Vom Rinnsal zum Strom – Fließgewässer

Sprudelnd tritt Grundwasser aus einer Quelle und fließt als dünnes Rinnsal oder als kleiner Bach den Hang hinab: Ein Fließgewässer ist entstanden. Alle Fließgewässer fangen einmal klein an. Auf ihrem Lauf in Richtung Mündung vereinigen sie sich mit anderen Fließgewässern und wachsen dabei immer weiter, bis ein Fluss oder sogar ein breiter Strom aus ihnen geworden ist. An seinem unteren Ende mündet das Fließgewässer in einen anderen Fluss, in einen See oder ins Meer.

Quelle
Quelle: Colourbox

Bäche, Flüsse oder Ströme – Bezeichnungen, die uns flüssig über die Lippen kommen, werden von Wissenschaftlern (Geografen) genau voneinander unterschieden. Einteilen lassen sie sich über ihre Wassermenge, über ihre Länge oder ihre Breite: Ist das Fließgewässer weniger als einen halben Meter breit, spricht man von einem Rinnsal, bei mehr als 2 Meter Breite von einem Bach. Schwillt das Gewässer bis zu 10 Meter Breite an, ist es ein Fluss. Und wenn es noch breiter wird, kann der Fluss als Strom bezeichnet werden. Von einem Strom spricht man beispielsweise beim Amazonas oder beim Nil, aber auch Rhein und Donau sind Ströme.

Nil
Quelle: Colourbox
Oberlauf Bach
Quelle: Colourbox

Die Wassermenge des Fließgewässers nimmt von der Quelle bis zu Mündung zu. Dennoch fließt es abwärts immer langsamer. Das kommt daher, dass der Hang, den es hinabfließt, oben steiler ist als unten. Und weil das Wasser oben schneller und talabwärts immer langsamer fließt, kann es am oberen Lauf mehr Sand und Geröll mitschleppen als am unteren. So wird am Oberlauf eines Flusses mehr Sand und Geröll abgetragen, am Unterlauf mehr abgelagert.

Donau
Quelle: Colourbox
Flussmündung
Quelle: Colourbox

Der Kreislauf des Wassers

Das Wasser auf der Erde ist immer unterwegs. Ständig bewegen sich gewaltige Mengen davon – zwischen Meer, Luft und Land – in einem ewigen Kreislauf, bei dem kein Tropfen verloren geht.

Wolkenhimmel über aufgewühltem Meer
Quelle: Colourbox

Der Motor des Wasserkreislaufs ist die Sonne: Sie erwärmt das Wasser der Meere, Seen und Flüsse so stark, dass es verdunstet. Auch Pflanzen geben durch winzige Öffnungen Wasserdampf in die Atmosphäre ab. Die feuchte Luft steigt nach oben, winzige Wassertröpfchen versammeln sich in der Höhe und bilden Wolken. Als Regen, Hagel oder Schnee fällt das Wasser zurück ins Meer oder auf die Erde. Fälllt es auf die Erde, dann versickert es im Boden, versorgt Pflanzen oder fließt durch den Boden, über Bäche und Flüsse zurück ins Meer. Der ewige Kreislauf aus Verdunstung, Niederschlag und Abfließen beginnt wieder von vorne.

Flusslauf
Quelle: Colourbox

Den Kreislauf des Wassers gibt es schon fast so lange wie es die Erde gibt. Er sorgt dafür, dass Lebewesen auf unserem Planeten mit Süßwasser versorgt werden. Und nicht nur das: Ohne den Wasserkreislauf würde es das Wetter, so wie wir es kennen, gar nicht geben.

Kind mit Gummistiefeln im Regen
Quelle: Colourbox

Niederschlag

Ganz egal ob es regnet, hagelt oder schneit – „schuld“ daran sind Wolken. Denn ohne Wolken gäbe es keinen Niederschlag. Allerdings kommt es vor allem auf die Temperatur an, ob es einen Regenguss oder wildes Schneetreiben gibt.

Regenwolken über Meer
Quelle: Colourbox

Die meisten Niederschläge auf der Erde fallen als Regen. Wenn kleine Wassertröpfchen in einer Wolke zusammenprallen, schließen sie sich zu immer größeren und schwereren Tropfen zusammen. Sind sie zu schwer, um weiter zu schweben; liegt die Temperatur über 0° Celsius, fallen sie als Regen auf die Erde.

Stadt im Regen
Quelle: Colourbox
Schneegebilde
Quelle: Colourbox

Bei sehr niedriger Lufttemperatur fällt der Niederschlag nicht mehr als Regen, sondern als Schnee. Die Schneeflocken wachsen aus sechseckigen Eiskristallen, die sich in sehr kalten Wolken durch Wassertröpfchen miteinander verkleben. Sind die Eisgebilde groß und schwer genug, tanzen sie als Schneeflocken vom Himmel herab.

Hagelkörner im Gras
Quelle: Colourbox

Ziehen dagegen starke Aufwinde durch eine hoch aufgetürmte Wolke, kann es Hagel geben. Kleine Tropfen aus dem unteren Teil der Wolke werden nach oben gewirbelt, wo es kälter ist als unten. Dort gefrieren sie zu kleinen Eiskügelchen, etwa so groß wie Stecknadelköpfe. Diese Eiskügelchen heißen Graupel. Wenn in einer sehr hohen Gewitterwolke bei starkem Wind die Kügelchen in der Wolke mehrmals auf und ab geschleudert werden, frieren immer mehr Regentropfen an den Kügelchen fest. Je mehr es die Eiskügelchen in der Wolke umhertreibt, desto größer und härter werden sie. Ab einem halben Zentimeter Durchmesser heißen diese Eiskugeln Hagel. Hagelkörner können größer werden als Tennisbälle und haben oft schon großen Schaden angerichtet.

Häuser im Hagelsturm
Quelle: Colourbox

Im Unterschied zu Niederschlag, der aus Wolken herabfällt, gibt es auch Niederschlag, der dicht an der Erdoberfläche entsteht. Wenn über Nacht die Temperatur am Boden sinkt, kann die Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen. Dann setzt sich das überschüssige Wasser am Boden, an Pflanzen oder an Gegenständen ab: Die Feuchtigkeit schlägt sich gut sichtbar als Tau nieder. Fällt die Temperatur in der Nacht unter 0° Celsius, friert das Wasser an den Gegenständen fest und bildet eine weißliche Schicht. Dann spricht man nicht mehr von Tau, sondern von Reif.

Tau am Spinnennetz
Quelle: Colourbox

Einzugsgebiet und Wasserscheide

Fällt in Furtwangen im Schwarzwald ein Regentropfen zur Erde, dann fließt er über das Flüsschen Breg in die Donau. Nach langer Reise landet er schließlich in Rumänien im Schwarzen Meer. Fällt der Tropfen dagegen nur wenige Kilometer nördlich von Furtwangen herab, dann schwemmt es ihn – wenn er nicht verdunstet oder versickert – irgendwann in den Atlantik. Denn dieses Gebiet wird über den Fluss Elz in den Rhein und in die Nordsee entwässert.

Regen prasselt auf den Boden
Quelle: Colourbox
Nordsee
Quelle: Colourbox

Jeder Fluss hat eine Landfläche, die – ähnlich wie ein Trichter – das Wasser zu ihm hin führt. Die Region, aus der ein Fluss sich speist, nennt sich Einzugsgebiet. Weil das Wasser immer von höheren Lagen in tiefere Lagen fließt, wird das Einzugsgebiet durch Gebirge und Bergkämme begrenzt. Diese trennen das Einzugsgebiet von anderen Flusssystemen ab. So kann es geschehen, dass Regentropfen, die nur wenige Zentimeter voneinander entfernt vom Himmel fallen, in eine andere Richtung geschwemmt werden und in weit voneinander entfernten Meeren landen.

Bergkämme begrenzen das Einzugsgebiet eines Flusses
Quelle: Colourbox
Das Wasser sammelt sich zu Bächen und Flüssen und fließt bergab.
Quelle: Colourbox

Die Grenze, die ein Flusseinzugsgebiet gegen ein anderes abgrenzt, ist die Wasserscheide. Die Einzugsgebiete von Donau und Rhein zum Beispiel sind durch die europäische Wasserscheide voneinander getrennt. Diese Tausende von Kilometern lange Wasserscheide begrenzt aber noch viele andere Einzugsgebiete: In Frankreich trennt sie die Rhône, die ins Mittelmeer fließt, von der Loire, die in den Atlantik mündet.

Französischer Teil der Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Atlantik
Quelle: imago stock&people

Eine Wasserscheide muss nicht für alle Ewigkeit auf derselben Linie verlaufen. Hebt sich ein Gebirge oder wird es durch Gletscher und Verwitterung abgetragen, verändert sich dadurch die Landschaft und das Gefälle. Auch kann ein Fluss, der sich tief in das Gelände eingräbt, einem anderen Fluss das Wasser „abgraben“. So hat zum Beispiel im Südschwarzwald die Wutach, ein Nebenfluss des Rheins, im Lauf der Zeit einige Quellflüsse der Donau angezapft und damit die Wasserscheide zwischen Donau und Rhein verschoben. Oder als Folge der Plattenbewegung kann sich eine Landschaft sogar an manchen Stellen in eine andere Richtung neigen, sodass das Wasser irgendwann in einen anderen Fluss abfließt.

Wasserscheide in Nordamerika: Richtung Westen fließt das Wasser in den Pazifik, Richtung Osten zum Atlantik
Quelle: imago stock&people

Steter Tropfen höhlt den Stein

Tiefe Schluchten im Gebirge, weite Sandstrände am Meer und breite Flüsse, die sich durch Wiesen und Felder schlängeln – all das sind Landschaften, die wir gut kennen. Weil sie so abwechslungsreich sind, finden wir sie eindrucksvoll und schön.

Schlucht mit Gebirgsbach
Quelle: Colourbox

Bildhauer all dieser Landschaften ist der Kreislauf des Wassers. So stark wie keine andere Kraft formt Wasser über kurz oder lang die Erdoberfläche. Es spült nach einem Regenguss Erdreich fort. Es gräbt sich in den Untergrund ein und löst Teile des Gesteins. Erde und verwitterten Gesteinsschutt trägt es mit sich ins Tal hinunter. Dort, wo das Wasser langsamer abfließt, lässt es seine Last aus Schlick, Sand und Geröll wieder los. Bei Hochwasser überflutet es die flachen Gebiete eines Tals, die Fluss-Auen. Auch hier lagert es feinen Schlamm ab. Fließt das Wasser schließlich ins Meer, bearbeitet es die Küsten und formt ganz unterschiedliche Landschaften, zum Beispiel Steilküsten oder lange Sandstrände.

Flussaue
Quelle: Colourbox
Sandstrand
Quelle: Colourbox

Auch in Form von Eis gestaltet Wasser die Landschaft. Gefriert Wasser in Gesteinsritzen, sprengt es den Stein. Als Gletscher hobelt es kerbförmige Flusstäler zu runden Trogtälern aus. Und auch die Moränenlandschaft im Voralpenland mit ihren Geröllhügeln und Felsbrocken ist das Ergebnis von Gletschern, die vor langer Zeit den Untergrund formten.

Gletschertal
Quelle: Colourbox

Warum fließen Flüsse in Schleifen?

Ähnlich einer Schlange windet sich die Mosel durch das Land. Ihre Biegungen und Schleifen haben sie berühmt gemacht. Dabei ist es gar nicht so ungewöhnlich, dass sich ein Fluss auf seinem Weg dahinschlängelt. In ihrem Mittel- und Unterlauf bilden Flüsse häufig Schleifen, sogenannte Mäander. Der Begriff stammt übrigens vom griechischen Namen „Maiandros“ für den Fluß Menderes in der heutigen Westtürkei.

Fluss-Mäander im Grand Canyon
Quelle: Colourbox

In diesen Schleifen fließt das Wasser mit unterschiedlicher Geschwindigkeit: An der Außenseite hat das Wasser einen längeren Weg, deshalb fließt es schneller und transportiert mehr Material. Daher wird die Außenseite der Kurve stärker abgeschliffen. An dieser Seite entsteht mit der Zeit ein steiler Hang, der Prallhang. An der Innenseite der Biegung dagegen fließt das Wasser langsamer, so dass sich das mitgeführte Material, zum Beispiel Schlamm und Kies absetzt. Hier bildet sich ein flacher Gleithang. Durch Abtragung an der Außenseite und Ablagerung an der Innenseite wachsen die Schleifen des Mäanders immer weiter nach außen.

Wo der Fluss langsamer fließt, lädt er seine Last aus Geröll ab.
Quelle: Colourbox

Dieser Vorgang verstärkt sich selbst immer weiter: Je stärker der Flusslauf gebogen ist, um so mehr unterscheiden sich die Fließgeschwindigkeiten an der Außen- und Innenseite, um so mehr Material wird abgetragen und abgelagert, und um so stärker wächst die Schleife nach außen. So können selbst kleine, zufällige Abweichungen vom geraden Flußbett im Laufe der Zeit zu starken Mäandern heranwachsen.

Wenn die Mäander wachsen, kommen die einzelnen Schleifen einander immer näher. Irgendwann kann es zu einem Mäanderdurchbruch kommen. Das Wasser fließt dann wieder auf dem direkten Weg. Vom alten Flusslauf bleibt ein sichelförmiger Altwasserarm übrig, der einen Umlaufberg „umschlingt“. Bekannte Umlaufberge liegen zum Beispiel an der Saar oder an der Mosel. Altwasserarme finden sich auch im Rheintal, im Oberrheingraben. Einige der Mäander des Rheins wurden allerdings künstlich durchstochen, um den Rhein zu begradigen und als Wasserstraße auszubauen.

Delta – Wasserlauf zwischen Fluss und Meer

Mächtig und träge ergießt sich der Nil ins Mittelmeer. Wie alle großen Flüsse, die durch eine Ebene fließen, wird auch der afrikanische Strom in Richtung Mündung immer langsamer. Aus der langsamen Strömung sinkt die Fracht aus abgetragenem Geröll und Sand zu Boden und lagert sich ab. Mit diesen Ablagerungen baut sich der Fluss sein eigenes Hindernis, das er umfließen muss. Das Ergebnis ist ein fein verzweigtes Geäst aus Sandbänken, Geröllhalden und Flussarmen, das zur Mündung hin immer breiter wird. Aus der Luft sieht dieses weit verzweigte Netz aus wie ein Dreieck. Wegen seiner Form wird es – nach dem gleichnamigen griechischen Buchstaben – als Delta bezeichnet.

Die Donau mündet in einem Delta ins Schwarze Meer
Quelle: Colourbox

Mit der Zeit häuft der Fluss Schicht um Schicht immer mehr Ablagerungen an. Der Flusslauf verschüttet seine eigene Mündung und das Delta ragt immer weiter ins Meer hinein: Der Fluss verlängert sich. Am Nil ist dieser Vorgang besonders gut sichtbar. Sein Delta beginnt bei Kairo und ist mittlerweile 160 Kilometer lang und an der Küste 240 Kilometer breit. Und das Nildelta wird immer größer: Geformt wie ein Fächer wächst es ständig weiter ins Mittelmeer hinein.

Sandbänke und Flussarme sind typisch für ein Flussdelta
Quelle: imago stock&people

Damit ein Delta entstehen kann, müssen noch weitere Bedingungen erfüllt werden. Die Küste muss flach sein, die Gezeiten und die Meeresströmung gering, denn nur dann werden die Ablagerungen vom bewegten Meerwasser nicht sofort wieder abtransportiert. Die passenden Bedingungen herrschen zum Beispiel am Unterlauf der Flüsse Po oder Donau. Beide Ströme münden in einem Delta ins flache Meer.

Fluss-Arme in einem Delta (auch zu Fluss-Mäander)
Quelle: Colourbox