Bannerbild (Quelle: ImagoGFC Collection) (Foto: Imago/GFC Collection)

Lebensräume · Auf Hügeln und Bergen

Lebensraum Kaiserstuhl | Hintergrund

STAND
Autor/in
Tobias Mennle
Silke Harrer

Kaiserstuhl und Oberrheingraben

Der Oberrheingraben hat geologisch betrachtet eine bewegte Geschichte hinter sich. Auf den folgenden Seiten wird beschrieben wie er sich vor 50 Millionen Jahren gebildet hat und wie dadurch die Vogesen und der Schwarzwald entstanden sind. Zwischen diesen beiden Mittelgebirgen ragt wenige Kilometer nordwestlich der Stadt Freiburg im Breisgau der Kaiserstuhl aus der Ebene. Betrachtet man diesen eher kleinen Berg von 550 Metern Höhe etwas genauer, entdeckt man auch hier viele Besonderheiten: Der Kaiserstuhl ist der Überrest eines Vulkans, der vor 15 Millionen Jahren Lava spie und nachdem er über die folgenden Jahrtausende mehr und mehr erodierte, durch eine dicke Schicht Löss (eiszeitlicher Sand und Staub der angeweht wurde und sich festsetzte) wieder an Höhe gewann. Eine weitere Besonderheit des Kaiserstuhls ist das mediterrane Klima, das dort herrscht. So entsteht Lebensraum, der eine für diese Region einzigartige Tier- und Pflanzengesellschaft beherbergt. Die besonderen klimatischen Verhältnisse, die diese „mediterrane Oase“ im Südwesten Deutschlands schufen werden auf den folgenden Seiten genauer erklärt.

Ein sehr hoher Gesteinsbrocken (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Gesteinsbrocken am Kaiserstuhl SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Der Kaiserstuhl, eine alte Kulturlandschaft SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Der Kaiserstuhl und der Oberrheingraben – Entstehung und Klima

Der Oberrheingraben entstand vor etwa 50 Millionen Jahren entlang einer ausgedehnten Schwächezone der Erdkruste, die sich vom Mittelmeer bis Nordnorwegen erstreckt. Während der Graben einbrach, wurden Schwarzwald und Vogesen angehoben. Eine weitere Zone tektonischer Störung stößt von den Hegauvulkanen über das Höllental bei Freiburg auf den Oberrheingraben. An dieser „doppelten“ Schwachstelle gab es vor 18-15 Millionen Jahren vulkanische Aktivität. So entstand ein kleines Gebirge, der Kaiserstuhl. Durch Erosion wurde es stark abgetragen, auf diese „Gebirgsruine“ wurde Löss abgelagert. Der Kaiserstuhl überragt heute die Oberrheinebene (etwa 200m Meereshöhe) um bis zu 350m.

Das Land am Oberrhein ist klimatisch begünstigt. Über das Rhônetal und die burgundische Pforte (zwischen Jura und Südvogesen gelegen) kann immer wieder mediterrane Warmluft in die Ebene einströmen. Vor allem aber wirken die Vogesen als Regenfänger: Die von Westen heranziehenden Wolken regnen sich am Kamm der Hochvogesen ab, so dass es im benachbarten Teil der Rheinebene extrem trocken ist. Während am Vogesenkamm über 2000mm Jahresniederschlag fallen, sind es in der Colmarer Trockenebene etwa 560mm – ein für Mitteleuropa sehr niedriger Wert. Im Zentrum des Kaiserstuhls fallen 700mm Niederschlag. Durch die geringe Wolkendecke ist die Sonnenscheindauer hoch. Am Rand des südwestlichen Schwarzwalds staut sich dann die von den Vogesen herankommende Restfeuchtigkeit und regnet dort ab. Deshalb ist der Niederschlag in der Freiburger Bucht mit bis zu 950mm deutlich höher als in der Region des nur 15km entfernten Kaiserstuhls.

Löss

Löss ist ein sehr eigenartiges Gestein: Einerseits ist es so stabil, dass viele Meter hohe Steilwände und Terrassen aus ihm herausgeschnitten werden können. Andererseits genügt ein Druck mit dem Fingernagel, um Muster in den Löss zu ritzen. Wie ist das möglich? Löss besteht aus vielen kleinen Gesteinskörnchen. Während der Eiszeiten (Vier Perioden zwischen 2 Millionen bis 12.000 Jahre vor unserer Zeit) waren die Alpen vergletschert. Die Gletscher hobelten mit ihren gewaltigen Eis- und Geröllmassen über das Gestein, dabei entstanden Bruchstücke in allen möglichen Größen. Mit dem Schmelzwasser wurden die feinen Körnchen in das Alpenvorland geschwemmt, Sedimente entstanden. Da die Vegetation spärlich war, wurden diese Sedimente vom Wind weiter transportiert. Als Flugstaub lagerten sie sich an windgeschützten Stellen weiter im Norden wieder ab. Der beste „Staubfänger“ war das frei in der Oberrheinebene gelegene Vulkangebirge des Kaiserstuhls. Hier bildete sich ein bis zu 30m dicker Lössmantel. Der Lössstaub war sehr reich an Kalk (Calciumcarbonat), das durch Regen und das Kohlendioxid der Luft in eine im Wasser gelöste Form (Calciumhydrogencarbonat) überführt wurde, die sich im Staubmantel verteilen konnte. Unter trockenen Bedingungen entstand wieder fester Kalk, dieser umhüllte nun die Lösskörnchen und verband sie zu einem lockeren Gestein.

Eine große Felsformation, die durch eine enge Schlucht geteilt wird (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Kaiserstuhl und Oberrheingraben SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Blick auf eine blühende, grüne Wiese. (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
SWR - Screenshot aus der Sendung

Hohlwege

Wie konnten im Lössmantel die tief eingeschnittenen Hohlwege entstehen? Leichter mechanischer Druck löst die Gesteinskörnchen aus ihrem Verband heraus, und das lockere Gestein verwandelt sich wieder in Staub. Dieser wird sehr schnell vom Wind verweht und vom Regen weggeschwemmt. Besonders stark war die mechanische Belastung des Löss auf den von Mensch und Vieh begangenen Wegen. Dort wurden die freigesetzten Lösskörnchen schnell abgetragen, und die Oberfläche des Weges „sank“ immer tiefer unter die alte Landoberfläche: Ein Hohlweg, auch Hohlgasse genannt, entstand. An der Oberkante des Hohlwegs siedelnde Gebüsche ließen ihre Wurzeln entlang von Spalten im Löss in die Tiefe wachsen; durch Dickenwachstum wurden schließlich große Lössschollen von den Wänden abgesprengt, und der Hohlweg verbreiterte sich.

Trockenrasen

Wie alle Wiesen waren Trockenrasen in der mitteleuropäischen Urlandschaft selten und nur kleinflächig vorhanden, vor allem an felsigen Orten, die für einen Baumwuchs zu trocken waren. Erst durch Rodung des Waldes und Beweidung und Mahd konnten sich Wiesengesellschaften großräumig ausdehnen. Nur ein kleiner Teil der Trockenrasen wächst an wirklich trockenen und deshalb baumfreien Standorten. Viele der in ihnen vorkommenden Pflanzenarten sind nur auf mageren, d.h. nährstoffarmen Böden konkurrenzkräftig; solche Verhältnisse finden sich am häufigsten über Kalk. Man spricht deshalb oft auch von „Kalk-Magerrasen“. Der Heuertrag solcher Wiesen ist eher gering, sie wurden daher oft aufgedüngt und in artenarme Fettwiesen verwandelt, sofern der Bauer an Heu interessiert war.

Alle Themen zum Schwerpunkt Lebensräume · Auf Hügeln und Bergen

Lebensraum Kaiserstuhl

Wie eine Insel ragt der Kaiserstuhl aus der Rheinebene empor. An den Hängen des erloschenen Vulkans ist es meist sehr sonnig und trocken – gute Bedingungen für den Weinbau und für viele wärmeliebende Tiere und Pflanzen. Bienenfresser kommen aus Afrika hierher, um in den steilen Lösswänden zu brüten. Smaragdeidechsen und Gottesanbeterinnen sind eigentlich typische Bewohner des Mittelmeerraums, aber auch sie fühlen sich auf der „Wärmeinsel“ Kaiserstuhl wohl. Über die Trockenrasen flattern seltene Schmetterlingsarten. Auf wenig Fläche bietet der Kaiserstuhl eine enorme Artenvielfalt. Viele dieser Arten profitieren vom Klimawandel und können ihr Verbreitungsgebiet nun ausdehnen. Doch wenn es mit dem Temperaturanstieg so weitergeht, wird es sogar den Smaragdeidechsen irgendwann zu heiß.

Murmeltier & Co. - Die Natur der Hochalpen

Der Naturfilmer Dietmar Keil führt uns in Höhen jenseits der Baumgrenze. Er zeigt die hochalpine Natur im Laufe eines Jahres in eindrucksvoll ästhetischen Bildern.

1. Portugals Nationalpark Peneda-Gerês

Der Parque Nacional da Peneda-Gerês ist ein 500 Quadratkilometer großes Gebiet im Norden des Landes entlang der spanischen Grenze. Otto Hahn hat über zwei Jahre die schwer zugängliche Gebirgsregion bereist und mit seiner Kamera den Zauber der Natur eingefangen. Vor Jahrtausenden ausgerottete Wildpferde wurden aus domestizierten Pferden rückgezüchtet und galoppieren wieder über die Hochebenen. Wölfe durchstreifen die Täler auf der Suche nach Beute, und eine ungewöhnlich vielfältige Pflanzenwelt hat sich in den unterschiedlichen Klimazonen entwickelt. Einige der Dörfer im Nationalpark liegen über 1000 Meter hoch. Traktoren sind für die Bauern zu teuer; so ziehen hier heute noch Kühe den Pflug. Nur mit Viehhaltung lässt sich einigermaßen Geld verdienen.

Natur nah: Portugals Nationalpark Peneda-Gerês SWR Fernsehen

2. Portugals Nationalpark Peneda-Gerês

Der Parque Nacional da Peneda-Gerês ist ein 500 Quadratkilometer großes Gebiet im Norden des Landes entlang der spanischen Grenze. Otto Hahn hat über zwei Jahre die schwer zugängliche Gebirgsregion bereist und mit seiner Kamera den Zauber der Natur eingefangen. Vor Jahrtausenden ausgerottete Wildpferde wurden aus domestizierten Pferden rückgezüchtet und galoppieren wieder über die Hochebenen. Wölfe durchstreifen die Täler auf der Suche nach Beute, und eine ungewöhnlich vielfältige Pflanzenwelt hat sich in den unterschiedlichen Klimazonen entwickelt. Einige der Dörfer im Nationalpark liegen über 1000 Meter hoch. Traktoren sind für die Bauern zu teuer; so ziehen hier heute noch Kühe den Pflug. Nur mit Viehhaltung lässt sich einigermaßen Geld verdienen.

Natur nah: Portugals Nationalpark Peneda-Gerês SWR Fernsehen

Die Jahreszeiten im Klimawandel

Frühlingserwachen: Pflanzen sprießen, Blumen blühen, für Frösche und viele andere Tiere beginnt die Paarungszeit. Aber wie „wissen“ Pflanzen und Tiere eigentlich, dass es nun dafür Zeit ist? Im Chronobiotron-Labor in Straßburg versuchen Wissenschaftler diese Mechanismen zu entschlüsseln. Seit einigen Jahren beobachten Klimaforscher, dass der Frühling in Mitteleuropa messbar früher beginnt. Dies scheint ein Symptom zu sein, das mit dem Klimawandel einhergeht. Welche Folgen hat das für die Tier- und Pflanzenwelt? Forscher untersuchen in einer Langzeitstudie in den Alpen, wie ein verfrühter Frühling ein ganzes Ökosystem aus dem Takt bringen kann.

Natur nah: Wenn der Frühling früher kommt SWR Fernsehen

Lebensraum Schwäbische Alb

Auf den kargen Böden der Schwäbischen Alb gedeiht eine ganz besonders vielfältige Natur. Wacholderheiden, Streuobstwiesen und Steilhänge bieten zahlreichen Tieren und Pflanzen einen idealen Lebensraum. In diesem Film folgen wir einer Erdhummelkönigin durch die vom Menschen und seinen Schafherden geschaffene Kulturlandschaft und durchleben mit ihrem Volk die Jahreszeiten inklusive Hitzewellen und Überflutungen. Entlang der weithin sichtbaren Abbruchkante des Albtraufs baute der Mensch mächtige Burgen. Greifvögel fühlen sich auf den Steilklippen des oberen Donautals wohl, und an warmen, trockenen Standorten finden wir seltene Orchideen und Insekten. Was vor 200 Millionen Jahren in einem tropischen Meer Gestalt annahm, sorgt für so manche geologische Besonderheit: der Kalkstein. Auf der Schwäbischen Alb kann man zusehen, wie im Sommer ein ganzer Fluss verschwindet, wie Karstquellen aus dem Fels sprudeln, Tuff und Tropfsteine wachsen. Die Schwäbische Alb steckt voller Geheimnisse.

Lebensraum Schwäbische Alb SWR Fernsehen

In Portugals Serra Mamede

Der Parque Natural Da Serra De Sao Mamede liegt in der portugiesischen Provinz Alentejo, gut zwei Autostunden östlich von Lissabon, an der spanischen Grenze. Touristen verirren sich nur selten in diese Gegend, in der die Menschen auf den kargen Böden nur schwer ein Auskommen finden. Sie betreiben vor allem Weidewirtschaft, und für viele ist das Maultier noch immer unentbehrlich. Für die Natur sind die kleinbäuerlichen Strukturen ein Glücksfall. Nicht nur unter den Steinmauern, die die Parzellen begrenzen, pulsiert das Leben. Ein Film von Otto Hahn.

Natur nah: In Portugals Alentejo SWR Fernsehen

Lebensraum Felswand

Tiere und Pflanzen haben sich an extreme Bedingungen angepasst, und für einige sind die Felsen im Donautal sogar das letzte Rückzugsgebiet. Steilwandspezialisten sind Überbleibsel aus der Eiszeit wie Blaugras und Kugelschötchen, Urinsekten wie der Felsenspringer, in Felsnischen brütende Vögel wie Uhu und Wanderfalke. Steilwandspezialisten gibt es jedoch auch unter den Menschen - Kletterer. Deren sportliche Interessen und der Schutz der Natur prallen am Fels steinhart aufeinander. Manche Wanderer merken oft gar nicht, dass sie zerstören, was sie lieben, obwohl sie doch nur ihre Freizeit in der Natur verbringen wollen. Der Film von Otto Hahn versucht, die Augen für die Schönheit der Naturlandschaft Schwäbische Alb zu öffnen, und betont gleichzeitig, dass der entstandene Nutzungskonflikt gelöst werden kann.

Natur nah: Steilwandspezialisten SWR Fernsehen

Lebensraum Elsass

Das Elsass ist eine ganz besondere Region im Herzen Europas, in der es noch wahre Naturschätze in großer Vielfalt gibt. Zwischen Rhein und Vogesen treffen warme Täler auf kühle Gebirgslagen. Hier liegen inmitten der vom Weinbau geprägten Kulturlandschaft sehr unterschiedliche Lebensräume nahe beieinander. Der Weißstorch, Symboltier der Region, ist mitten in den Dörfern anzutreffen. Die Zwergmaus dagegen bevorzugt Wiesen und Auwälder. Südhänge mit Trockenrasen sind das Revier der Smaragdeidechse und der vom Aussterben bedrohten Aspisviper. Gämsen verbringen die meiste Zeit auf den kühlen Felsen und Almen der Hochvogesen. Jede dieser Tierarten ist hervorragend an ihre jeweilige ökologische Nische angepasst. Dennoch befinden sie sich jedes Jahr aufs Neue in einem Überlebenskampf, in dem es darum geht, genügend Nahrung und einen Partner zu finden und ihren Nachwuchs durchzubringen.

Tiere und Pflanzen SWR Fernsehen

STAND
Autor/in
Tobias Mennle
Silke Harrer