Deutscher Bergtourismus
Gipfelglück auf dem Obersalzberg
Die Salzvorkommen im Berchtesgadener Land gaben dem Berg seinen Namen. Die Ausbeutung der Salzvorkommen war in Berchtesgaden eine wesentliche Einnahmequelle – bis im 19. Jahrhundert der Tourismus die Region eroberte. Der Obersalzberg war in der Region eine der Wiegen des Bergtourismus. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließen sich auch bekannte Persönlichkeiten wie der Erfinder der Kältetechnik Prof. Dr. Carl von Linde am Obersalzberg nieder. Viele Berühmtheiten und Vertreter des Hochadels suchten hier Erholung. Es folgen Künstler und wohlhabende Bürger. 1878 wird die erste Pension eröffnet.


Verlorene Unschuld
1923 kommt Adolf Hitler das erste Mal auf den Obersalzberg. 1928 mietete er das Haus Wachenfeld für 100 Reichsmark im Monat von der Witwe eines reichen Lederwarenfabrikanten. Nach seiner Machtergreifung 1933 kaufte er das Haus aus den Tantiemen von „Mein Kampf“ und nannte es in „Berghof“ um. Seinem Beispiel folgten zunächst seine engsten Vertrauten wie Martin Bormann, Hermann Göring und Albert Speer, um in seiner nächsten Umgebung ebenfalls eine Zweitresidenz zu errichten. Dann aber strömten immer mehr Anhänger Hitlers nach Berchtesgaden. 1936 bereits werden Hitler die täglichen Besuchermassen zu viel. Der Wallfahrtsort der Volksgemeinschaft, der heilige Berg aller Nazis, wird zum Führersperrgebiet erklärt.
Nationalsozialismus

Die Umgestaltung
Nach der Machtübernahme der NSDAP 1933 ließ Hitler den Obersalzberg im Berchtesgadener Land zu einem zweiten Regierungssitz neben Berlin ausbauen. Damit erfuhr der Obersalzberg seine größten baulichen Veränderungen. Um den Berghof als Zentrum gruppierten sich neben den Häusern anderer NS-Politiker ein Gästehaus, eine SS-Kaserne, ein unterirdischer Bunker. Das Bauland wurde – oft unter Ausübung von Druck – angekauft oder gar enteignet. Der Berghof spielte in vielerlei Hinsicht eine bedeutende Rolle bei der Inszenierung des „Führerkultes“.

Private Idylle – Entscheidungen des Grauens
Im Berghof zeigte sich Hitler als „Privatmann“, als hunde- und kinderliebe Vaterfigur, als naturverbundener Übervater der Volksgemeinschaft. Im Gegensatz zu seinen öffentlichen Auftritten im Reichgebiet, präsentierte er sich häufig nicht in Uniform, gab sich auch bei Besuchen von Militärs und Staatsgästen betont bürgerlich. Die Propagandamaschinerie der Nazis bediente hinlänglich das Bild des Führers, der, umgeben vom beeindruckenden Panorama der Alpen, von seinem Berg herab die Geschicke „seines“ Volkes bestimmte. Doch am Obersalzberg fielen auch wesentliche Entscheidungen für Krieg, Terror und Völkermord. Gerade durch diesen Gegensatz zwischen inszenierter Idylle und den Verbrechen des Nationalsozialismus lässt sich die Widersprüchlichkeit der NS-Propaganda und der Gegensatz zwischen Inszenierung und Wirklichkeit des Regimes verdeutlichen.
Das schwierige Erbe

Nachkriegszeit
Seit Beginn der alliierten Luftangriffe auf Deutschland im Jahr 1943 wird der Obersalzberg unterirdisch ausgebaut. Die Alliierten vermuten hier einen Teil der riesigen Alpenfestung, den letzten Rückzugsort der Nazis. Deshalb bombardieren britische und amerikanische Flugzeuge am 25. April 1945 den gesamten Obersalzberg und zerstörten einen Großteil der Bauwerke. Die Ruinen des Berghofs, der Häuser Görings und Bormanns und der SS-Kaserne wurden 1952 gesprengt, um jegliches „Nazi-Pilgertum“ zu verhindern. Ab 1953 wurden Teile des Obersalzbergs von den amerikanischen Streitkräften als Erholungsgebiet genutzt und waren damit nur amerikanischen Militärangehörigen zugänglich. 1996 wird das Areal von den amerikanische Streitkräften an den Freistaat Bayern zurückgegeben.

Andenken
Nach der Aufhebung der Sperrung für Deutsche 1949 setzte ein Massentourismus auf dem Obersalzberg ein. Jedoch kamen nicht alle wegen der schönen Natur. Es entwickelte sich ein blühender Handel mit Hitler-Andenken und dubiosen Hochglanzbroschüren. Kommerzielle und verharmlosende Videos und Broschüren waren denn auch jahrzehntelang die einzigen Quellen vor Ort, aus denen Besucher sich über die Geschichte des Ortes informieren konnten. Nach langen Debatten konnte 1999 das Institut für Zeitgeschichte München auf den Grundmauern des ehemaligen Gästehauses ein Dokumentationszentrum „Obersalzberg“ eröffnen, deren Schwerpunkt die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Geschichte des Ortes ist. Im Jahre 2000 wurde mit dem Platterhof das größte noch erhaltene Gebäude aus der NS-Zeit abgerissen, um die Voraussetzung für den Bau eines Luxushotels zu schaffen. Das 2005 eröffnete Fünfsterne-Hotel will an die touristische Tradition des Obersalzbergs vor dem Dritten Reich anknüpfen.