6: Allergien

6.8 Allergie ist nicht gleich Allergie

Es gibt vier grundlegende Allergietypen, die sich hinsichtlich ihrer Immunreaktionen unterscheiden. Bei den Typen I-III erfolgt eine Sofortreaktion. Nur wenige Sekunden, höchstens aber Stunden vergehen, bis ein Allergiker Krankheitszeichen verspürt. Bei Typ IV spricht man von einer Spätreaktion, weil die Symptome erst ein bis zwei Tage später auftreten. Die Abwehrmechanismen, die bei Allergikern zu Überreaktionen führen, gehören zum normalen Repertoire des Immunsystems. Dadurch kann es auf die unterschiedlichen Strategien antworten, mit denen sich Krankheitserreger im Körper einnisten wollen.


Antikörper ©SWR
Antikörper

Typ I-Allergie

Hauptakteure sind IgE-Antikörper, die in extrem großer Zahl auf Mastzellen stationiert sind. Binden Allergene an die antikörperbewehrten Mastzellen, schütten diese Entzündungsstoffe aus. Die betroffenen Gefäße erweitern sich, das Gewebe schwillt an. Es kommt zu Juckreiz, vermehrter Sekretbildung und Hautausschlägen. Zu den Typ-I-Allergien gehören Heuschnupfen, allergisches Asthma, Neurodermitis und anaphylaktischer Schock.



Antikörper ©SWR
Antikörper

Typ II-Allergie

In diesem Fall stehen IgG-Antikörper im Vordergrund. Sie sind gegen Allergene auf der Oberfläche körpereigener Zellen gerichtet. Die IgG-Antikörper heften sich an allergenbesetzte Zellen und markieren diese als "feindlich". Fress- und Killerzellen sowie das Komplement werden aktiviert und schädigen das Gewebe durch verschiedene Giftstoffe. Diese Reaktion wird auch als zytotoxisch bezeichnet. Häufig sind rote Blutzellen betroffen, die durch ein Medikament ihre äußere Hülle so verändern, dass sie zur Zielscheibe einer allergischen Reaktion werden. Blutarmut und Gerinnungsstörungen können auftreten. Zu den Typ-II-Allergien zählen Unverträglichkeiten gegen Arzneimittel wie Penicillin.



Immunkomplex (Verbund aus Allergenen und Antikörpern) ©SWR
Immunkomplex (Verbund aus Allergenen und Antikörpern)

Typ III-Allergie

Bei Allergietyp III heften sich IgG- und IgM-Antikörper an lösliche Allergene, die in den Körper eindringen. Allergene und Antikörper verbinden sich wie Knäuel zu sogenannten Immunkomplexen. Davon bilden Allergiker so viele, dass die Abwehr mit der Beseitigung nicht nachkommt. An Gefäßwänden und Geweben setzen sich massenhaft Immunkomplexe fest. Sie werden von Fresszellen und Komplement mit giftigen Substanzen bekämpft. Dadurch entzünden sich auch angrenzende Gefäße und Gewebe. Typ-III-Allergien können durch Medikamente, aber auch von anderen Allergenen verursacht werden. Bekanntestes Beispiel ist die sogenannte Farmerlunge. Schimmelpilzsporen im Heu lösen die Allergie aus und bewirken eine chronische Entzündung des Lungengewebes.



T-Helferzelle ©SWR
T-Helferzelle

Typ IV-Allergie

Standen bei den bisher dargestellten Allergieformen Antikörper in vorderster Front, so sind es bei Typ IV vor allem T-Zellen. Sie bekämpfen Allergene, die sich in Abwehr- und anderen Körperzellen eingenistet haben und durch Allergenbruchstücke an ihrer Oberfläche verraten. T-Helferzellen aktivieren Fresszellen bzw. Langerhanszellen, um die vermeintlichen Feinde im Innern los zu werden. T-Killerzellen attackieren allergenhaltige Körperzellen. In beiden Fällen werden Entzündungsstoffe freigesetzt, die auch umliegendes Gewebe schädigen. Typ-IV-Allergien werden häufig durch Chrom-, Nickel- und Latexbestandteile ausgelöst, die nach längerem Hautkontakt ins Körperinnere gelangen. Ein bis drei Tage später rötet sich die Haut und juckt, es bilden sich Bläschen, Knoten und Ekzeme.