Einsatz im Englischunterricht: Seeking Refuge
Vorbemerkung
Dem jüngsten Bericht des UNO-Flüchtlingskommissars zufolge (Stand 2013) befanden sich Ende 2012 nahezu 45,2 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Etwa 15,4 Millionen von Ihnen werden völkerrechtlich als Flüchtlinge bezeichnet. 2,6 Millionen Flüchtlinge kommen aus Afghanistan, 1,1 Millionen aus dem Irak, 746.000 aus Somalia. Die Notsituationen vieler Menschen werden in „Seeking Refuge“ am Beispiel ausgewählter Einzelschicksale aufgegriffen.
Unterrichtliche Bedeutung der Sendung
Wenngleich in den Kurzfilmen England stets das Ziel der Flüchtlinge ist, kommen viele Menschen aus den genannten Staaten auch nach Deutschland. 2011 kamen die meisten Flüchtlinge aus Afghanistan, dem Iran und Irak, Serbien und Syrien. Darüber hinaus kommen Kinder aus verschiedensten Motiven aus Ländern wie Bulgarien, Rumänien, Italien, Griechenland, Spanien, Portugal etc. nach Deutschland.
Aus diesen Gründen werden seit Jahren Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter in steigendem Maße in die deutschen Schulen integriert. Für die Flüchtlingskinder bedeutet dies, eine fremde Sprache und eine fremde Kultur kennenzulernen. Erst dann können sie den Regelunterricht einer Schule besuchen. An bestimmten Schulen werden hierfür besondere Klassen gebildet, in denen es zu den vornehmlichen Aufgaben der Lehrkräfte gehört, nicht nur Deutsch als Fremdsprache zu vermitteln, sondern gleichzeitig dafür zu sorgen, dass diese Schüler/innen einen angemessenen Weg in die deutsche Gesellschaft und Zugang zu unserer Kultur finden können. Sie sollen so schnell wie möglich heimisch werden und vor allem ihre teilweise schrecklichen Erlebnisse verarbeiten können.
In Köln sind im Laufe des Schuljahres 2011/2012 insgesamt 567 schulpflichtige Mädchen und Jungen ohne Deutschkenntnisse in die Schule gegangen. Die Tendenz steigt. Lehrer/innen und Schüler/innen, mit den Aufgaben der sprachlichen und kulturellen Integration konfrontiert, müssen großes Fingerspitzengefühl entwickeln, angemessen auf die Kinder und Jugendlichen zu reagieren.
Die Filme tragen zu einer bewussteren Auseinandersetzung mit den Problemen bei und ermöglichen einen empathischen Perspektivwechsel für die Situation und Erlebnisse der Flüchtlingskinder.
Methodisch-didaktische Entscheidungen zum Einsatz der Kurzfilme
„Seeking Refuge“ lässt sich in erster Linie im Politikunterricht einsetzen, wenn es um den Themenschwerpunkt der erzwungenen Mobilität geht. Die Kurzflme eignen sich sowohl für den englischsprachigen Politikunterricht als auch für den deutschsprachigen, in dem bestimmte Themen modulartig in der Zielsprache Englisch erteilt werden. Darüber hinaus lassen sie sich auch im regulären Englischunterricht behandeln. Die Motivation der Lernenden erhöht sich natürlich in den Situationen, in denen Flüchtlingskinder in den jeweiligen Schulen beziehungsweise Regelklassen unterrichtet werden.
Ein sinnvoller Unterrichtseinsatz der preisgekrönten Zeichentrickfilme sollte durch Phasen des pre-watching, guided /while-watching und post-watching gekennzeichnet sein. Vor der ersten Präsentation eines Filmes ist es in der Regel notwendig, anhand unterschiedlicher Texte und Textsorten wie z. B. Zeitungsartikel, statistische Angaben, Karten, wichtige Hintergrundinformationen über die politische Lage in dem jeweiligen Land zu vermitteln.
In diesem Zusammenhang werden bereits Erwartungen aufgebaut, lassen sich zentrale Fachbegriffe wie z.B. escape, refuge, refugee, asylum seeker, border war, hunger and starvation, slum clearance, orphanage, ethnic groups, outsider, refuge centre, detention centre, violence, mosque, church, etc. einführen.
Da die Kommentartexte der Kurzfilme von den Betroffenen selbst stammen, hängt das Verstehen durch die Schüler/innen ein Stück weit davon ab, in welchem Maße sie es gewohnt sind, authentische englische Sprache in Filmen zu verstehen. Je nach vorhandener Seh-Hörverstehenskompetenz können die Filme zunächst ohne Ton präsentiert werden. Diese Methode hilft insbesondere solchen Lernenden, die sich an authentische Sprecher erst gewöhnen müssen.
Nach einem solchen ersten silent viewing werden der Gang der Handlung sowie inhaltliche Schwerpunkte allein aufgrund der Bilder rekonstruiert und beschrieben. Wenn in der folgenden Präsentation Bild und Ton gemeinsam aufgenommen werden, fällt es den Lernenden deutlich leichter, die Berichte dieser fünf Flüchtlingskinder zu verstehen.
Es ist denkbar, dass nur eine Auswahl der Filme im Unterricht behandelt wird, weil beispielsweise in der spezifischen Klasse ein Kind aus dem im Film behandelten Land sitzt. Wenn die technischen Möglichkeiten gegeben sind, kann es besonders reizvoll sein, die fünf Filme dieser Reihe im Rahmen eines kooperativen Gruppenpuzzles zu behandeln. Zu diesem Zweck sollten die Filme auf einem Computer verfügbar sein, was nicht nur ein individualisiertes und differenzierendes Arbeiten ermöglicht, sondern auch die Chance beinhaltet, bestimmte Sequenzen mehrmals zu betrachten, um wichtige Aussagen besser verstehen zu können und sich damit auseinanderzusetzen.
Werden die Filme eingesetzt, muss man damit rechnen, dass die Schüler/innen sehr emotional auf die gezeigten Schicksale reagieren. In solch einer Situation muss entschieden werden, wie viele Einzelfilme einer Klasse vielleicht nur zugemutet werden können.
Im Anschluss an die Arbeit mit einem Film sollten nicht nur die Gefühle der Flüchtlinge thematisiert werden, sondern auch die der Schüler/innen. Aus pädagogischen Gründen erscheint es sinnvoll, die Bedeutung der Aussage der Filme auf positive Weise aufzugreifen, was auf vielfältige Weise geschehen kann. Die Schicksale der geflohenen Menschen können in Form von Poster-Ausstellungen der Schulöffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Porträts der Flüchtlingskinder können mit Fakten, Karten, Zahlen und persönlichen Kommentaren versehen und auf der Website der Schule veröffentlicht werden. Darüber hinaus wäre es denkbar, dass die Schüler/innen, die sich mit der Reihe „Seeking Refuge“ beschäftigt haben, Spendenaktionen organisieren.
Besonders naheliegend sind aber solche Aktivitäten, die den Jugendlichen, die aus einem fremden Land in eine Schule gekommen sind, unmittelbar helfen. Dafür können während des Unterrichts Lernpartnerschaften gebildet werden oder die Neuen gezielt in Freizeitaktivitäten eingebunden werden – immer mit dem Ziel, Sprache und Kultur in einer Weise zu vermitteln, dass die Jugendlichen, die ein schweres Schicksal zu verarbeiten haben, einen Weg in ein neues, positives Leben finden können.