Wale

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Orientierung und Navigation der Wale

Zahlreiche Walarten wandern - und legen dabei sehr weite Wege zurück. Am auffälligsten sind die Wanderungen von Bartenwalen. Im Sommer findet man die Tiere in den polaren Gewässern, wo sie sich im nahrungsreichen Gewässer Reserven anfressen. Im Herbst beginnt die Wanderung in tropische Regionen, wo die Walkühe im warmen Wasser gebären, denn im kalten Polarwasser könnten die Neugeborenen kaum überleben. Die Walbullen folgen den Weibchen in die warmen Geburtsregionen, da letztere in den tropischen Breiten ihre Brunst haben und paarungsbereit sind. Grauwale legen auf ihren Wanderungen von der Beringsee und den angrenzenden nördlichen Gebieten zur kalifornischen Küste 6.000 bis 8.000 km zurück.

Unter den Zahnwalen hingegen wandern nur wenige Arten wie z. B. der Pottwal, der regelmäßig den weiten Weg vom europäischen Nordmeer bis zur afrikanischen Küste zurücklegt. Viele Walarten in den tropischen und subtropischen Breiten sowie Arten, die küstennah oder in Flüssen leben, unternehmen hingegen keine Wanderungen.

Walwanderung des Grauwals

Ein interessanter Aspekt der Walwanderungen ist das zeitversetzte Wandern verschiedener Arten. So wandern die meisten Furchenwale, die sowohl in der Nord- als auch in der Südhälfte unseres Planeten vorkommen, zeitversetzt. Während im Norden Winter ist und sich demnach diese Population in der Nähe des Äquators aufhält, befindet sich die südliche Population gerade in den antarktischen Breiten. Ein (genetischer) Austausch zwischen beiden Populationen findet somit kaum statt.
Das Vermögen der Wale, auf ihren jährlichen Wanderungen die Richtung zu halten und so das Weiterbestehen der Art zu gewährleisten, soll im Folgenden näher beleuchtet werden. Und auch mögliche Ursachen für die fehlerhafte Orientierung, die zu den oft tödlichen Strandungen führen.

1997 vor Borkum gestrandeter SchwertwalAm 4.12.1997 strandeten 13 junge Pottwale der Nordsee-Insel Rømø in Dänemark. Auf ihrer Wanderung vom westlichen europäischen Nordmeer durch den Atlantik zur afrikanischen Küste waren sie offenbar von ihrem Weg abgekommen. Die flachen Gewässer der Nordsee, seichte Strände und das unbekannte Gebiet führten zu weiteren Orientierungsfehlern und zur Strandung. Durch das Eigengewicht der acht bis 14 Meter langen Tiere von bis zu 70 Tonnen kam es an Land zu tödlichen Verletzungen der inneren Organe.


Haben Wale Ohren?

Sichtverhätnisse unter WasserDie Umwelt, in der sich Wale einen festen Platz erobert haben, unterscheidet sich stark von der unsrigen, denn das Licht wird vom Wasser sehr schnell ausgefiltert, somit spielt das Sehvermögen für sie eine weitaus geringere Rolle als für die meisten Landtiere. Selbst in klaren Gewässern herrscht unterhalb von ca. 400 m kein Licht mehr. Wie können die Tiere sich aber dann orientieren? Wie die Anatomie des Gehirns vermuten lässt und Verhaltensstudien bestätigen, haben Wale ihren Geruchssinn völlig verloren. Doch wie vermag dann der Pottwal seine Hauptnahrung Tintenfisch zu finden, die er in Tiefen von unter 500 m sucht?

Das kleine Hörloch kann gerade noch hinter den Augen des Wals erkannt werden.Der Hörsinn der Wale
Wasser ist physikalisch dichter als Luft, deswegen überträgt es Schallwellen schneller und weiter. Wale haben sich hieran angepasst und ein sehr gutes Gehör entwickelt.

Allerdings sind die äußeren Ohren schon frühzeitig als Anpassung an die Anforderungen eines stromlinienförmigen Körpers verschwunden. Die kleine Öffnung, die zum inneren Ohr führt, ist nur als winzig kleines Loch gleich hinter den Augen zu erkennen.

Das Innenohr wurde ebenfalls stark umgestaltet. Vor allem der Bereich des eigentlichen Hörorgans, der Cochlea (dt. Schnecke), ist nicht wie beim Menschen im Schädelknochen eingebaut, sondern liegt - durch schaumgefüllte Hohlräume, also vom Schädelknochen durch Luft akustisch isoliert - am hinteren Ende des Unterkiefers.
Dies ist notwendig, denn Schallwellen werden im Wasser direkt durch die Schädelknochen eines Säugetieres hindurch übertragen. An Luft ist dies nicht der Fall, denn hier werden die Hauptanteile des Schalls nicht von den Schädelknochen sondern über Schallleitung in Luft (Gehörgang) auf das Hörorgan übertragen. Somit erreicht der Schall in der Luft die Cochlea, die von der Schallquelle weiter weg ist, später und gedämpfter als das der Schallquelle nähergelegene Hörorgan. Im Wasser werden dagegen beim Menschen die Signalstärken in beide Hörorgane gleich stark übertragen. Aus diesem Grund sind Menschen, die ihren Kopf unter Wasser tauchen, unfähig die Richtung einer Schallquelle wahrzunehmen.
Der die Schnecke der Zahnwale umgebende Schaum behält seine akustischen Isoliereigenschaften bis zu einem Druck von 100 Atmosphären (das entspricht einer Tauchtiefe von 1.000 m). So kann ein Wal sogar bei einem tiefen Tauchgang die Schallrichtung orten.


Das Echolot der Wale

Zahnwale sind in der Lage, den Anteil an Lautinformationen durch die Anwendung eines Echolot-Systems zu erhöhen. Dabei senden die Tiere Klicklaute aus, die vom Meeresboden, von der Wasseroberfläche und jedem festen Körper in der Umgebung zurückgeworfen und von den Walen als Echo aufgenommen werden. Dieses Echo informiert den Zahnwal über Art, Form und Beschaffenheit eines Objekts. Auch die Art und Weise der Bewegung des Objekts - zum Beispiel eines potentiellen Beutetiers - wird so wahrgenommen.

Querschnitt durch Zahnwalkopf

Der Zeitraum zwischen Aussenden des Signals und Empfangen seines Echos gibt Auskunft über die Entfernung des Objekts zum Zahnwal. Mit Hilfe dieses Bio-Sonars kann der Meeressäuger auch schnell schwimmende Beute in absoluter Dunkelheit orten, verfolgen und fangen.
Die Klicklaute im Rahmen der Echoorientierung unterscheiden sich von den Pfeif-, Grunz- und anderen Lauten, die zur Kommunikation mit Artgenossen eingesetzt werden.
Die typischen Klicklaute sind sehr kurz (kürzer als 1 Millisekunde) und werden viele Male pro Sekunde wiederholt, so dass sich die Sequenz für das menschliche Ohr manchmal wie das Knarren einer Tür anhört.
Beim größeren Pottwal dauern die Einzellaute länger und werden weniger häufig wiederholt.

Die Lautintensität verteilt sich über ein breites Frequenzspektrum, das zum größten Teil oberhalb des menschlichen Hörvermögens liegt. In etwa der gleichen Weise, wie wir den Lichtkegel einer Taschenlampe oder eines Blitzlichtes auf ein Objekt richten, das wir bei Nacht sehen wollen, können Zahnwale ihre Orientierungslaute bündeln und auf ein Objekt ausrichten. Dies bewirkt ein stärkeres Signal, das über größere Entfernungen funktioniert. Diese Ansicht wird von vielen Walforschern geteilt; allerdings gibt es verschiedene Theorien, wie die Klänge erzeugt und wie sie gebündelt werden. Eine Theorie besagt, dass die Laute mit Hilfe der Melone, einem fetthaltigen Gewebe in der Stirn von Zahnwalen, gebündelt werden (siehe obige Zeichnung).


Magnetsinn

GrauwaleWhale-Watching
Grauwale sind vermutlich die am meisten beobachteten Wale. Besonders der Zug der Grauwale von ihren sommerlichen Weidegründen in der Beringsee und den angrenzenden nördlichen Gebieten zu den Brut- und Paarungsstätten in der Baja California und zurück ist für viele Menschen interessant. Zwischen Dezember und April finden die Paarungen von Walkühen und Bullen in den Lagunen vor der Küste statt. Etwa 12 Monate später kommen die Jungen zur Welt. Je nach Paarungszeit werden diese auf dem Weg zurück in die Lagunen oder in den Lagunen selbst geboren. Zwischen der Paarung und der Geburt liegt die längste Wanderstrecke aller Säugetiere. Die Grauwale überwinden dabei Entfernungen von 6.000 bis 8.000 km.

Wie finden Wale ihre Routen um den Erdball?
In verschiedenen Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Wanderrouten von Walen von den Weidegründen der Polarregionen zu den "Kinderstuben" in wärmeren Gewässern oft entlang von Magnetfeldern verlaufen. In Verhaltensstudien konnte gezeigt werden, dass beispielsweise Finnwale vor dem Nordosten der USA regelmäßig magnetischen Feldern folgen anstatt sie zu kreuzen. Vergleicht man Orte, an denen lebende Wale stranden, zeigt sich, dass dort oft Magnetlinien senkrecht auf die Küstenlinie zulaufen, hingegen finden sich kaum geografische oder physikalische Gemeinsamkeiten.

Aus diesen Ergebnissen wurde der - heute unter Walforschern unumstrittene - Schluss gezogen, dass die Meeressäuger eine unsichtbare "Informationsquelle" nutzen: das Magnetfeld der Erde.

Die Erde hat ein Magnetfeld, das ungefähr nach den Polen ausgerichtet ist. Ein Magnet, der um seine senkrechte Achse frei schwingen kann, stellt sich in Richtung der magnetischen Feldlinien.

Von vielen Organismen ist bekannt, daß sie das Magnetfeld der Erde wahrnehmen können und ihr Verhalten daran ausrichten. Vögel navigieren bis zu einem gewissen Grad mit Hilfe dieses Sinnes. In anatomischen Studien wurden mittlerweile bei verschiedenen Walarten winzigste Mengen magnetischen Materials in den Gehirnen und um sie herum gefunden.

All diese Befunde weisen darauf hin, dass Wale die physische Möglichkeit haben, Erdmagnetismus wahrzunehmen und mit seiner Hilfe in den Ozeanen zu navigieren.


Walschutz - Unterwasserlärm als Ursache für Walstrandungen?

Umweltschützer vermuten, dass die "akustische Meeresverschmutzung" Grund für die Fehlorientierung und Strandung von Walen ist. Um den Zusammenhang zwischen dem zunehmenden Unterwasserlärm - verursacht durch Öl-Probebohrungen, dem Hämmern von Schiffsmotoren und Bohrstationen - und möglichen Schäden bei den sich akustisch orientierenden Meeressäugern streiten Wissenschaftler jedoch noch heftig.
Bestätigt werden diese Vermutungen in einer 1999 vorgestellten Studie der Umweltorganisation "Natural Resources Defence Council". Die Studie zeigt, dass an bestimmten Abschnitten der kalifornischen Küste, wo der Lärmpegel unter Wasser hoch ist, viele Meeresbewohner verschwunden sind. Nach Ansicht der Umweltschützer werden dabei auch Wale durch den zunehmenden Lärm von ihrer Wanderroute und ihren traditionellen Brutstätten vertrieben.

Der Biologe Dr. Michel André von der Universität Las Palmas de Gran Canaria glaubt bei Beschallungsversuchen von Pottwalen ebenfalls Hinweise für diesen Zusammenhang entdeckt zu haben:
Im Gebiet der Kanarischen Inseln lebende Pottwale reagieren zu langsam, um Kollisionen mit Fährschiffen ausweichen zu können, da sie sich an den vom starken Schiffsverkehr verursachten Unterwasserlärm gewöhnt haben. Der ständige Lärmpegel könnte dazu geführt haben, dass das Hörvermögen der Tiere besonders im Niederfrequenzbereich abgenommen hat.
Eine Lösung des Problems sieht man in einem effektiven Warnsystem, das Pottwalen nicht zusätzlich schadet und sie auch nicht gänzlich aus dem für sie wichtigen Meeresgebiet vertreibt.

Kaperwale - hier ein Weibchen mit JungtierIn den USA wurde bereits auf die genannten Zusammenhänge reagiert. Eine Meldepflicht für die Schifffahrt an der Ostküste soll Kollisionen verhindern - vor allem mit den seltenen Nordkaper-Walen, deren Population auf ca. 300 Individuen im Nordatlantik geschätzt wird. Knapp die Hälfte aller bekannten Todesfälle dieser Meeressäuger ist auf Zusammenstöße mit Schiffen zurückzuführen.
Nach der neuen Vorschrift müssen alle größeren Schiffe seit Ende Juni 1999 ihre Position an einen Zentralcomputer melden, wenn sie die Gewässer vor der Halbinsel Cape Cod und vor den US-Staaten Florida und Georgia befahren. Dann informiert dieser Computer sie über die letzten Walsichtungen in ihrem Seegebiet.
Ausgenommen von der Meldepflicht ist die US-Marine, allerdings will sie sich freiwillig anschließen.