Bild einer Barock Kirche von innen (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)

Das Barock-Experiment

Himmelsbühnen für die Kirchen | Hintergrund

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Den Himmel in die Kirche holen – so die Bauaufgabe des Barocks, der sich Baumeister, Maler, Handwerker mit großer Kunstfertigkeit und Ideenreichtum hingaben. Aber wie gelangt das Licht des Himmels in die Kirchen? Oder zumindest die Illusion davon? Mit welchen optischen Tricks arbeiteten sie, um zum Beispiel die Deckenwölbung scheinbar unendlich wirken zu lassen? Im Experiment verfolgen wir mit der Kamera, wie die Straßenmalerinnen Vanessa und Lydia Hitzfeld die optischen Tricks des Barocks in heutige Street-Art verwandeln. Dabei werden die Prinzipien der optischen Täuschung (trompe d’oeil) verständlich. Auf dem Vorplatz des barocken Klosters Bad Schussenried stellen sie sich ihrer Aufgabe: die fiktive Unterwelt des Klosters auf das Pflaster zu malen.

Die barocken Deckenmaler haben nicht nur mit den Gesetzen der Perspektive gespielt. In der berühmten Bibliothek des Klosters Schussenried ist der ganze barocke Wissens- und Glaubenskosmos zusammengefasst. Himmelwärts strebend und hell. Ein faszinierendes Detail fällt dem genauen Beobachter ins Auge: ein Mönch, der einen seltsamen Apparat mit Seilen und Flügeln betätigt: Er wollte es dem Ikarus gleichtun. Erfindungen waren im Barock ein großes Thema, wohl auch für Kirchenmänner.

Klosteranlage in Bad Schussenried (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Barocke Klosteranlage in Bad Schussenried

Nur wenige Kilometer von Bad Schussenried entfernt liegt die „schönste Dorfkirche der Welt“, so rühmen die Bewohner von Steinhausen ihre Wallfahrtskirche. Und in der Tat umspannt der ovale Kirchenraum von Baumeister Domenikus Zimmermann eine barocke Detailfülle und Baukunst, die heute noch staunen lässt. Um die spektakuläre Innenarchitektur filmisch optimal zur Geltung zu bringen, erhielt unser Drehteam erstmal die Genehmigungen, Flugaufnahmen in der Kirche zu machen. Die Pilger, die heute noch sehr zahlreich nach Steinhausen strömen, staunten nicht schlecht, als sie das ferngesteuerte Fluggerät mit 16 Rotoren und Spezialkamera von der Orgelempore zum Altarraum schweben sahen.

Die Kirchen an der Oberschwäbischen Barockstraße (wie in Steinhausen und Bad Schussenried) sind eine Stein gewordene Manifestation der Gegenreformation. Ganz bewusst setzen die Baumeister und ihre katholischen Auftraggeber auf Prunk und Reichtum im Kirchenraum als Antithese zum Puritanismus der bilderstürmenden Bewegung Martin Luthers. Die begeisternde Architektur mit ihren vielfältigen optischen Tricks sollte bei der Rückeroberung der Gläubigen helfen. Auch deshalb waren Bischöfe und kirchliche Würdenträger spendable Mäzene der barocken Baukunst.

Nach einem ganzen Tag harter Arbeit ist das Pflaster vor dem Kloster Schussenried aufgerissen. Der klaffende Abgrund gibt Säulen und Bögen frei, die anscheinend direkt in die Hölle führen. Staunend stehen Menschen davor und wagen keinen Schritt weiter - bis Vanessa Hitzfeld sie ermuntert auf das 3D Kunstwerk zu treten. Es ist die perfekte Illusion.

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Fürstenherrlichkeit

Der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. war mit eindrucksvollem Beispiel vorangegangen und hatte sich in Versailles ein prachtvolles Schloss bauen lassen. Es sollte seinen absoluten Herrschaftsanspruch weithin sichtbar manifestieren. Die barocken Herrscher östlich des Rheins wollten ihm da nicht nachstehen und so bauten auch sie neue Residenzen im neuen Stil. Und das nicht zu knapp: So gab es zum Beispiel allein im Südwesten Deutschlands 250 selbstständige Territorien – Fürsten-, Herzogtümer und Grafschaften –, in denen das Barock seine Spuren hinterließ. Das Barock war auch eine Zeit des Aufbruchs nach den langen dunklen Jahren des verheerenden Dreißigjährigen Krieges. 1715 ließ der Markgraf Karl-Wilhelm von Baden-Durlach den Grundstein für seine neue Residenz legen: Karlsruhe – ein prächtiges Schloss und eine neue Stadt, deren Straßen sich wie ein Fächer vom Schloss aus entspannten. Der Film gibt Einblicke in die barocke Stadtplanung, Architektur und Ingenieurskunst und geht dem barocken Ideal der „dressierten“ Natur nach. In Rekonstruktionen und Spielszenen vermittelt er auch das besondere Lebensgefühl an den absolutistischen Höfen.
Bei einem Experiment kommen wir dem Geheimnis des Stuckmarmors auf die Spur: Mit diesem „Scheinmarmor“ wollten Barockbaumeister die Natur nachempfinden, aber auch nach ihrem Geschmack „gestalten“.

Das Barock-Experiment SWR Fernsehen

Himmelsbühnen für die Kirchen

„Den Himmel in die Kirche holen“ – so die Aufgabe, der sich Baumeister, Handwerker und Maler im Barock mit Ideenreichtum und großer Kunstfertigkeit hingaben. Aber wie gelangt das Licht des Himmels in die Kirche? Oder zumindest die Illusion davon? Diese Frage beantwortet der Film unter anderem in einem Experiment: Die Straßenmalerinnen Vanessa und Lydia Hitzfeld nutzen die im Barock so beliebte optische Täuschung („trompe l’œil“) für ihre Street-Art und zeigen, nach welchen Prinzipien sie funktioniert. Auf dem Vorplatz des barocken Klosters Bad Schussenried stellen sie sich ihrer Aufgabe: Sie sollen die fiktive Unterwelt des Klosters auf das Pflaster malen.
Die Kirchen und Klöster an der Oberschwäbischen Barockstraße – wie das Kloster Bad Schussenried – sind Inbegriff der Gegenreformation. Ganz bewusst setzten die Baumeister und ihre katholischen Auftraggeber auf Prunk und Reichtum im Kirchenraum – als Antithese zum Puritanismus der Reformatoren. Die prächtige Architektur mit ihren vielfältigen optischen Tricks sollte auch dazu beitragen, die Gläubigen in der katholischen Kirche zu halten oder Skeptiker zurückzugewinnen. Auch deshalb zeigten sich Bischöfe und kirchliche Würdenträger als spendable Mäzene der barocken Baukunst.

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planet schule