Bannerbild (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)

Seeking Refuge

Zuflucht gesucht | Unterricht (Deutsch)

Stand
Autor/in
Ursula Becky

Einsatz im Deutschunterricht (Grundschule): Zuflucht gesucht

Inhalt der Sendung

Die Sendung behandelt das Thema „Ankommen in Europa“ aus kindlicher Flüchtlingssicht auf für die Zuschauer eindringliche und sehr berührende Weise. In fünf Zeichentrick-Episoden erzählen Kinder und ein Jugendlicher ihre bewegende (authentische) Geschichte. (Afghanistan, Eritrea, ein ungenanntes Land in Zentralasien, Simbabwe und Iran).

Die Sendung spricht durchweg die emotionale Ebene an. Politische, wirtschaftliche und religiöse Themen sowie Fluchtrouten werden zwar kindlich formuliert angesprochen, sind jedoch nicht Hauptinhalt des Films. Die eigentlichen Themen sind universelle Gefühle, die mit dem Thema Flucht verbunden sind und überall als unerträglich empfunden werden. Die einzelnen Kurzfilme beschreiben jeweils die Ausgangssituation in dem Herkunftsland der Kinder, dem mehr oder weniger unverstandenen Hintergrund ihrer Flucht, die Gefühlslage vor und während ihrer Flucht, das Heimweh und das Erleben einer mehr oder weniger ausgeprägten Willkommenskultur in ihrem Zielland. Ein wesentlicher Punkt ist hierbei das Zugehörigkeitsgefühl zu Freunden in der Schule. Hier ist das eigentliche Thema „Integration“ verortet, das jedoch bei den Zuschauern rein auf der emotionalen Ebene und nicht auf der politischen Ebene angesprochen wird.

Navid und seine Mutter an der Passkontrolle. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
Navid und seine Mutter fliehen aus dem Iran Bild in Detailansicht öffnen
Ali aus Afghanistan. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
Ali wurde auf der Flucht aus Afghanistan von seinen Eltern getrennt Bild in Detailansicht öffnen
Hamid und seine Mutter trauern. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
Hamid erfährt, dass sein Vater gestorben ist Bild in Detailansicht öffnen

In den einzelnen Episoden zeigen sich jeweils am Ende entweder Perspektiven, Hoffnungen, Sehnsüchte oder aber Trauer. Die Sendung verzichtet auf Systembewertungen der Herkunftsländer und Integrationspolitik des Ziellandes und ruft nicht zu grenzenloser Toleranz auf. Er wirbt vielmehr für Empathie und Perspektivwechsel im Zusammensein mit Menschen anderer Herkunft, was auch im Kontext mit anderen Randgruppen oder Neuankömmlingen verstanden werden kann.

Der künstlerisch ästhetische Wert der Kurzfilme unterstützt dieses Anliegen. Die Bilder schaffen es, „Emotion pur“ sichtbar und nachvollziehbar zu machen. Die 5 Episoden holen die Zuschauer an einer Stelle ab, wo sie für dieses Thema geöffnet werden können. Das Thema der Filme ist demnach nicht nur Toleranz und Verständnis gegenüber „Fremden“, sondern interkulturelle Öffnung.

Rachel im Gefängnis. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
Rachel und ihre Familie kommen in Abschiebehaft

Bezug zum Bildungsplan

Die Bildungspläne (siehe beispielsweise Baden-Württemberg - Stand 2013) sehen fächerübergreifend vor, die allgemeine „Verständigungsbereitschaft zu erhöhen, Urteilsfähigkeit zu üben, die die veränderlichen Sachverhalte unseres Lebens fordern“. Hierbei ist vorrangiges Ziel, Einstellungen (Haltungen, Überzeugungen, Gewohnheiten) herauszubilden. Als didaktisches Prinzip wird unter anderem „veranstaltendes Lernen“ vorgeschlagen, bei dem die Idee im Mittelpunkt steht, Lernen bedeutsam und bewegend zu organisieren. Dabei soll nicht „Fertiges“ gelehrt werden, sondern es sollen Inhalte angeboten werden, die Schüler umtreiben oder aufreiben. Personale Kompetenzen, wie die Fähigkeit sich selbst, andere Personen und Situationen einfühlsam wahrzunehmen und zu reflektieren, sind bei dieser Lernform die Fernziele.

Für das Fach Deutsch sieht der Bildungsplan unter anderem die Kernkompetenz Gesprächskultur (verständlich ausdrücken – verstehend zuhören) sowie das Entwickeln eigener Schreibideen vor.

Der Fächerverbund MeNuK fordert im Themenkomplex Ich-du-wir einen Erfahrungsaustausch unter Schülern, der unter anderem die Kompetenz der Empathie anlegen soll. Bereits ab Klasse 2 sollen die Konzepte Vertrautheit, Fremdheit, Zugehörigkeit und Heimat bearbeitet werden. Dies gilt entsprechend für den Sachunterricht in den Grundschulen der anderen Bundesländer.

Einsatz der Sendung

Die Kurzfilme eignen sich für die Fächer Deutsch, DaZ (Deutsch als Zweitsprache), idealerweise im Verbund mit MeNuK oder Religionslehre. Fächerübergreifend gibt die Sendung Anstöße für Themen mit interkulturellem Potential. Um das Thema nachhaltig als innere Haltung in den Schülern anzulegen, bietet es sich an, das ganze Material nicht an einem Vormittag „abzuhandeln“. Nach einem ersten Abspielen und Reflektieren eines Films (siehe Unterrichtsvorschlag) ist es vorteilhafter, einzelne Themenbereiche / Arbeitsblätter immer mal wieder in das Unterrichtsgeschehen, das sich thematisch dafür hergibt, einzustreuen. Auf diese Weise lässt sich eher eine nachhaltige Wirkung der Sendung und des Begleitmaterials erzielen.

Materialliste

- Würfel
- Handzettel

- Schreibmaterial

- Schere

- Kleber

- Plakatpapier

Juliane vor einem leeren Teller. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
In ihrer Heimat Simbabwe muss Juliane oft hungern

Unterrichtsvorschlag

Die emotionale Wirkung der Sendung und die Empathiefähigkeit der Schüler können gesteigert werden, wenn man der Vorführung ein Spiel vorschaltet, das auf verblüffende Weise die Themen:

- „Ankommen“

- „Spielregeln“

- „Nicht-verstanden werden“ und

- „Zugehörigkeit“

anstößt. Die Schüler werden sozusagen über einen spielerischen Umweg, der das Thema „Kulturen“ zunächst überhaupt nicht durchscheinen lässt, für das Filmthema aufgeschlossen. Es bietet sich an, diesen Aufbau beispielsweise im Fach Deutsch oder MeNuK durchzuführen.

Das dreiteilige Arbeitsblatt 1 (Spielkulturen, a,b und c) gibt Regieanweisungen für die Lehrkraft zur Durchführung des Spiels (a), die Spielanleitungen für die Schüler (b) und einen Auswertungsbogen (c), der als Gesprächs- oder Diskussionsgrundlage dienen kann. Hierbei sollte es gelingen, die Überleitung zum Thema „Ankommen in einer fremden Kultur“ und „kulturelle Spielregeln“ voranzutreiben.

Kleines Boot auf dem Meer. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
Viele Fluchtwege sind sehr gefährlich Bild in Detailansicht öffnen
Bewaffneter Mann steht im Eingang. (Foto: SWR – Screenshot aus der Sendung)
Verfolgung und Vertreibung sind in vielen Ländern an der Tagesordnung. Bild in Detailansicht öffnen

Im Anschluss daran bietet es sich an, einzelne Episoden der Sendung abzuspielen. Die folgenden Arbeitsblätter sind mehrheitlich so verfasst, dass die Episoden übergreifend eingesetzt werden können.

Da die Episoden die Gefühle der Kinder sehr stark ansprechen können, ist es wichtig nach, in Einzelfällen vielleicht auch schon während der Filmvorführung Gelegenheit zu spontanen Reaktionen zu geben. Die Gefühle sollten spontan versprachlicht werden können, ideal, wenn sich die Kinder untereinander über ihre Gefühle austauschen. Die Lehrperson sollte dabei darauf achten, alle Schüleräußerungen als gleichwertig zu akzeptieren und den Schüler in seiner Befindlichkeit zu bestärken. Erst danach sollte das Lehrer-Schüler-Gespräch gezielter gesteuert werden und in die Reflexion über das Gesehene münden.

Nach einer Reflexionsphase, die je nach Alter der Kinder unterschiedlich lang ausfallen kann und in der durch die Lehrkraft vielleicht noch einmal der Bogen zum „Spielkulturen“-setting geschaffen werden kann, können wahlweise alle oder nur einzelne Arbeitsblätter (2-7) für unterschiedliche Aspekte, die für die Verarbeitung des Filminhalts wichtig erscheinen, eingesetzt werden. Für die Arbeitsblätter gibt es (außer Arbeitsblatt 4) keinen Lösungsschlüssel, da sich die Bearbeitung jenseits von richtig und falsch abspielt.

Nach der Bearbeitung der Arbeitsblätter empfiehlt sich jeweils eine Auswertung in Form von Gesprächen in der Kleingruppe oder im Plenum. Sollten Sie Arbeitsblätter als Hausaufgabe verteilen, sollte ebenfalls eine derartige Auswertung erfolgen.

Arbeitsblatt 2 "Sprachlos …" thematisiert die sprachliche Überforderung der Ankömmlinge aus einer fremden Kultur. Die Übung, fremde Schriftzeichen zu sehen, abzuschreiben und sich einzuprägen, versetzt Nicht-Angehörige dieser Sprachkultur in die gleiche Kulturschockstarre, der die kindlichen Protagonisten des Films ausgesetzt waren, als sie hier in Europa ankamen. Sollten Vertreter der genannten Kulturen bei dieser Übung teilnehmen, wird ein wohltuendes Gefühl von Vertrautheit und Kulturnähe entstehen.

Sammeln Sie nach Abschluss der Übung die Erfahrungen der Schüler ein. (Neugier, Frustration, Wut, Spaß, …)

Arbeitsblatt 3 "Weltweite Gefühle" schlägt ein Arbeiten in Gruppen zum Herausarbeiten universeller Gefühle vor. Hier steht nicht die Wissensvermittlung im Vordergrund, sondern die selbst entdeckte Lernerkenntnis, dass Gleiches weltweit verbindet (in diesem Fall die weltweit gleichen Gefühle). Klären Sie zunächst im Plenum, welche Gefühle im Film (auf den Screenshots) gezeigt werden. Teilen Sie dann Kleingruppen ein, die an jeweils einem dieser Gefühle arbeiten: Auf den Plakaten sollen die entsprechenden Bilder der 2 Arbeitsblätter ausgeschnitten, aufgeklebt und dann mit eigenen Lebenssituationen und / oder den dazugehörigen Gefühlen in Bezug gesetzt werden. Hierbei geht es um positive wie negative Gefühle.

Arbeitsblatt 4 "Wo ist eigentlich Simbabwe?" und Arbeitsblatt 6a "Reisewege" zoomen für hiesige Schüler die Lebenswelt der Filmprotagonisten etwas näher ran, ohne jedoch landeskundlichen Anspruch zu erheben. Was sich fern und unbekannt anhört, interessiert normalerweise weniger als Dinge und Orte, die man „einordnen“ und in Bezug zueinander setzen kann. Das Arbeitsblatt bietet sich als Quizformat an, vorzugsweise als Partnerarbeit, da dies den Wettkampfgedanken und somit den Spaßfaktor fördert.
Das Quiz fragt Größe, Einwohnerzahl und Entfernung der Länder von Deutschland ab. Durch die Bezugnahme zu Deutschland sollen die Zahlen und Entfernungen „fassbarer“ gemacht werden (Aha-Effekt).

Arbeitsblatt 5 "Bleiben oder gehen?" fordert erneut mit Bildern und Inhalten aus der Sendung einen radikalen Perspektivwechsel von den Schülern. Die in den Filmen angesprochenen Fluchtgründe Krieg, religiöse Verfolgung, Gefängnis wegen staatsfeindlicher Meinungsäußerung und Hunger werden auf Deutschland projiziert.
Insbesondere deutsche Schüler sollen sich in die Lage versetzt fühlen, diese lebensfeindlichen Zustände auf Deutschland zu beziehen und hieraus Konsequenzen abzuleiten oder zu vermuten, welches die Konsequenzen ihrer Familie wären. Ältere Kinder könnte man in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass auch die deutsche Bevölkerung in der Vergangenheit solche Perioden bereits durchlaufen hat.

Arbeitsblatt 6 a und b "Reisewege" soll die Schüler für die Strapazen, insbesondere die Angst und auch die teilweise lebensgefährlichen Risiken, die Menschen auf der Flucht durchleben, sensibilisieren. Unsichere Transportmittel und -wege sind den meisten Schülern in dieser drastischen Form nicht bekannt.

Arbeitsblatt 7 "Willkommen" bezieht sich inhaltlich nur auf die 1. Episode des Films (Afghanistan). Das Drehbuch soll in schriftlicher Form mit einer Kreativitätstechnik – dem so genannten imaginären Brainstorming – umgeschrieben werden.

Dabei geht es darum, die Willkommens-Kultur eines Aufnahmelandes genauer zu betrachten und dann „wunschgemäß“ zu verändern. Dabei sollte klar werden, dass nicht nur formale Aufnahmekriterien für das Ankommen essentiell sind, sondern auch das Schaffen von Zugehörigkeitsgefühlen für Angekommene im Zielland.

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Juliane aus Simbabwe

Die heute zwölfjährige Juliane wird von ihren Eltern getrennt und landet in einem Waisenhaus, bis sie durch Zufall ihre Mutter wiederfindet. Die beiden beantragen eine Ausreisegenehmigung und gelangen so nach Europa. Juliane leidet unter den Folgen der langjährigen Trennung von ihrer Mutter. Dennoch gelingt es ihr allmählich, neuen Lebensmut zu fassen.

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Ursula Becky