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Das Ostseebecken formte sich schon vor den Eiszeiten aus. Grundlage seiner Bildung ist eine seit dem Karbon (vor über 280 Millionen Jahren) anhaltende Senkung des Landes im Norden Mitteleuropas. Vor rund 100 Millionen Jahren wurde Norddeutschland mit dem heutigen Ostseebereich vom Kreidemeer überdeckt. In dieser Zeit sedimentierte die Kreide der Insel Rügen. Danach fiel das Gebiet der heutigen Ostsee trocken.
Während der Eiszeiten waren weite Teile Nordeuropas mit einer dicken Eiskappe überzogen. Im Zentrum der heutigen Ostsee türmten sich Eismassen von nahezu 2000 Metern Dicke auf. Die Last führte zum weiteren Absinken der Kontinentalplatte. Den gleichen Vorgang kann man heute in der Antarktis feststellen. Hier liegt die Kontinentalplatte unter dem vergletscherten Bereich rund 400 Meter tiefer als bei unvergletscherten Kontinenten. Da im Pleistozän ein Großteil des Wassers in Form von Eis gebunden war, führte dies zu einer starken Regression: der Meeresspiegel senkte sich um fast 100 Meter.
Gewaltige Gletscher hobelten Skandinavien ab und transportierten den Schutt in das heutige Nordeuropäische Tiefland. Der am Grunde des Eises herausgetaute und abgelagerte Schutt bildet die lockeren und leicht abtragbaren Grundmoränen. Der vor den Gletschern hergeschobene Schutt wurde zu Endmoränen aufgeschüttet, die girlandenförmig die Eismassen umkränzten. Da es auch während der Eiszeiten klimatische Veränderungen gab, kam es immer wieder zum Vorrücken von Gletschern, zu ihrem Zurückweichen und zum Stagnieren. Dieses Hin und Her schuf die besonders hohen Hauptendmoränen des Norddeutschen Tieflandes. Im Eis verlief ein Tunnel- und Rinnensystem, durch das die Schmelzwasser schossen. Am Gletscherende durchbrachen diese Schmelzwasser die Endmoränen und vereinigten sich zu Rinnen und schließlich zu breiten Urstromtälern. Jedenfalls ist belegt, dass dort, wo heute die Ostsee liegt, während der letzten Eiszeit hinter den Endmoränenzügen große Eisstauseen bestanden.
Die Ostsee ist ein junges Meer, dessen gegenwärtige Form erst mit dem Abschmelzen des nordischen Inlandeises entstand. Das andauernde Abschmelzen des Eises ließ den Meeresspiegel ansteigen, so dass über die Mittelschwedische Senke eine Verbindung zum Weltmeer entstand. Aus dem Baltischen Eissee der letzten Eiszeit entwickelte sich in verschiedene Phasen das Randmeer, die Ostsee. Der Meeresspiegel steigt bis heute um etwa 2 mm / Jahr an und führt zur Transgression, d.h. zum Übergreifen des Meeres auf Festland. Dieser Prozess ist nicht allein durch das Abschmelzen des Eises zu erklären. Isostatische Prozesse sind als weitere Ursache zu nennen (Neumann-Meyer 1996). Waren die Kontinentalplatten unter dem Eispanzer zum Absinken gezwungen worden, so setzte mit der Entlastung durch das Abschmelzen des Eises eine Gegenbewegung ein. Skandinavien und der nordöstliche Küstenbereich heben sich noch heute um mehrere Millimeter pro Jahr. Als isostatischer Ausgleichsprozess senkt sich die südwestliche Ostseeküste um etwa einen Millimeter pro Jahr (Meyer & Schilke 1993).
Durch die Hebung im Bereich Skandinaviens ging die Verbindung zum Weltmeer über die Mittelschwedische Senke verloren. Die Ostsee wurde zum Süßwassersee. Durch die Absenkvorgänge im Süden konnte zunehmend Salzwasser über den Großen, später auch über den Kleinen Belt und den Öresund in die Ostsee vordringen. Als der Meeresspiegelanstieg stagnierte, wurden auch diese Verbindungswege flacher und enger. Damit verringerte sich der Wasseraustausch mit dem Weltmeer, so dass die Ostsee heute im Vergleich zum Weltmeer nur einen halb so hohen Salzgehalt aufweist.
Die Grundlagen für die Formenvielfalt der Ostseeküsten legten also Landhebungen und -senkungen, Meeresspiegelanstieg und die Überformung der Landschaft durch Eis und Schmelzwasser. Die eigentliche Ausformung dieser Landschaften zwischen Festland und Meer übernahmen jedoch wie an allen Meeresküsten Wasser und Wind. Sie leisteten damit einen wesentlichen Beitrag zur Ausgestaltung der verschiedenen Küstenformen.
Alte Schmelzwasserrinnen (43 km lange Schlei, Haderslebender Förde) und Zungenbecken (Eckernförder Bucht, Kieler Förde) wurden vom Meer überflutet und reichen als talähnliche, langgezogene Buchten, sogenannte Förden, tief ins Land hinein (Fördenküste: Schleswig-Holstein, Jütland).
Die sanftwellige Grundmoränenlandschaft mit ihren kuppigen Endmoränenzügen wurde nacheiszeitlich überflutet. Langgezogene Endmoränenwälle bildeten die Küste. Unzählige Buchten (Bodden genannt) verbanden sie an Moränendurchbrüchen mit landeinwärts gelegenen flachen Seen. (Boddenküste: Vorpommern zwischen Lübecker Bucht und Oderbucht).
An den leicht abtragbaren Endmoränen kam und kommt es durch Wellenschlag und Sturmfluten zu starken Küstenabbrüchen und zur Ausbildung einer Steilküste. Besonders bei Sturm wird Wasser und Gesteinsschutt mit großer Kraft gegen die Küste geschleudert. Die Brandung reißt am Fuße des sogenannten Kliffs Material heraus, bildet oftmals eine Brandungshohlkehle, bis bei fortschreitender Unterhöhlung die überlagernde Steilwand herunterbricht. Die abgestürzten Gesteinsmassen werden auf der Brandungsfläche (Schorre) am Fuße der Steilwand zerrieben. Zurück bleiben die größten und widerstandsfähigsten Brocken (vor allem die harten Findlinge aus Skandinavien), während Sand und anderes Feinmaterial vom Meerwasser herausgespült und weitertransportiert wird. Die meist aus westlichen Richtungen wehenden Winde treiben die Brandung schräg auf den Strand.
Jeder Wellenschlag erfasst Sandkörnchen und verfrachtet diese längs der Küste. Voraussetzung hierfür ist, dass die Wellen - der Windrichtung folgend - schräg auf den Strand auflaufen. Sie fließen aber dem kürzesten Weg folgend, also senkrecht, ab. Die mitgeführetn Sandkörner werden also mit jeder Welle ein Stück weitertransportiert.
Die Sandverdriftung gleicht Unregelmäßigkeiten der Küstenlinie aus. Küstenparallele Strömungen setzen den Sand an Buchten oder Küstenvorsprüngen in Form von Haken ab. Staffelförmig aneinandergereihte Haken erreichen oft das gegenüberliegende Ufer einer Bucht, aus dem Haken wird so eine Nehrung, aus der Bucht ein Haff. (Nehrungs- oder Haffküste vor allem typisch für Ostpreußen bis nach Litauen). Verschließt die Nehrung das Haff vollständig, so ist die Küstenlinie ausgeglichen. Aus dem Haff wird ein Strandsee mit starker Verlandungstendenz. Die Küstenform bezeichnet man als Ausgleichsküste (typisch für Teile Schleswig-Holsteins und für Pommern).
© Quelle: Diercke Weltatlas, 4. aktualisierte Auflage 1996, Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig 1988, S. 27.
© Text überarbeitet: Silke Harrer, Stand 2002