total phänomenal · Sinne

Insekten

Stand
Autor/in
Dr. Erika Luck-Haller
Evelyn Bargs-Stahl

Mit Antennen riechen

Ameisenfühler (Foto: picture-alliance)
Ameisen riechen mit ihren Fühlern, den Antennen

Ein Insekt hat einen völlig anderen Körperaufbau als ein Wirbeltier. Verblüffenderweise haben Insekten aber eine ganz ähnliche "Technik" der Geruchswahrnehmung. Diese Technik ist nur etwas anders verpackt.

Ihr Riechorgan ist nicht die Nase, sondern sie riechen meist mit den Antennen oder auch mit anderen herausragenden Körperteilen. Auf den Antennen sitzen viele Tausend Riechsensillen, dies sind haarförmige Ausstülpungen mit geruchsempfindlichen Zellen, im Prinzip ähnlich den Riechzellen der Wirbeltiere. Insekten besitzen einen Außenpanzer, eine Cuticula. Diese harte Chitin-Haut überzieht auch die Antennen und ist über den Riechhaaren porös.

Je nachdem wie spezialisiert die Insekten auf bestimmte Nahrung sind, sind auch ihre Riechsensillen besonders empfänglich für den Duft dieser Lieblingsspeise. Heuschrecken reagieren speziell auf Gras, Totengräber auf Aasgeruch, Rüsselkäfer auf den Geruch von Nadelbäumen. Viele Insekten legen ihre Eier nur auf bestimmte Pflanzen, die sie am Geruch erkennen. So stellen sie sicher, dass ihre Babys sich nicht den Magen verderben.

Schmetterlinge (Foto: SWR)
Schmetterlinge reagieren auf kleinste Mengen Pheromone

Schmetterlinge

Wer Schmetterlinge über eine Wiese flattern sieht, ahnt nicht, wie konsequent diese Tiere ein Ziel ansteuern können: Dann nämlich, wenn sie einen Geruch entdecken, der ihnen vielversprechend erscheint. Besonders gut erforscht ist hier das Verhalten der "Seidenspinner". Schmetterlinge dieser Art stellen tatsächlich Seidenfäden her und werden deshalb schon lange vom Menschen als Nutztiere gehalten und beobachtet. Auf den Antennen des Seidenspinnermännchens sitzen die Riechsensillen, die den Duftstoff ihrer Weibchen nahezu perfekt riechen.

Historische Grafik zum Seidenspinner (Foto: Wikipedia)
Historische Grafik zum Seidenspinner
Molekülstruktur des Pheromons Bombykol (Foto: picture-alliance)
Molekülstruktur des Pheromons Bombykol

Paarungsbereite Seidenspinner-Weibchen produzieren das Pheromon Bombykol in Drüsen am Hinterleib und lassen es in die Luft ausströmen. Mehr tut das Weibchen erst einmal nicht. Es wartet. Es kann nicht einmal fliegen. Und doch gelingt es ihm, Männchen aus mehreren Kilometern Entfernung auf sich aufmerksam zu machen und herzulocken.

Das Bombykol breitet sich mit der Luftströmung aus, wobei die Konzentration des Duftes mit der Entfernung sehr schnell absinkt. Das Männchen ist hoch empfindlich für diesen Geruchsstoff. Schon ein einziges Bombykol-Molekül kann einen elektrischen Impuls auf seiner Antenne auslösen. Wenn 200 Bombykol-Moleküle passende Andockstellen getroffen haben, flattert es aufgeregt und fliegt schließlich los. Es sucht die Richtung, aus der die Geruchsmoleküle kommen. Je mehr Impulse auf seiner Antenne entstehen, desto konzentrierter wird der Geruch, desto näher ist das Weibchen!

Ameisen

Insekten verständigen sich oft über Pheromone (Foto: SWR)
Insekten verständigen sich oft über Pheromone

Düfte weisen den Weg

Wie kann ein Staat mehrere Millionen Einwohner, die ständig unterwegs sind, die alle verschiedene Aufgaben zu erledigen haben, die sich absprechen müssen, zusammen und auf dem Laufenden halten? Und dies ohne Telefon, Post, Handy oder Internet?

Es geht mit einem anderen Medium: Mit Duft. Im Ameisenstaat würde ohne Düfte nichts funktionieren. Nahezu die gesamte Kommunikation erfolgt über unterschiedliche Geruchsstoffe. Ameisen sind hier wahre Organisationsgenies. Sie benutzen Duftspuren, um zu Nahrungsquellen und wieder nach Hause zu finden. Sie kriegen Duftbotschaften, die sie veranlassen, der einen Larve dieses, der anderen Larve jenes Futter zu reichen. Sie erfahren über Geruchsstoffe beispielsweise, ob der Staat angegriffen wird oder ob sie zur Verteidigung heranrücken sollen.

Mit wenigen Duftstoffen alles sagen

Wie können solch komplexe Botschaften durch Geruch vermittelt werden? Ameisen haben mehr als zehn verschiedene Duftdrüsen an Kopf, Brust und Hinterleib, die jeweils nicht nur einen, sondern eine Mischung von chemischen Signalstoffen produzieren. Ein Beispiel ist ihre Dufour-Drüse. Es ist eine kleine zwiebelförmige Drüse am Hinterende der Ameise. Der Ausgang sitzt nahe der Giftdrüse. Pheromone, die dort freigesetzt werden, dienen zur Alarmierung, Rekrutierung und zur sexuellen Attraktion.

Graifik: Dufour-Drüse  Ameise (Foto: SWR)
Mit der Dufour-Drüse am Hinterleib produziert die Ameise Pheromone

Mit anderen Pheromonen können Ameisen ihren Artgenossen den Weg zu ergiebigen Futterquellen zeigen. Nur ein Mikrogramm (das ist ein Millionstel Gramm) des Spurduftstoffes einer Blattschneiderameise würde ausreichen, um eine Spur zu legen, die dreimal um die Welt führt. Eine Ameise hat insgesamt 0,1 bis 3 Mikrogramm Pheromon im Körper vorrätig.

Weitere Informationen zum Thema

Sendungen

Unterricht

Links & Literatur

Stand
Autor/in
Dr. Erika Luck-Haller
Evelyn Bargs-Stahl