Szenische Auflösung

Eine Geschichte in Bildern erzählen

Für die Auflösung des Tatort-Drehbuchs „HAL“ treffen sich der Drehbuchautor und Regisseur Niki Stein und der Kameramann Stefan Sommer an vier Tagen. Vor dieser Besprechung haben sie gemeinsam mit dem Szenenbildner die konkreten Drehorte, also die Motive und Locations besichtigt und ausgewählt. 

Für die Auflösung spielen die Motive und Locations eine wichtige Rolle. Denn die Entscheidung für einen Kamerastandpunkt hängt von den räumlichen Gegebenheiten ab, die auch von den Vorgaben im Drehbuch abweichen können - Architektur, Größe des Raumes, Fenster, Türen, Lichtverhältnisse, Himmelrichtung.

Warum ein Kameramann Fotos macht
Niki Steins Skizzen und Anmerkungen
Niki Steins Skizzen und Anmerkungen

Regisseur und Kameramann haben sich jeder bereits Gedanken und Skizzen gemacht, wie die Übertragung der im Drehbuch beschriebenen Szenen in konkrete Einstellungen/Bilder aussehen könnte. Und Niki Stein, der nicht nur Regie führt, sondern für diesen Tatort auch das Drehbuch geschrieben hat, hatte auch schon beim Schreiben „Bilder im Kopf“. Denn die Herausforderung beim Film besteht darin, eine Geschichte filmisch, das heißt in Bildern, zu erzählen. 

Der Look des Films

Bei der Auflösungs-Besprechung versucht der Regisseur, seine Bilddramaturgie zu vermitteln und mit den bildlichen Vorstellungen des Kameramanns abzustimmen.

Storyboard oder Floorplan

Als Kommunikationsmittel helfen zur Veranschaulichung und Visualisierung beispielsweise Locationfotos und Floorplans, mit deren Hilfe der Kameramann seine Vorschläge für die Auflösung skizziert hat. 

Bild 1 Kamera Auszug
Bild 1 Kamera Auszug
Bild 101 Kamera Auszug
Bild 101 Kamera Auszug
Szenische Auflösung - Wer entscheidet?

Regisseur und Kameramann sprechen ausführlich über den Grundstil des Films, den „Look“, der die Erzählhaltung visualisiert und die Auflösung entscheidend beeinflusst. 

Es gibt Regisseure, die genaue Vorstellungen haben, wie das Drehbuch umgesetzt werden soll und die Einstellungen selbst genau festlegen. In anderen Fällen überlässt der Regisseur seinem Kameramann die Auflösung. Das ist bei jeder Filmproduktion anders und muss verhandelt werden.

Kamerakran
Kamerakran

Was bedeutet die szenische Auflösung für die Gewerke?

Die festgelegten Kameraeinstellungen dienen als Gerüst für die konkrete Planung der Dreharbeiten. Während der Besprechung müssen viele Entscheidungen getroffen werden, die auch Auswirkungen auf die anderen Gewerke haben.

Festlegung Kameraequipment: Braucht man einen Kran oder braucht man einen Dolly mit Schienen? Wenn ja, wie hoch muss der Kran ausfahrbar sein und wie viele Meter Schienen sollen verlegt werden?

Festlegung Lichtequipment: In welchem Stockwerk liegt das Motiv? Braucht man eine Hebebühne, einen „Steiger“, für die Scheinwerfer, wenn das Licht von außen gesetzt werden soll? Wie viel Licht braucht man, um bestimmte große Räume auszuleuchten? Muss das Motiv an die Bildvorstellungen angepasst werden? Dann wird der Szenenbildner mit einbezogen.  Werden VFX benötigt? Was wird real gedreht, und was im Computer nachgebaut?

Hebebühne für Scheinwerfer
Hebebühne für Scheinwerfer

Die Auflösung hat auch Auswirkungen auf das Budget und auf die Produktionsplanung. Je höher die Anzahl der Einstellungen, in der eine Szene gedreht werden soll, umso höher der Zeitaufwand, und umso höher die Produktionskosten. Auch auf den Schnitt gibt es Auswirkungen: Denn viele Einstellungen werden schon im Hinblick auf den Schnitt gedreht. Damit ist der Schnitt schon vorgegeben. Es lassen sich schließlich nur Bilder schneiden, die auch gedreht worden sind.

Schauspieler wirken mit bei der Umsetzung

Die Auflösung dient als Gerüst und Grundlage für den Dreh und bietet Sicherheit bei Entscheidungen am Set. Während des Drehs entscheiden sich Regie und Kamera  allerdings auch manchmal ganz anders. Denn häufig werden Entscheidungen, die am „Grünen Tisch“ getroffen worden sind, zu Gunsten von besseren Lösungen, verworfen. Beispielsweise werden Konzepte nach den Proben mit den Schauspielern am Set noch geändert.