zum Inhalt.
zur Hauptnavigation.
Der Lebensstandard der Bevölkerung hat sich seit Mitte dieses Jahrhunderts in Mitteleuropa drastisch verändert. Moderne Gebäude mit Zentralheizung, Teppichboden und optimaler Dämmung sorgen für ein gleichmäßig warmes Wohnklima. Hinzu kommen die großtechnische Produktion von Nahrungsmitteln und die Intensivierung des Welthandels. Durch die Verbesserung des Lebensstandards kommt es aber auch zu einer verstärkten Einwanderung von Schaben in den Lebensraum des Menschen, was u.a. zur Vernichtung oder Kontamination von Lebensmitteln oder zur Verbreitung von Krankheiten führen kann. Die Schädlingsbekämpfung liefert hier einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Lebensqualität. Schaben können praktisch in jedem Bereich auftreten, in dem Nahrungsmittel gelagert oder verarbeitet werden. Lebensmittelverarbeitende Betriebe sind hierbei natürlich besonders gefährdet. Privatwohnungen werden ebenfalls häufig befallen. Für den Betreiber z.B. einer Großküche hat ein Schabenbefall, der nicht bekämpft wird, einen schwerwiegenden wirtschaftlichen Schaden zur Folge.
Die Bekämpfung von Schaben kann nach den Kriterien des "Integrated Pest Management" in 5 Stufen gegliedert werden:
Die Beachtung ihrer Lebensweise und der Einsatz geeigneter Behandlungsverfahren sind damit Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Bekämpfung von Schaben. Die Besonderheiten der ökonomisch wichtigsten Schabenarten, die bei der Bekämpfung beachtet werden müssen, sind im folgenden nochmals kurz dargestellt.
Die Deutsche Schabe verursacht in den gemäßigten Breiten die meisten Schäden im Vergleich zu den übrigen genannten Arten. Die jungen Larven halten sich vor allem in feucht-warmen Bereichen auf. Da die Weibchen ihre Eipakete erst kurz vor dem Schlüpfen der Larven ablegen, besteht nicht die Gefahr, daß die Eier innerhalb der Oothekenkapsel eine chemische Bekämpfung überleben können, wie dies z.B. bei den im folgenden genannten Schabenarten der Fall ist.
Bei der Bekämpfung der Braunbandschabe ist besonders auf die Vorliebe dieser Art für hohe Temperaturen und auf die versteckt angebrachten Eibehälter zu achten. Die großflächige Verteilung im Haus macht das Auffinden der Tiere während einer Inspektion etwas schwieriger als bei der Deutschen Schabe. Der Vorliebe der Braunbandschabe für elektronische Geräte und EDV-Anlagen muß mit entsprechenden Bekämpfungsverfahren Rechnung getragen werden (z.B. Köderdosen und Schabengele).
Die Orientalische Schabe lebt vor allem im Bodenbereich und breitet sich häufig über die Kanalsysteme aus. Die Tiere können sich über kurze Distanzen schwimmend fortbewegen. Da die Orientalische Schabe über Kanalsysteme und dergleichen auch aus entfernter gelegenen Objekten einwandern kann, ist die Bestimmung des Befallsursprungs für den Bekämpfungserfolg wichtig. Auf die Eibehälter, die gut gegen äußere Einflüsse (z.B. Insektizide) geschützt sind, ist bei der Bekämpfung ein besonderes Augenmerk zu richten.
Speziell bei der Amerikanischen Schabe müssen Abwassersysteme der Gebäude in die Behandlung einbezogen werden, sowie in wärmeren Gebieten auch die Außenanlagen im Umkreis der Häuser. Einzelne Imagines deuten auf eine Einwanderung durch offene Fenster hin, z.B. in Hotelzimmern. Aufgrund der versteckten Ablage der Ootheken speziell in Kanalsystemen sind wie bei der Orientalischen Schabe mehrere Behandlungen erforderlich.
Trotz optimaler Hygiene läßt sich die Einschleppung von Schaben nie ganz verhindern. Gleiches gilt für physikalische und konstruktive Maßnahmen. Auf eine chemische Bekämpfung kann daher in den meisten Fällen nicht verzichtet werden. In der Regel kommen Kontakt- und Fraßinsektizide zum Einsatz. Bei einem geringen Befall reicht es aus, Köderdosen aufzustellen, die insektizidhaltige Futterstoffe enthalten. Bei starkem Befall werden flüssige Spritzmittel flächendeckend auf alle Flächen gesprüht, die von den Schaben begangen werden, sowie in die Aufenthaltsorte, soweit diese erreichbar sind. Eine Vernebelung mit z.B. pyrethrumhaltigen Präparaten sowie die Ausbringung insektizider Stäube sind ebenfalls möglich (z.B. im Bereich elektrischer Anlagen). Eine ordnungsgemäße Behandlung setzt eine sorgfältige Vorbereitung der Räume voraus. Alle Lebensmittel müssen aus den Räumen entfernt werden. Oberflächen, auf denen Lebensmittel zubereitet werden (z.B. Tische, Schneidebretter), müssen mit einer Folie abgedeckt werden, die von dem zu verwendenden Spritzmittel nicht durchdrungen wird. Vor der erneuten Nutzung der behandelten Räume muß eine Dekontamination der behandelten Bereiche erfolgen. Der gezielte, punktförmige Einsatz insektizider Gele ist besonders in lebensmittelverarbeitenden Betrieben und in Großküchen eine elegante Lösung, da keine großflächige Kontamination mit dem Bekämpfungsmittel erfolgt und die Gele nach der Tilgung des Schabenbefalls leicht wieder entfernt werden können. Eine elegante Methode ist der Einsatz von Insekten-Wachstumsregulatoren (z.B. Juvenilhormon-Analoge oder Häutungshemmstoffe) in den Bereichen, in denen bei der Befallskontrolle Larvenstadien gefunden wurden. Aus toxikologischer Sicht sind Larvizide günstiger als die meisten Kontaktinsektizide, da ihre Wirkweise spezifisch auf die Insektenentwicklung abgestimmt ist. Eine biologische Bekämpfung der Schaben ist ebenfalls möglich. Die biologischen Verfahren basieren z.B. auf Pilzen, Bakterien und Nematoden. Schabenköder und Klebefallen können mit Pheromonen attraktiver gestaltet werden. Die genannten Möglichkeiten führen - allein angewendet - in der Regel nur zu einer Verringerung der Schädlingspopulation, nicht aber zur Tilgung des Befalls. Die Aufgabe der Schädlingsbekämpfer ist es, die genannten Verfahren in optimaler Weise zu kombinieren, um mit möglichst wenig Aufwand eine Tilgung und ggf. einen präventiven Schutz gegen Schaben herbeizuführen.
Die Schaben haben seit Jahrmillionen ihre ursprüngliche, versteckte Lebensweise bewahrt. Ihr Erfolg bei der Besiedelung neuer Lebensräume ist nicht zuletzt auch auf ihr breites Nahrungsspektrum zurückzuführen, das sie sowohl zu den gefürchtesten Schädlingen im menschlichen Umfeld als auch zu nützlichen Waldöko-Systemen nicht wegzudenken sind. Ihre starke Vermehrung ist eine weitere Voraussetzung für die Eroberung neuer Lebensräume. Die Schaben sind damit eine der erfolgreichsten Ordnungen im Tierreich und werden trotz aller Bekämpfungsmaßnahmen auch in Zukunft überleben.
© Text: Reiner Pospischil