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Sprechertext Folge 3: Saboteure in Aktion

Zwei Jahre dauerte die Fahndung, dann hatten die Virusdetektive endlich Glück. 1983 zeigte sich im Elektronenmikroskop der Erreger der Immunschwächekrankheit AIDS. Ein tausendstel Millimeter groß, birgt er im Innern eine Kapsel mit tödlicher Sprengkraft. Das Fahndungsfoto des unbekannten Krankheitserregers trug fortan den Vermerk: HIV, Humanes Immunschwäche-Virus.


In den folgenden Jahren hinterließ das Virus seine Spuren auf der ganzen Welt. Das Virus suchte die Menschen Asiens ebenso heim wie die Völker Afrikas. Die Saboteure des Immunsystems attackierten Erwachsene ebenso wie Kinder. AIDS verschonte auch nicht die reichen Industrieländer, die schon geglaubt hatten, gegen die schlimmsten Seuchen gewappnet zu sein.


Berlin. Für eine Stunde in der Woche gehört das Bad einer kleinen Gruppe von Männern. Was sie außer dem Schwimmen zusammenführt, ist die gleiche Diagnose: HIV-positiv. Nur wenige wollen sich vor der Kamera zeigen. Einer von ihnen ist Benno Wirth.


HIV-Patient: "Gleich mit dem Testergebnis kam natürlich der große Absturz, und was da alles für Gedanken durch meinen Kopf gegangen sind, das ist unbeschreiblich. Angefangen von: Was wird jetzt? Was ist mit dir? Wirfst du dich gleich unter die Straßenbahn oder nimmst du einen Strick oder regelst du überhaupt erst mal deine ganzen Vermögensangelegenheiten, oder die Erbangelegenheiten, oder weiß ich was? Oder: Kann ich trotzdem weiterleben? Wie ist es mit weiteren sexuellen Partnern? Habe ich überhaupt noch die Möglichkeit, Sex zu machen, oder muss ich jetzt ganz drauf verzichten? Tausend Fragen, die innerhalb von Minuten durch den Kopf gehen."

Pfeil nach oben Mit der Enttarnung des HI-Virus begann in den sterilen Sicherheitslabors der westlichen Welt ein beispielloser Forschungswettlauf. Das Virus, das 15 Jahre nach seiner Entdeckung vierzig Millionen Menschen infiziert haben sollte, gab manches Rätsel auf. Wie wird es übertragen? Welche Zellen befällt es? Können Wirkstoffe die Vermehrung aufhalten? In Zellkulturen eingesperrt, unter ständiger Beobachtung, gab der subversive Erreger nach und nach seine Geheimnisse preis. HIV wird durch Blut, Sperma und Scheidenflüssigkeit übertragen, vorwiegend bei Sexualkontakten.


HIV vernichtet verschiedene Zellen des Immunsystems. Daher unterliegt die geschwächte Abwehr auf Dauer sogar harmlosen Krankheitserregern. Manche Fehleinschätzung konnte korrigiert werden. So versteckt sich das Virus nicht jahrelang in Zellen, bis es endlich aktiv wird, im Gegenteil.


Prof. Kurth: "Von Anfang an, vom Tag der Infektion an, wenn ich es etwas bildlich schildern darf, tobt ein Kampf zwischen Virus und Abwehr, vor allem natürlich der Immunabwehr. Es werden große Mengen Virus gebildet, permanent gebildet. Höchstens 1% der Viren sind in irgendwelchen Zellen versteckt, wo sie sich zunächst nicht vermehren. 99% replizieren. Es werden jeden Tag im HIV-Infizierten 1 Milliarde bis 100 Milliarden neue Viren gemacht. Die Viren selbst haben eine sehr kurze Halbwertszeit, die infizierten Zellen leben im Durchschnitt nur noch zweieinhalb Tage, dann muss das Virus neue Zellen infizieren, die es findet, die nachgebildet werden. Also mit anderen Worten: Die Virusmenge ist hoch, sie ist permanent hoch, sie ist unterschiedlich hoch, und aus der Virusmenge im Infizierten, die kann man heute sehr gut quantifizieren, kann man auch eine Prognose ableiten. Wenn z. B. HIV in einer bestimmten Menge vorkommt, kann man sagen: Dieser Mensch wird mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit in den nächsten fünf Jahren AIDS entwickeln. Ist die HIV-Belastung gering, kann man eine Aussage treffen: Dieser Mensch wird höchstens mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn Prozent in den nächsten fünf Jahren AIDS entwickeln."

Ungewissheit und sozialer Abstieg sind für viele HIV-Positive schwer zu ertragen. Benno ist Frührentner und bekommt Sozialhilfe. Für einen Vollzeitjob fehlen ihm die körperlichen Kräfte. Seelische Belastungen kommen dazu.


HIV-Patient: "Jedes Mal, wenn ich irgendwie mitkriege, dass da wieder ein Freund oder ein Bekannter von mir gestorben ist, dann stirbt ein Stückchen von mir selbst mit. Das zu verarbeiten ist auch sehr sehr schwierig. Die erste Zeit habe ich gedacht, als mir andere Leute erzählt haben: 'Ach, jetzt ist mein fünfzehnter Freund gestorben oder mein siebzehnter Freund gestorben' oder so was, als ich da gehört habe, dass man da mitzählt, da habe ich gedacht: Um Gottes Willen, wie kann man nur so was machen, so was Pietätloses. Aber ich mach es inzwischen auch. Ich weiß auch, wie viel Freunde von mir inzwischen verstorben sind. Das tut ganz schön weh."

Pfeil nach obenViren kennen keine Moral. In Millionen von Jahren haben sie ihre Überlebensstrategien entwickelt und im Erbgut verankert. Mit der Entschlüsselung des genetischen Codes versucht man, den Tricks der Viren auf die Spur zu kommen - Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts ebenso wie nationale und internationale Forschungsgruppen. Sie entdeckten mehrere HIV-Stämme, alle mit der gleichen unangenehmen Eigenschaft.


HI-Viren sind äußerst wandlungsfähig. Damit täuschen sie nicht nur die Immunabwehr. Sie erschweren auch die Entwicklung eines wirksamen Impfstoffs. Die mühsame Spurensicherung hat weitere Fakten gebracht, das Virus kann nicht mehr völlig verdeckt operieren.


Eine Fresszelle, die normalerweise in vorderster Front Krankheitserreger bekämpft, ist selbst infiziert. AIDS-Viren haben das Kommando übernommen und zwingen die Zelle, Millionen neuer Viren herzustellen. Nach dieser Fronarbeit wird die Fresszelle sterben. Mit solchen Sabotageakten verursacht das AIDS-Virus erhebliches Chaos im Immunsystem.



HI-Viren sabotieren ausgerechnet jene Immunzellen, die direkt oder indirekt der Abwehr von Krankheitserregern dienen. Sie infizieren Fresszellen und nutzen diese zur Vermehrung.


Eine besonders verhängnisvolle Attacke des Virus richtet sich gegen die Helferzellen, die als Commander des Immunsystems entscheidende Abwehrmaßnahmen koordinieren. Will das Virus eine Helferzelle entern, muss es genau in deren Doppelrezeptor einrasten.


Jetzt kann das HI-Virus seine tödliche Erbinformation einschleusen. Sie liegt zunächst in verschlüsselter Form vor, wird aber mithilfe von Enzymen in eine lesbare Kopiervorlage umgewandelt. Der Vervielfältigung der Viren steht nichts mehr im Wege.

Pfeil nach obenHI-Viren haben eine Schwachstelle. Sie brauchen die Hilfe von Enzymen. Blockiert man diese mit Medikamenten, stoppt auch die Virusproduktion. Ohne eine entsprechende Therapie vermehren sich die Viren ungehemmt und lösen schließlich den Tod der Helferzelle aus. Das Signal für den Zelltod erreicht auch benachbarte Helferzellen, die ebenfalls zugrunde gehen. Das Immunsystem wird geschwächt.


Ein Weg, die Helferzellen zu schützen, besteht im Blockieren ihres Rezeptors. Das Virus kann seine Erbinformation nicht weitergeben. Vorbild für einen derartigen Ansatz sind die wenigen Menschen, denen ein Teil des Helferzell-Rezeptors fehlt. Sie verfügen damit über einen natürlichen Schutz. Die HI-Viren können nicht einrasten, und die für die Immunabwehr wichtigen Helferzellen bleiben intakt.


Die weite Verbreitung der HIV-Infektionen in den Industrieländern hat den Pharmaunternehmen einen großen Markt beschert. Sie investierten erhebliche Summen in die Forschung. Alle bisher entwickelten Medikamente enthalten Wirkstoffmoleküle, die an verschieden Stellen der Virusentwicklung hemmend eingreifen.


Es zeigte sich schnell, dass HI-Viren gegen Einzelsubstanzen resistent wurden. Seither setzen die Mediziner auf die Kombinationstherapie.


Prof. Kurth: "Durch die Neuentwicklungen von weiteren Medikamenten, die woanders in den Lebenszyklus von HIV eingreifen - HIV muss Reifungsschritte durchmachen - baut man jetzt mehrere Hürden gleichzeitig auf, parallel, sodass das Virus nicht nur einmal mutieren muss, sondern mindestens dreimal, zum Teil auf sehr komplexe Weise. Und selbst, wenn man Millionen neuer Partikeln jeden Tag macht, das fällt dann schon schwer, sodass man jetzt - das hat man in klinischen Versuchen herausgefunden - durch eine Mehrfachtherapie, Kombinationstherapie, die Virusmenge um 99 oder um 99,9% dauerhaft reduzieren kann. Und das bringt für die Infizierten, für die Ärzte, für die Wissenschaftler eine bisschen Hoffnung. Ich weiß nicht, ob damit das Problem gelöst ist, kein Mensch kann das heute sagen."

HIV-Patient: "Ich nehme inzwischen die Dreierkombination, somit kommt es, dass ich vormittags fünf Tabletten einnehme und abends noch mal fünf. Mir ist es wirklich lieber, eine Handvoll Pillen einzunehmen, als drei oder fünf Jahre früher zu sterben. Mir macht es eben nichts aus mit den Tabletten."

Pfeil nach oben Viele HIV-Positive geben sich als solche nicht öffentlich zu erkennen. Sie befürchten Nachteile im Beruf, in ihrem privaten Umfeld. Benno Wirth ist aus der Anonymität herausgetreten, er wollte offen über sich sprechen.


HIV-Patient: "Also, ich habe früher sehr promisk schwul gelebt und lebe es auch heute noch. Und klar war auch damals in der DDR-Zeit, ich komme aus der DDR, war schon das Wissen vorhanden, auf welche Art und Weise ich mich infizieren kann. Aber wenn man dabei ist, da fällt die Frage, nach dem Kondom zu greifen, soweit hinten runter, da denkt man wirklich meistens nicht dran."

Einem Virus, das die intimsten menschlichen Beziehungen berührt, kann man nicht allein mit den Mitteln der Medizin beikommen. Aufklärung und ein verändertes Verhalten tragen dazu bei, das Infektionsrisiko drastisch zu senken. Dafür wirbt seit 1987 die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - mit Erfolg!


HIV-Patient: "Jedes Mal, wenn ich Sex habe mit einem Partner, dann ist immer im Kopf dieses Virus präsent, es kann heute eigentlich gar nicht mehr passieren, dass ich das Kondom vergesse."

Benno engagiert sich in der AIDS-Hilfe. Ihm liegt daran, dass man HIV-Positiven ohne Voruteile begegnet.


HIV-Patient: "Es ist so, dass es heute immer noch heißt: AIDS ist pfui, ist schmutzig, weil eben auch mit Sex verbunden. Klar gibt's auch einige wenige, die durch Blutinfusionen infiziert worden sind, aber die drückt man dann schon in die Kategorie, das sind die guten Positiven, und das andere sind die schmutzigen Positiven, die sich durch Sex infiziert haben. Das spürt man schon irgendwie."

Nach wie vor werden HIV-Positive, erst recht AIDS-Kranke, von weiten Teilen der Gesellschaft ausgegrenzt. Kein neues Phänomen, wenn man die Geschichte der Geschlechtskrankheiten betrachtet. Ein amerikanischer Spielfilm über den Immunologen Paul Ehrlich zeigt das eindrucksvoll.


Film: "Herr Geheimrat, darf man fragen, womit sie sich im Augenblick beschäftigen?" "Syphilis! Ich entwickle ein neues Prinzip."

Das neue Prinzip, das Paul-Ehrlich im Jahre 1909 fand, war die Chemotherapie, heute eine der wichtigsten Waffen im Kampf gegen AIDS.


Film: "Wie lange habe ich auf diese Stunde gewartet, jetzt sind wir endlich am Ziel, nach wie viel Mühen und Enttäuschungen."

Mit dem Wirkstoff Salvarsan ist das langersehnte Medikament gegen Syphilis gefunden.


Film: "Nehmen Sie mich, Doktor!"

Pfeil nach obenDie "Erben" Paul Ehrlichs gehen andere Wege. Am gleichnamigen Institut werden Botenstoffe untersucht, mit denen sich die Abwehrzellen untereinander verständigen. Die AIDS-Forscher versuchen Botenstoffe zu isolieren, die auf natürliche Weise die Virusvermehrung bremsen.


Killerzellen, die in erhöhter Zahl bei Langzeitüberlebenden auftreten, senden solche hemmenden Botenstoffe aus. Empfänger sind die Helferzellen, in denen die Vermehrung der Viren unterdrückt wird.

Prof. Kurth: "Wenn man AIDS oder die HIV-Infektion als globales Problem korrigieren oder beseitigen möchte, hilft nur die Impfung. Die Entwicklungsländer werden sich die teure medikamentöse Therapie in keinster Weise leisten können und sagen das auch sehr deutlich. Impfstoffe sind billiger, wenn sie wirken. Aber, es ist kein Geheimnis, dass nach zehn Jahren intensiver Impfstoff-Forschung im AIDS-Gebiet auf internationaler Ebene und trotz Einsatz von einer Milliarde Dollar zum heutigen Zeitpunkt kein Impfstoff unmittelbar vor der Tür steht. Warum, wissen wir Wissenschaftler nicht einmal. Wenn wir das wüssten, könnten wir ja versuchen, dagegen anzugehen. Wir wissen zum Beispiel bis heute nicht, welcher Arm der Immunantwort, ob es Antikörper sind, oder die zelluläre Immunabwehr, gegen HIV schützen kann. Und wir haben auch keinen praktikablen Impfstoff für eine große Menge von Impflingen anzubieten."

An Impfstoffen wird in aller Welt geforscht. Allerdings sind sie vorerst nicht für Menschen bestimmt.


Rhesusaffen können sich mit dem SI-Virus infizieren. Es ist dem menschlichen AIDS-Virus ähnlich und ruft bei den Tieren die gleichen Krankheitssymptome hervor. Wirkt die vorbeugende Schutzimpfung, werden die Affen immun. Um die Wirksamkeit von Impfstoffen zu überprüfen, sind die AIDS-Forscher auf erfolgreiche Tierversuche angewiesen. Erst dann sind Tests an Menschen verantwortbar.


Vor allen Untersuchungen müssen die Affen kurzzeitig betäubt werden, sonst würden sie im Labor um sich beißen. Wochen nach der Verabreichung des experimentellen Impfstoffs sind die Tiere mit dem krankmachenden SI-Virus infiziert worden. Im Blut der meisten Tieren waren schon nach kurzer Zeit keine Viren mehr nachweisbar. Ein ähnlicher Erfolg beim Menschen wäre der erhoffte Durchbruch.


Pfeil nach oben Simbabwe. Wie in den meisten Staaten Südafrikas hat das AIDS-Virus einen schlimmen Verbündeten gefunden, bittere Armut. Auf dem Land trifft man überwiegend Frauen, Kinder und alte Menschen. Die kargen Felder geben nicht genug her. Wirtschaftliche Not zwingt die Männer, anderswo Arbeit zu suchen, weit weg von zu Hause. Viele verdingen sich als Wanderarbeiter auf einer der großen Plantagen. Dort treffen sie auf fremde Menschen, die aus allen Regionen des Landes und aus den Nachbarstaaten kommen.


Mit dem traditionellen dörflichen Leben in geordneten Stammesgemeinschaften hat das nichts mehr gemein. Die Familien sind auseinandergerissen. Allein, auf sich gestellt, erliegen die meisten Männer den Verlockungen des Alkohols und der Prostitution. Sex gegen Geld ist für einen Großteil der Frauen die einzige Möglichkeit, ihre Familie durchzubringen. So werden die Kneipen zur Drehscheibe gegenseitiger Infektion. Frauen wie Männer tragen das Virus in ihre Familien.


In weiten Teilen der Bevölkerung hat es sich zwar herumgesprochen, wie man sich vor AIDS schützen kann. Aber der Griff zum Kondom bleibt das Privileg der Besserverdienenden. Wem das Geld für das Nötigste fehlt, der kann sich erst recht keine teuren Kondome leisten.


Uganda. Die Aufklärung in Sachen AIDS hat einiges bewirkt und das Sexualverhalten geändert. Die Zahl der Neuinfektionen ist drastisch gesunken. 'Ungeschützter Sex muss tabu sein', sagt dieser Arzt. 'Anfassen und pflegen könnt ihr die Kranken, ohne dass ihr euch ansteckt.'


Das Hospital in Kampala. Hier zeigt sich, wie das HI-Virus mit aller Härte zuschlägt. Das wehrlose Immunsystem verliert allmählich den Kampf gegen Pilze, Viren und Bakterien. Todesursache sind fast immer Infektionen, die gesunden Menschen kaum etwas anhaben können.

Pfeil nach oben Thailand, das Mekka des Sextourismus und einer der AIDS-Brennpunkte in Asien. Im Rotlichtmileu suchen Männer aus dem reichen Westen möglichst junge Frauen. Das Angebot ist vielfältig, denn der regelmäßige Besuch von Bordellen ist auch bei Einheimischen weit verbreitet. Die Strichmädchen, manche kaum älter als zehn Jahre, gehen ein hohes Infektionsrisiko ein.


In den Dörfern im Norden Thailands rekrutieren Zuhälter den Nachschub. Die Bewohner sind arm und jede Geldquelle ist willkommen. Wenn die Töchter das richtige Alter erreicht haben, werden sie von ihren Familien oder Verwandten für ein Jahr in die Prostitution verkauft. Viele kommen krank zurück. Der Weg ins ferne Bangkok und die Trennung von einer vertrauten Umgebung fällt den Töchtern schwer. Aber aus Pflichtgefühl gegenüber ihren Eltern wagen die wenigsten, Widerstand zu leisten.


Es gibt aber auch ermutigende Tendenzen. Ein Regierungsprojekt unterstützt gefährdete Mädchen finanziell. Dadurch konnte die Familie des Dorffotografen auf den Verkauf der Tochter verzichten. Ramjai hatte sich geweigert, ins Bordell zu gehen. Seither wird sie von der Dorfgemeinschaft gemieden.


Mädchen: "Mädchen, die sich weigern, Prostituierte zu werden, betrachtet man sehr feindseelig. Mich zum Beispiel, aber auch andere Mädchen. Wir werden gefragt, warum wir nicht nach Bangkok gehen. Im Dorf gelten wir als eingebildet. Die anderen dürfen keinen Kontakt zu uns haben, und die Mädchen, die nach Bangkok gegangen sind, wagen nach ihrer Rückkehr nicht mal mit uns zu sprechen."

Das Töchterprojekt sorgt für eine weiterführende Schulausbildung. Wer sich vor seinen Eltern nicht sicher fühlt, kann auf dem Schulgelände wohnen. Die meisten Mädchen lernen dort das erste Mal, selbständig zu leben, ohne den Druck des Familienclans.


Mädchen: "Ich wäre sicher heute auch in Bangkok, meine Tante hatte schon gesagt, dass es Zeit sei arbeiten zu gehen."

Jungen und Mädchen sind durch die verbreitete Kinderprostitution gefährdet. Entsprechend hoch ist das AIDS-Risiko. Ohne eine Verbesserung der Bildungschancen und der sozialen Verhältnisse wird sich daran wenig ändern. Wer statt der Armut vor Augen Aussichten auf eine qualifizierte und angemessen bezahlte Arbeit hat, der wird weniger anfällig sein für das schnelle Geld der Prostitution. Das gilt nicht nur für Thailand.

Pfeil nach oben Es wäre fatal, bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten allein auf die Medizin zu setzen, ohne die sozialen Probleme anzupacken. Erfahrungen mit der Tuberkulose, die häufiger als Folge einer AIDS-Erkrankung auftritt, zeigen, wie schnell die Waffen der Mediziner stumpf werden können. Der Masseneinsatz von Antibiotika hat vermehrt resistente Stämme von Tuberkelbakterien entstehen lassen. In diesem Test wirkt nur noch ein Antibiotikum optimal und bildet einen großen Hemmhof. Alle anderen Präparate schneiden schlechter ab. Gegen das letzte Antibiotikum ist der Erreger resistent.


Ein Mann auf dem Seziertisch. Todesursache Tuberkulose. Jedes Jahr sterben an dieser Krankheit weltweit drei Millionen Menschen, doppelt so viele wie an AIDS. Sorge bereiten Stämme von Tuberkelbakterien, gegen die keines der gängigen Antibiotika wirkt.Die resistenten Bakterien fressen ungehindert große Hohlräume in die Lunge. Der Patient erstickt. In der Resistenz zeigt sich die gefährliche Anpassungsfähigkeit mancher Erreger. Der Kampf Mensch gegen Mikrobe geht also weiter.

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