Baugeschichte
Der Leipziger Architekt Clemens Thieme gründet 1894 einen Verein für den Bau des Denkmals, den deutschen Patriotenbund. Ein Jahr später hat der Bund bereits 42.000 Mitglieder. Ehrenwerte Männer aus dem Besitz- und Bildungsbürgertum.Die immensen Baukosten deckt man über Spenden ab, aber auch über eine eigens geschaffene Lotterie.15 Jahre dauern die Bauarbeiten an dem Denkmal, am Ende wiegt es 300.000 Tonnen und ist 91 Meter hoch.

Figuren und ihre Symbolik
Der heilige Michael an der Stirnwand gilt national gesinnten Kreisen als Symbolfigur der kriegerischen deutschen Männlichkeit. In der unteren Ebene des Denkmals, der Krypta sollen die deutschen Gefallenen der Befreiungskriege geehrt werden. In ihr sehen die Erbauer ein urgermanisches Motiv verwirklicht, den Steinkreis. Über der Krypta, in der Ruhmeshalle, stehen 4 Kollosalfiguren, die die deutschen Tugenden aus der Zeit der Völkerschlacht darstellen sollen: 1. Tapferkeit, 2. Opferfreude, 3. Zuversicht, 4. Volkskraft
Völkerschlacht bei Leipzig

Die Schlacht
Die Truppen der Verbündeten – Österreich, Preußen, Russland und Schweden – kämpften vom 16. bis 19. Oktober 1813 bei Leipzig gegen die Truppen Napoleons.Die sogenannte „Völkerschlacht“ wird als die wichtigste Schlacht der Befreiungskriege gegen die französische Fremdherrschaft gesehen. Sie zwang Napoleon sich mit seinen verbliebenen Truppen und ohne Verbündete aus Deutschland zurückzuziehen.Von 510.000 beteiligten Soldaten aus über einem Dutzend Völkern blieben über 100.000 Tote und Verwundete auf dem Schlachtfeld. Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs war dies die größte Schlacht der Weltgeschichte

Die Deutung
Obwohl die Völkerschlacht nicht den entscheidenden Sieg über Napoleon brachte, entstand hier ein nationaler Mythos, in der die Schlacht für die Deutschen zum Bestandteil einer nationalen Heilsgeschichte, zur mythisch verklärten Urschlacht und zur Geburtsstunde der Nation wurde. Während Militärs und Fürsten den Kampf gegen Napoleon als Befreiungskrieg gegen die Besetzung sahen, interpretierten ihn nationale Kreise als Freiheitskampf der Völker und besonders des deutschen Volkes. Bis heute ist umstritten, welchen Anteil die vielbeschworene, nationale Begeisterung der Massen für Worte wie Freiheit, Einheit, Vaterland, Treue und Ehre am militärischen Sieg über Napoleon hatten. Schon in der Namensgebung „Völkerschlacht“ werden die unterschiedlichen Interpretationen deutlich: Während Oberst von Müffling, der die neue Bezeichnung in seinem Heeresbericht verwendete, es noch in der alten Bedeutung verwandte und mit „Völker“ die „Heervölker“, also die Truppen absolutistischer Herrscher meinte, wurde der Ausdruck von anderen Zeitgenossen als Schlacht der um nationale Emanzipation von Napoleon ringenden Völker Europas gedeutet.Dass das Völkerschlachtdenkmal erst 100 Jahre später, in einer Zeit, als die deutsche Nation bereits entstanden war, fertiggestellt wurde, änderte nichts an der Lebendigkeit des heldischen Mythos’.
Umdeutung in der Geschichte

Nationalsozialismus
Die Nationalsozialisten erklären das Denkmal zum Symbol für die Unbezwingbarkeit des deutschen Volkes und entdecken es als imposante Kulisse für politische Kundgebungen und Massenaufmärsche. Die Figurensprache des Denkmals bietet der absoluten Übersteigerung des Nationalgefühls und der "Ideologie des Völkischen" eine ideale Projektionsfläche. Als „nationalsozialistischen Sakralbau“, der an „Soldatentum“, „Pflichterfüllung“, „Zucht“ und „Opfertum“ gemahnt, war es auch noch von Nutzen, als die „Unbezwingbarkeit des deutschen Volkes“ längst nicht mehr gewiß und die militärische Niederlage nur noch eine Frage der Zeit war: die Einschwörung auf das Vorbild von 1813 gipfelte in der Mobilisierung von Frauen, Kindern und Greisen im Volkssturm.

Nach der Wende
Heute müssen sich die Denkmalsvereine und Stadtväter von Leipzig vor allem durch die Vereinnahmung von ewig Gestrigen erwehren. Immer wieder gibt es unerwünschte Kundgebungen von rechten Gruppierungen.Daher ringt man erneut um eine Neudefinition: das Denkmal soll jetzt – passend zur europäischen Einigung – als „europäisches Friedensmahnmal“ interpretiert werden.