Lebensräume · Im Bach | Hintergrund: Wasserqualität

Stand
Autor/in
Gisela Fritz

Wasserqualität und wie man sie bestimmt

Wasser ist nie gleich Wasser. Es gibt strahlend blaue Bergseen und stinkende, braune Tümpel. Bei Bächen und Flüssen ist es nicht anders. Die Wasser- qualität kann von Gewässer zu Gewässer unterschiedlich sein, sie ändert sich aber auch bei ein und demselben Fluss auf dem Weg von der Quelle zur Mündung.

Die Wasserqualität - oder Gewässergüte - hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Die Güte des Wassers wird hauptsächlich durch Nährstoff- und Sauerstoffgehalt bestimmt.
  • Sedimenttypen können die Gewässergüte unterschiedlich beeinflussen. Gibt es, zum Beispiel, hauptsächlich Schlamm auf dem Grund, ist das Wasser oft trübe, da der Schlamm leicht aufgewühlt wird. Bäche mit Kiesbett sind viel klarer.
  • Tiere und Pflanzen im und am Wasser sind wichtig für den Gütezustand. Manche tragen zur Selbstreinigung des Gewässers bei, andere belasten das Gewässer zusätzlich.

Diese Faktoren sind alle miteinander verknüpft. Viel Uferbewuchs, der reichlich Schatten wirft, hält zum Beispiel die Wassertemperatur niedrig. Dadurch kann sich mehr Sauerstoff im Wasser lösen, was es wiederum sauerstoffliebenden Tieren, wie z. B. Steinkrebsen, erst ermöglicht dort zu leben.

Die Tatsache, dass bestimmte Pflanzen und Tiere nur unter bestimmten Bedingungen vorkommen, macht man sich bei der Bestimmung der Wasserqualität zu Nutze. Sie dienen als Bioindikatoren bei der Gewässergütebestimmung. Bei fließenden Gewässern bedient man sich vor allem diverser Insektenarten, die die Wasserqualität anzeigen, bei stehenden Gewässern sind es die Wasserpflanzen.

Gewässergütebestimmung Bach/Fluss: Saprobienindex

Unterschiedliche Tierarten stellen unterschiedliche Anforderungen an ihren Lebensraum. Andererseits können Veränderungen in den Umweltbedingungen Veränderungen in der Tierwelt verursachen. Daher kommen zum Beispiel in einem Bach nicht an allen Stellen alle Tiere vor, obwohl sie theoretisch an alle Stellen gelangen könnten. Sie sind auf spezielle Umweltbedingungen angewiesen.

Die biologische Gewässergüte (Saprobie) verändert sich natürlicherweise im Lauf eines Flusses, da sich der Pflanzenbewuchs, die Fließgeschwindigkeit und der Sauerstoffgehalt entlang eines Bach- und Flussverlaufes verändern. Die Wasserqualität kann aber noch extremer durch menschgemachte Faktoren beeinflusst werden: z. B. durch Abwässer, landwirtschaftliche Düngung oder Kühlwasser aus Kraftwerken.

Durch langjährige Beobachtungen wurden die Tiere ermittelt, die in einem Lebensraum mit optimaler Gewässergüte vorkommen. Und man weiß, bei welchem Belastungsgrad die Tiere dort nicht mehr existieren können. Das Gleiche hat man auch für weitere Lebensgemeinschaften in leicht bist stark belasteten Gewässern festgestellt. Die Tiere können also nach ihrer bevorzugten Gewässergüte und Belastungsgrad unterschiedlichen Gewässergüteklassen zugeteilt werden. Mit Hilfe der Anzahl und der Zusammensetzung der in einem Gewässerabschnitt gefundenen Arten kann man umgekehrt die Gewässergüte dieses Abschnitts bestimmen. Tierarten, die in diese Klassen eingeteilt sind und zur Bestimmung der Gewässergüte herangezogen werden, nennt man Zeigearten, Indikatororganismen oder Bioindikatoren. Die Einteilung der Gewässergüte anhand der biologischen Eigenschaften nennt man Saprobienindex.

Drei Faktoren spielen neben den vorhandenen Tierarten eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des Saprobienindex:

  • die Häufigkeit der Tierart (h),
  • der Saprobienwert (s), der die Gewässergüte kennzeichnet, in denen die Tierart normalerweise vorkommt,
  • das Indikationsgewicht (G) zeigt an, wie stark das Tier auf eine Änderung der Gewässerqualität reagiert.

Zur Untersuchung wird das Gewässer in Bereiche mit ähnlichen Lebensräumen eingeteilt und sorgfältig auf alle darin vorkommenden Lebewesen untersucht. Dann kann man den Saprobienindex berechnen.

Durch regelmäßige Untersuchungen und Errechnung des Saprobienindex kann man Veränderungen und zunehmende Belastungen, aber natürlich auch Verbesserungen der Gewässergüte feststellen.

Ein Rechenbeispiel

Die Gewässergüteklassen von Fließgewässern

Gewässergüteklasse I

Das Wasser der Güteklasse I ist von Schadstoffen unbelastet. Es ist klar, nährstoffarm und besitzt das ganze Jahr hindurch einen hohen Sauerstoffgehalt. Der Untergrund besteht aus Kies, Sand und Steinen. Auftretender Schlamm ist höchstens mineralischen Ursprungs und ist kein Faulschlamm. Quellenregionen und gering belastete Oberläufe von Bächen gehören zu dieser Güteklasse. Die Nährstoffarmut dieser Gewässer verhindert eine reiche Pflanzen- und Tierwelt. Hauptsächlich findet man Rot- und Kieselalgen und Bachmoose. An Fischen gibt es Lachse und Forellen, die dieser Region ihren Namen geben. Aber auch Kleintiere kann man unter den Steinen und im Moos antreffen: Steinkrebse, Strudelwürmer, Käfer und Köcherfliegenlarven.

Gewässergüteklasse II

Diese Gewässer sind mäßig belastet, aber oftmals noch klar und nur von Zeit zu Zeit durch Algenbildung getrübt. Die Sauerstoffkonzentration unterliegt großen Schwankungen. Wie bei der Güteklasse I ist der Boden kiesig, sandig, steinig und selten schlammig. Aber auch hier findet man keinen Faulschlamm. Durch das etwas höhere Nährstoffangebot wachsen viele Algen und Pflanzen, oftmals sogar flächendeckend. Viele Tiere können hier in großer Anzahl vorkommen, darunter Schnecken, Kleinkrebse, Fliegen- und Mückenlarven und Strudelwürmer.

Gewässergüteklasse III

Hier ist das Wasser durch Abwassereinleitungen oft stark getrübt. Das Wasser ist mit Nährstoffen übersättigt. Der Sauerstoffgehalt kann unter wenige Milligramm pro Liter fallen. Dadurch kann es zu Fischsterben kommen. Da das Wasser langsamer fließt, lagert sich häufig Faulschlamm zwischen Steinen ab. Obwohl das Nährstoffangebot groß ist, leben kaum Fische in diesem Wasser. Pflanzen- und Kleintiere, die sich an Sauerstoffschwankungen und Nährstoffreichtum angepasst haben, treten in großer Anzahl auf. Hier findet man zum Beispiel Wasserasseln und Rollegel.

Gewässergüteklasse IV

Übermäßig stark verschmutzte Gewässer zeichnen sich durch häufigen Sauerstoffmangel aus. Die starke Aktivität von Bakterien verringert den Sauerstoffgehalt und führt dazu, dass Fäulnisprozesse ohne Sauerstoffverbrauch ablaufen müssen. Dadurch entstehen giftige Substanzen. Faulschlamm bedeckt den Boden oftmals flächendeckend. Nur wenige Tiere und Pflanzen können in einem solchen Lebensraum überleben. Im Schlamm und Wasser findet man Bakterien, Pilze und Zuckmückenlarven.

Bach- und Flussregionen

Fließgewässer kann man von ihrem Ursprung bis zur Mündung in verschiedene Regionen einteilen. Diese Regionen zeichnen sich unter anderem durch Unterschiede in Nährstoffen, Trübung, Temperatur und Sauerstoffgehalt aus. Die meisten Tiere, so auch Fische, stellen bestimmte Anforderungen an einen Lebensraum. Manche können zum Beispiel nicht in sauerstoffarmem Wasser leben, andere fühlen sich gerade hier sehr wohl. Daher hat man verschiedene Bach- und Flussgebiete nach den charakteristischen Fischen (Leitarten), die dort vorkommen, benannt. Damit ähnelt diese Einteilung im Grundsatz der Gewässergütebestimmung anhand von Kleintieren. Allerdings basiert die hier erläuterte Einteilung in die nach Fischarten benannten Abschnitte auf einem „idealen“ Bach/Fluss und wird nicht zur Bestimmung der aktuellen Wasserqualität herangezogen.

Forelle (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Regenbogenforelle

Forellenregion

Nah bei der Quelle fließt das Wasser schnell und seine Temperatur steigt auch im Sommer selten über 10°C. Es gibt viel Sauerstoff und wenig Nährstoffe. Ein Lebensraum, in dem sich vor allem die Bachforelle und die Groppe wohl fühlen, aber auch die nordamerikanische Regenbogenforelle und der Bachsaibling bevorzugen diese Bachregion. In den höher gelegenen Gebieten (bis zu 2000 m) ist die Nahrung begrenzt und die wenigen Fische bleiben meist klein. Doch in den tieferen Gegenden der Forellenregion gibt es ruhigere, tiefere Bachzonen, der Uferbewuchs wird größer und es gibt daher mehr Beutetiere. Die Forellen sind hier zahlreicher und auch größer. Zusätzlich findet man Bachschmerle und Elritze.

Ein Fisch der Art "Nase" (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Nase

Äschenregion

Die Äschenregion beginnt meist dort, wo sich mehrere Bäche zu einem kleinen Fluss vereinigen. Das Wasser fließt etwas langsamer durch flacheres Gelände. Der Untergrund ist meist kiesig. Die starke Strömung unterspült das Ufer und es entstehen ruhige, tiefe Zonen, so genannte Kolken. Das Wasser ist immer noch sauber und sauerstoffreich. Doch die Wassertemperaturen können hier im Sommer bis ca. 15°C steigen. Neben der Äsche kann man noch die Begleitarten der Forellenregion (Bachschmerle, Elritze) und Schneider, Döbel oder Nase finden.

Barbenregion

Dort wo das Gelände mehr und mehr abflacht, wird die Strömung langsamer. Es kommt zu Schlammablagerungen und dichtem Pflanzenbewuchs. Obwohl die Wassertemperatur im Sommer nun auf 20°C steigen kann, ist der Sauerstoffgehalt immer noch ziemlich hoch. Der Nährstoffgehalt hat zugenommen. Neben der Barbe findet man die Begleitfische der Äschenregion aber auch Rotauge, Rotfeder, Ukelei, Gründling, Flussbarsch und Hecht. In tieferen Zonen kann man auch schon mal einen Zander finden.

Brachsenregion

Nähert sich der Fluss seiner Mündung, beginnt die Brachsenregion. Da das Wasser sehr langsam fließt, kann sich auf dem Flussgrund nährstoffreicher Schlamm ablagern. Es entsteht ein üppiger Bewuchs an Wasser- und Uferpflanzen, Weiden und Schilf säumen das Flussbett. Es kann sich eine reiche Planktongemeinschaft entwickeln, die als Nahrungsgrundlage vieler anderer Organismen, z. B. Fischen, dient. Das Wasser erwärmt sich in dieser Region im Sommer stark. Sauerstoff wird im warmen Wasser schlechter gebunden als im kalten Wasser. Daher kann es hier im Sommer zu Sauerstoffmangel kommen. Hohe Nährstoffbelastungen, zum Beispiel durch Landwirtschaft, im Zusammenhang mit großer Hitze, können zu akuter Sauerstoffarmut und damit unter Umständen sogar zu Fischsterben führen. Hier leben neben Brachsen und Begleitfischen der Barbenregion auch Aal und Wels.

Kaulbarsch-Flunder-Region

So nah an der Mündung wird die langsame Strömung durch die Gezeitenbewegungen beeinflusst. Es kommt zu einer Mischung aus Süß- und Salzwasser (Brackwasser). Das Gelände ist sehr flach, die Ufer der Flüsse liegen weit auseinander. Es gibt Schlickbänke in den flacheren Wasserzonen. Brackwasser ist nährstoffreich. Es gibt viel Plankton, von dem wiederum viele Wirbellose wie Krebschen, Würmer usw. leben können. Die Salzkonzentration unterliegt aber großen Schwankungen, abhängig davon, ob der Fluss viel Wasser führt, ob es regnet oder ob große Stürme viel Salzwasser in die Mündung drücken. Auch wenn das Nahrungsangebot groß ist, können nur wenige Fischarten solche Schwankungen tolerieren. Kaulbarsch und Flunder sind zwei Arten, die sogar öfter zwischen Salz- und Süßwasser hin- und herwechseln. Andere Fische, die Wanderungen ins Süßwasser unternehmen, wie zum Beispiel der Lachs und der Aal, dringen von hier bis in die untere Forellenregion vor.

Gewässergütebestimmung Teich/See: Makrophytenindex

Unterschiedliche Pflanzen und Algen haben unterschiedliche Anforderungen an ihre Umwelt. Sie benötigen verschiedene Nährstoffe und unterschiedliche Nährstoffkonzentrationen und haben unterschiedliche Anforderungen an Licht, Temperatur und Sauerstoffgehalt. Manche Wasserpflanzen und -algen (Makrophyten) können Veränderungen in diesen Parametern nicht tolerieren und sterben z. B. bei zu hohem Nährstoffeintrag ab. Daher sind Makrophyten gute Bioindikatoren für den Zustand stehender Gewässer.

Zur Bestimmung der Gewässergüte anhand der Makrophyten werden in einem See die vorhandenen Arten bestimmt. Zudem wird geschätzt, wie häufig jede Art im See vorkommt.

Die Häufigkeit der Arten wird nach folgender Bewertungsskala geschätzt:

1 = sehr selten, Einzelfunde
2 = selten
3 = verbreitet
4 = häufig
5 = sehr häufig, flächendeckend

Um die tatsächliche Verbreitung der Pflanzen im See zu berechnen, werden die Schätzwerte um den exponentiellen Faktor 3 erhöht:

Beispiel: In einem See kommt die Vielstachelige Armleuchteralge selten, Schätzwert 2, vor. Nun wird die eigentliche Quantitätsstufe (Q) errechnet: Q = 2(hoch 3) = 8

Schätzwert12345
Quantitätswert182764125

Die gefundenen Pflanzen- und Algenarten werden nun Indikatorengruppen zugeordnet. Indikatorengruppen beinhalten Pflanzen mit unterschiedlichen Nährstofftoleranzen. Zur Gruppe 1,0 gehören Pflanzen und Algen, denen die Nährstoffkonzentration sehr schnell zu hoch wird. In Gruppe 5,0 findet man Arten, die sehr hohe Nährstoffkonzentrationen tolerieren können. Bis jetzt wurden ungefähr 44 Arten diesen Gruppen zugeordnet. Zu welcher Gruppe die Arten gehören, hat man durch Laborversuche mit Phosphat- und Stickstoffzugabe herausgefunden.

Nun ergibt sich der Makrophytenindex aus Indikatorgruppe und Quantitätsstufe nach folgender Formel:

Makrophytenindex (MI) = ((Indikatorgruppe Art 1x Qualitätsstufe Art 1) + (Indikatorgruppe Art 2 x Qualitätsstufe Art 2) + ...) : (Qualitätsstufe Art 1 + Qualitätsstufe Art 2 + ...)

Wurde ein See in unterschiedliche Abschnitte unterteilt, um das Bestimmen und Zählen der Makrophyten zu erleichtern, muss man den Makrophytenindex für den jeweiligen Abschnitt bestimmen und dann einen Mittelwert errechnen. Dabei muss man den prozentuellen Anteil eines jeden Abschnittes (L) berücksichtigen:

Aus dem Makrophytenindex kann man abschließend den Belastungsgrad eines Sees bestimmen:

Makrophytenindex (MI) = ((Makrophytenindex 1 x L1) + (Makrophytenindex 2 x L2) ... ) : (L1 + L2 ...)

MakrophytenindexBelastungsgrad
von 1,00 bis < 2,40sehr gering
von 2,40 bis < 2,70gering
von 2,70 bis < 2,95mäßig
von 2,95 bis < 3,30mäßig - erheblich
von 3,30 bis < 3,55erheblich
von 3,55 bis < 3,90stark
von 3,90 bis < 5,00sehr stark
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Gisela Fritz