Thematische Schwerpunkte können sehr gut durch die Fokussierung einzelner Protagonisten gesetzt werden, da diese sehr scharf gezeichnet und symbolisch aufgeladen sind; die Protagonisten stehen jeweils für eine einzelne Gesellschaftsgruppen und Funktionen in einem organisierten, demokratischen Staatswesen (siehe Seite 12/13). Damit empfiehlt sich eine arbeitsteilige Konzentration auf die Protagonisten und ihr Verhalten.
Wichtig ist im Unterricht die strikte Trennung von Beschreibung und Wertung, damit Werturteile separat und kritisch besprochen werden können.
Beispiel „Beschreibung vs. Werturteil“
Klotz kündigt der Künstlerfamilie Kyliawikorowsky fristlos mit der Begründung, die Wohnung wäre zweckentfremdet. -> wertneutrale Beschreibung des Verhaltens auf Grundlage von Beobachtungen.
Klotz verhält sich unfair, denn er benachteiligt Schwächere, um selbst Vorteile zu erlangen. -> wertende Beschreibung des Verhaltens auf Grundlage moralischer Kriterien1
Entsprechend dem im vorigen Abschnitt formulierten Unterrichtskonzept zeigen wir am Beispiel der beiden Gegenspieler Klotz und Eugen exemplarische Beobachtungs- und Diskussionsschwerpunkte.
Klotz geht keine Kompromisse ein. Für ihn zählt nur der eigene Gewinn (= Auszug der Mieter, Abriss des Gebäudes). Mit allen Mitteln versucht er die Mieter zum Auszug zu bringen: Er sät Zwietracht unter ihnen („Wasseranschlag“), versucht sie zu bestechen (Gitta Strecker) oder kündigt fristlos.
Beschreibung und Bewertung des Verhaltens Klotzens („Was tut er? Wie bewerten wir das?“)
Großspuriges Gehabe; kein Verständnis für die „Kleinen“; versucht den Volkstanz zu stören; besticht, bedroht; verstellt sich im TV-Interview
-> unsympathisch, egoistisch und so weiter.
Gründe für das Verhalten Klotzens
Gewinnstreben; autokratisches Weltbild; soziale Arroganz
Das Haus Sackgasse 777 gehört Klotz. Warum sollte er einen Kompromiss mit den Bewohnern eingehen?
Gerechtigkeitssinn (der Klotz fehlt); geschicktes Marketing (das Haus bleibt stehen und dient als Beispiel für die gelungene Integration von Wohnen und Einkaufen)
Aus welchen Gründen geht Klotz am Schluss den Kompromiss ein?
Er wird von der Öffentlichkeit dazu gezwungen; das Volk beeinflusst in seiner Meinung auch andere Entscheidungsträger (Bürgermeister).
Wieso kann Klotz die öffentliche Meinung nicht ignorieren?
Das Volk hat mehr Macht (zieht die Baggerführer aus den Baggern).
Eugen ist jung und dynamisch. Er nimmt die Aggressionen von Klotz nicht einfach hin, sondern wehrt sich aus einem demokratischen Grundverständnis heraus: Er möchte Gerechtigkeit; aus seiner Sicht ist es ungerecht, dass ein einzelner Großunternehmer der ganzen Hausgemeinschaft Schwierigkeiten bereitet.
Dabei tritt Eugen dem scheinbar übermächtigen Klotz und seinen Schergen mutig entgegen und aktiviert die Hausgemeinschaft, da er sieht, dass er allein nichts gegen Klotz ausrichten kann.
Beschreibung und Bewertung des Verhaltens Eugens („Was tut er? Wie bewerten wir das?“)
Hört den Bewohnern zu, vermittelt; organisiert die Hausgemeinschaft, indem er Versammlungen einberuft und die Hausgemeinschaft vertritt; kämpft für die Gerechtigkeit
->sympathisch, mutig
Gründe für das Verhalten Eugens
Will Gerechtigkeit, seine eigenen Interessen durchsetzen; diskriminiert niemanden (Künstlerfamilie); Selbstlosigkeit (?); Anstöße durch seine Mutter
Eugen will das Problem mit Klotz selbst lösen und nicht zur Polizei gehen. Welche Gründe dafür hat er?
Glaubt an die eigene Stärke/die Stärke der Hausgemeinschaft; möchte sich nicht einschüchtern lassen von Elementen, die sich an der Grenze der Rechtsstaatlichkeit bewegen.
Wie reagiert Eugen auf die erlangte Berühmtheit?
Bekanntheit ist für ihn nicht erstrebenswert; er will Gerechtigkeit, Medienpräsenz ist für ihn nur Mittel zum Zweck.
Berthold Metz
unterrichtet Deutsch, Geschichte/Gemeinschaftskunde an den Berufsbildenden Schulen Neustadt; seit 2006 Abordnung an die Pädagogische Hochschule Freiburg im Projekt “Lernen für die Wissensgesellschaft“. Betreiber der Website www.lehrerfreund.de
Die staatsphilosophische Dimension (und damit die Frage, ob das jeweilige Verhalten demokratiekonform ist) wird in den unteren Klassen der Sekundarstufe I nur mittelbar berücksichtigt, indem die moralische Dimension in Hinblick auf das Wohl des Einzelnen und der Allgemeinheit bewertet wird.