Philosophie für die Grundschule

Knietzsche, der kleinste Philosoph der Welt | Hintergrund

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Interview
Ulla Rehbein

Interview mit Anja vom Kampen, Erfinderin der Knietzsche-Figur

Anja van Kampen mit der Animationsfigur Knietzsche (Foto: Anja van Kampen, Vision X)
Anja van Kampen mit Knietzsche

Was ist Knietzsche für ein Typ?

Knietzsche ist ein ganz normales Kind mit Stärken und Schwächen. Was ihn besonders macht, ist, dass er das Denken liebt. Er denkt sehr strukturiert, aber auf seine eigene verrückte Art, mit Witz und Intelligenz. Oft ist er auch tollpatschig und bringt sich selbst in doofe Situationen. Er isst gerne, hat keine Idealfigur und keine Muskeln und sein Schnürsenkel ist immer offen. So wie andere Fußball lieben, liebt er das Denken. Er spielt trotzdem Fußball, aber nicht als einer der Besten. Ich versuche immer zu zeigen, dass er genauso wenig perfekt ist wie alle anderen auch. Knietzsche ist offen, neutral, gerechtigkeitsliebend. Natürlich wird er auch wütend, das zeigt auch, dass er mit den Problemen des Lebens genauso zu tun hat wie jedes andere Kind auch. Aber er stellt sich dem Leben halt, es bleibt einem ja auch nichts anderes übrig und er macht es mit Humor.

Hat Knietzsche eigentlich Familie?

Knietzsche hat Eltern, die in vielen Folgen auftreten. Sie müssen für alles hinhalten, was das Leben zu bieten hat. Mal lassen sie sich scheiden, mal schimpfen sie mit ihm... eben ein ganz normales Familienleben.

Ausschnitt aus dem Trickfilm: Unter der Erde sieht man zwei Augen und drei Radieschenwurzeln (Foto: vision X/WDR)
Nach dem Tod nur noch die Radieschen von unten angucken?

Wie kamen Sie auf den Namen Knietzsche?

Beim Brainstorming sind wir die Philosophen durchgegangen. Da war natürlich auch Nietzsche dabei. Das "K", das ja auch für Kinder steht, wurde kombiniert und ich wusste sofort, dass das der richtige Name ist.

Finden Kinder Philosophie nicht langweilig?

Philosophie ist ein Wort, das die meisten Kinder gar nicht kennen. Ich sage ihnen immer, dass jeder von ihnen ein Philosoph ist, weil philosophieren einfach denken ist. Und das kommt Kindern erst mal cool und besonders vor. Dadurch, dass Knietzsche oft sehr schräg und lustig denkt, finden sie einen leichten Zugang zu den teilweise schwierigen Themen. Aber vor allem merken sie, dass kein Gedanke bescheuert ist. Eigene Gedanken tragen einen im Leben immer ein Stück weiter, selbst wenn sie mal eine Weile nur Loopings drehen. Die Philosophie bietet keine eindeutigen Antworten. Das ist für Kinder ganz oft eine erstaunliche, aber auch beruhigende Erkenntnis.

Der kleine Philosoph Knietzsche steht neben einem Tiger mit Alarmleuchte auf dem Kopf (Foto: vision X/WDR)
Angst ist für Knietzsche ein persönlicher Alarmtiger

Was macht Knietzsche, wenn er etwas nicht versteht?

Wenn Knietzsche etwas nicht versteht, beginnt er nachzudenken. Was er gar nicht versteht, ist Ungerechtigkeit. Auch wenn ihm klar ist, dass es dafür Ursachen gibt, fehlt trotzdem das Verständnis. Das kann für Knietzsche und die Kinder auch eine Erkenntnis sein, dass man etwas theoretisch versteht, aber praktisch nicht. Kinder sind ja oft in schwierigen Situationen, die sie nicht verstehen und auch nicht verbessern können. Wenn etwas Schlimmes passiert, zum Beispiel jemand stirbt oder Eltern sich trennen, dann ist das einfach schlimm für Kinder. Kinder fühlen sich auch nicht ernst genommen, wenn man sagt, dass alles in Ordnung ist, wenn es eben nicht in Ordnung ist. Knietzsche sagt: Das Leben ist manchmal ungerecht und das musst du leider aushalten und da durchgehen. Und irgendwann wird es dann besser.

Der kleine Philosoph Knietzsche liegt im Dschungel in einer Hängematte, neben ihm döst ein Tiger und eine sechsäugige Spinne hängt am Baum. (Foto: vision X/WDR)
Knietzsche hat viele Freunde

Was kann Knietzsche in der Schule bewirken?

Zu Hause und in der Schule müssen Kinder ständig lernen, damit sie gut, sicher und erfolgreich durchs Leben kommen. Oft fehlt der Platz für freies Denken. Knietzsche zeigt, wie abenteuerlich, spaßig und hilfreich denken sein kann. Er zeigt auch, dass Erwachsene, also auch Lehrer, nicht alles wissen. Bei Gedanken über den Tod oder das Glück, da sind sie nicht schlauer als Kinder. Es gibt Fragen im Leben, da gibt es keine eindeutige Antwort drauf. Und diese Erkenntnis ist für Kinder auch ganz toll. Von den Lehrern bekommen wir manchmal richtige Fan-Briefe, weil die Schüler plötzlich ganz anders in die Diskussion einsteigen. Das freut uns natürlich riesig.

Drehbuchautorin Anja von Kampen lacht in die Kamera, in der Hand eine Tasse mit Knietzsche-Motiv (Foto: Foto: Torsten Gajda)
Anja von Kampen ist Drehbuchautorin und Regisseurin der Knietzsche-Filme

Haben Sie Tipps für den Einsatz im Unterricht?

Mit Knietzsche bekommt man manchmal auch einen Zugang zu Kindern, die sich sonst in der Schule schwertun. Man kann mit ihnen wirklich ins Gespräch gehen. Zum Beispiel kann man, bevor man eine Folge zeigt, schon mal mit den Schülern darüber sprechen, was für sie Gerechtigkeit ist, oder ob ihnen schon mal was Ungerechtes passiert ist. Das sind ja ganz einfache Fragen, auf die jedes Kind eine Antwort findet. Dann kommt Knietzsche und danach spricht man nochmal darüber – da bekommt man super Gespräche hin mit den Kindern.

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