sich Kissen über den Kopf und verschnürten sie mit Tüchern; das bot Schutz gegen den
Steinschlag.
Schon war es anderswo Tag, dort aber Nacht, schwärzer und dichter als alle Nächte sonst, […]Man beschloss, an den Strand zu gehen und sich aus der Nähe zu überzeugen, ob das Meer schon gestatte, auszulaufen.
Aber es blieb immer noch rau und feindlich. Dort legte mein Onkel sich auf eine ausgebreitete Decke, verlangte hin und wieder einen Schluck kalten Wassers und nahm ihn zu sich. Dann jagten Flammen und als ihr Vorbote Schwefelgeruch die
andern in die Flucht und schreckten ihn auf. Auf zwei Sklaven gestützt erhob er sich und brach gleich tot zusammen, vermutlich weil ihm der dichtere Qualm den Atem nahm und den Schlund verschloss […]
Übersetzung aus dem
Lateinischen: G/Geschichte, Bayard-Media