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Geschichte der brasilianischen Sklaven

Ein schwarzes Mädchen auf dem Sklavenmarkt Sie wurden gejagt, als wären sie wilde Tiere. Dann wurden sie verfrachtet wie Vieh. Zuletzt wurden sie verkauft wie Gegenstände, sie wurden Privatbesitz anderer Menschen. Die schwarzen Sklaven begründeten in Brasilien wie in ganz Amerika den Reichtum der weißen Kolonialherren. Doch etwas war hier anders als in den britischen Kolonien Nordamerikas. Die Portugiesen bedienten sich freizügig der Indianer- und Sklavenfrauen und zeugten ohne Hemmungen "Caboclos" (Mischung von Weiß und Indianer) und Mulatten. Daraus machte der Soziologe Gilberto Freyre in seinem berümten Werk "Herrenhaus und Sklavenhütte" die These von der Rassenharmonie: "Wir leben in einer Rassendemokratie; sie ist nicht perfekt, aber sie ist die fortschrittlichste der Welt".


Doch die These ist falsch, die harmonische Vermischung der Rassen Illusion. Der scheinbar freundschaftliche Umgang, der in Brasilien zwischen den Klassen und Rassen tatsächlich zu erkennen ist, ist nur ein weiteres Instrument der Unterdrückung. Die großen Schriftsteller wie Jorge Amado ergötzen sich zwar an wollüstiger Liebe zwischen weißen Männern und dunklen Frauen - wie etwa in "Gabriela, Zimt und Nelken" - doch nie gehen aus diesen Verbindungen Kinder hervor. Das entspricht der Realität: Neun von zehn Brasilianern, ob weiß oder schwarz, heiraten einen Partner derselben Farbe. Die Mulatten sind nicht Kinder der Liebe zwischen Weiß und Schwarz, sondern die Folge der Vergewaltigung von Sklavenfrauen durch Gutsherren. Die Söhne der Herren wiederum lernten Sex bei der Küchenmagd, ohne Rücksicht auf die Folgen.


Der Traum von der Rassenharmonie hat sich den Brasilianern so sehr eingeprägt, dass die meisten das Problem des Rassismus nicht erkennen wollen. Hinzu kommt die Ideologie der "Weißmachung", lange offizielle Politik der Regierenden.Drei Gesichter schwarzer Jugendlicher. Mit der europäischen Einwanderungsbewegung des letzten Jahrhunderts glaubte man, das schwarze Blut "verdünnen" zu können. Irgendwann würde dann der wirkliche, ideale "Brasilianer" entstehen - weiß, aber mit hübscher, permanenter Strandbräune. Den Glauben, dass weiß besser sei als schwarz, hell besser als dunkel, machten sich auch die Schwarzen dermaßen zu eigen, dass die Kategorie "Mulatte" eine Art ideologischer Notausgang wurde: Jeder glaubt, einen noch dunkleren neben sich zu sehen, und er freut sich, nicht zu den allerletzten zu gehören. Die von allen Regierungen, ob Kaiserreich, Republik oder Diktatur eingetrichterte "Weißmachung" unterwarf die Schwarzen einem tiefen Minderwertigkeitskomplex, bis sie selber zu "Rassisten" wurden.


So festigte die weiße Oberschicht ihre Macht. Auch das Ende der Sklaverei war für die Betroffenen nur ein Teilerfolg. Am 13. Mai 1888 wurden die Sklaven Brasiliens befreit durch die "Lei Aurea", das Goldene Gesetz der Prinzessin Isabel, Regentin des kaiserlichen Hauses von Bragança. Doch eine Agrarreform, die alleine den Schwarzen die Möglichkeit geboten hätte, ihre Freiheit in Würde zu genießen, wurde von konservativen Abgeordneten blockiert. Schon 1850, als die britische Kriegsmarine die Regierung in Rio dazu zwang, den Import afrikanischer Sklaven zu verbieten, sicherte sich die brasilianische Oberschicht im Gegenzug das exklusive Recht auf Grund und Boden.


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