Die Anfänge des Brandenburger Tors
Nach griechischem Vorbild
Als repräsentatives Stadttor für das preußische Berlin wurde das Brandenburger Tor von 1788 bis 1791 vom Architekten Carl Gotthard Langhans erbaut. Es entstand an der Stelle, an der vorher ein kleineres Stadttor gestanden hatte und sollte den westlichen Abschluss des Prachtboulevards „Unter den Linden“ bilden. Gestaltet wurde das Bauwerk nach dem Vorbild der Propyläen, dem monumentalen Eingang der Akropolis von Athen. Doch auch die Ausmaße des Brandenburger Tors wurden imposant: 26 Meter hoch, 65,5 Meter breit, der Mittelbau mit seinen fünf Durchfahrten elf Meter tief.

Die Quadriga
Zwei Jahre nach Fertigstellung des Tors wurde ein von vier Pferden gezogener Streitwagen mit der Friedensgöttin Eirene auf dem Tor aufgestellt – die Quadriga. Der junge Berliner Bildhauer Johann Gottfried Schadow hatte die gewaltige Skulptur aus Kupfer getrieben. Um die Pferde der Quadriga so realistisch wie möglich zu gestalten, hatte Schadow monatelang Pferdestudien betrieben.
Retourkutsche
Im Oktober 1806 marschierten französische Truppen in Berlin ein und zogen durch das Brandenburger Tor. Zwei Monate später ließ Napoleon die Quadriga abnehmen und zu Wasser nach Paris transportieren. Er kam jedoch nicht mehr dazu, sie aufzustellen: 1814 holten die Preußen das Gespann aus Kupfer zurück. Die Quadriga wurde mit Blickrichtung in die Stadt wieder aufgestellt, ergänzt durch das Eiserne Kreuz im Ehrenkranz, darauf der preußische Adler. Nach ihrer Rückkehr soll die Quadriga vom Berliner Volksmund den Namen „Retourkutsche“ erhalten haben.

Bewegte Zeiten am Brandenburger Tor
Paradeplatz für die Nationalsozialisten
Mit einem Fackelzug der SA durch das Brandenburger Tor feierten die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 ihre Machtergreifung. In den folgenden Jahren wurde das Tor zur Aufmarschkulisse der Nazis. Nach zahlreichen Paraden und Machtdemonstrationen sah das Tor im Zweiten Weltkrieg auf unzählige Kolonnen marschierender Soldaten.
Das Tor an der Sektorengrenze
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs teilten die Siegermächte Berlin in vier Sektoren. Das Brandenburger Tor stand nun im sowjetischen Sektor, die Grenze verlief nur wenige Meter neben dem Tor. In den 50er Jahren war diese Grenze noch passierbar, trotz Teilung in BRD und DDR.
Zerstörung und Rekonstruktion
Während des Kriegs war das Brandenburger Tor stark beschädigt worden. Von der Quadriga blieb nach der Schlacht um Berlin nur noch ein Pferdekopf im Original erhalten. So beschloss die Stadt Berlin 1956, das einzigartige Gebäude wieder aufzubauen. Trotz heftiger Auseinandersetzungen arbeiteten West- und Ostberlin bei der Rekonstruktion zusammen. Für die Wiederherstellung der Quadriga wurden Gipsabdrücke benutzt, die noch während des Zweiten Weltkriegs genommen worden waren. 1958 konnte die Figur wieder auf das restaurierte Bauwerk montiert werden. Die Regierenden von Ostberlin hatten allerdings Eisernes Kreuz und Adler entfernen lassen, als unerwünschte Symbole des preußischen Militarismus.
Arbeiteraufstand in der DDR
Am 17. Juni 1953 eskalierte ein DDR-weiter Aufstand. Arbeiter demonstrierten gegen die schlechte Versorgung und Erhöhung der Arbeitsnormen. Der Streik weitete sich aus. In Berlin zogen 10.000 Menschen von der Ostberliner Stalinallee bis zum Brandenburger Tor. Die SED-Führung war der Situation nicht mehr gewachsen, die Sowjetarmee griff ein: Sowjetische Panzer und Einheiten der Volkspartei schlugen den Aufstand brutal nieder.

Geteiltes Deutschland

Das Tor wird geschlossen
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ So beantwortete noch im Juni 1961 der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht die Frage einer westdeutschen Journalistin. Trotzdem stieg nach Veröffentlichung dieses Interviews die Zahl der DDR-Flüchtlinge noch einmal kräftig an. Am 13. August 1961, einem Sonntag, wurde unter Aufsicht von Volkspolizei und Nationaler Volksarmee (NVA) die Sektorengrenze nach West-Berlin hermetisch abgeriegelt. Straßen wurden aufgerissen, Panzersperren und Zäune aus Stacheldraht errichtet. Die Barrieren zerschnitten eine Weltstadt. Die DDR-Regierung verringerte die Zahl der Grenzübergänge zwischen beiden Stadthälften auf sieben. Familien wurden auseinander gerissen, für mehr als 50.000 Ost-Berliner waren plötzlich ihre Arbeitsplätze im Westen unerreichbar. Die gesamte Bevölkerung reagierte empört und schockiert. Am Potsdamer Platz versammelten sich Tausende von West-Berlinern, um gegen die Absperrmaßnahmen zu demonstrieren. Vor dem Brandenburger Tor setzte die Volkspolizei Wasserwerfer ein, um die Demonstranten zurückzudrängen.
Bau der Mauer
Einen Tag später wurde das Brandenburger Tor auf Anordnung des DDR-Innenministeriums gesperrt, der Stacheldraht durch Betonteile ersetzt. Das Tor verschwand hinter der Mauer. Am 19. August verbarrikadierten Volkspolizisten und Angehörige der Betriebskampfgruppen Türen und Kellerfenster an der Sektorengrenze. Die Bewohner mussten ihre Häuser überstürzt räumen. Erschütternde Szenen spielten sich entlang der Sektorengrenze ab. Immer wieder nutzten Menschen die letzte Möglichkeit zur Flucht und sprangen aus dem Fenster.
Symbol der Teilung
Der Mauerbau war unter absoluter Geheimhaltung im Auftrag von Walter Ulbricht vorbereitet worden. Ausgeführt wurde er von Erich Honecker, dem für Sicherheitsfragen zuständigen Sekretär des SED-Zentralkomitees. Die UdSSR hatte der Abriegelung West-Berlins schon im Voraus zugestimmt. In der DDR stationierte sowjetische Truppen halfen dabei, die Errichtung des „antifaschistischen Schutzwalls“ zu sichern. Bundesregierung und Westmächte mussten diesem Gewaltakt hilflos zusehen. Der Protest der westlichen Alliierten gegen den Mauerbau blieb wirkungslos. 28 Jahre lang war das Brandenburger Tor ein Symbol für das geteilte Deutschland.
Wiedervereinigung

Die Mauer fällt
Politbüromitglied Günter Schabowski gab den Beschluss der DDR-Regierung bekannt, dass „Privatreisen nach dem Ausland ohne Anliegen von Voraussetzungen beantragt werden“ können. Nur wenige Stunden später konnten die Grenzkontrollen den Andrang nicht mehr bewältigen. Unter dem Ansturm von Menschen öffneten sich am 9. November 1989 um 23 Uhr 14 die Schlagbäume in Berlin. Tausende DDR-Bürger strömten in den Westen. Von den West-Berlinern wurden sie umjubelt und mit Sekt empfangen. An den Sektorenübergängen und am Brandenburger Tor spielten sich bewegende Szenen ab. Mit der Öffnung der Mauer begann für die Menschen in beiden Teilen Deutschlands eine neue Ära. Den Ereignissen vorangegangen waren friedliche Demonstrationen und Flüchtlingswellen von DDR-Bürgern über die bereits geöffnete Grenze zwischen Ungarn und Österreich.
Das Brandenburger Tor öffnet sich
Bei einem Treffen im Dezember 1989 vereinbarten Bundeskanzler Helmut Kohl und DDR-Ministerpräsident Hans Modrow, noch vor Weihnachten das Brandenburger Tor für den Fußgängerverkehr zu öffnen. Nachdem tagelang zahlreiche Schaulustige und Fernsehteams am Brandenburger Tor ausgeharrt hatten, um die symbolträchtige Öffnung nicht zu versäumen, begannen am 21. Dezember auf DDR-Seite Arbeiter mit dem Abbruch der Mauer. Kurz nach Mitternacht gab es einen ersten Spalt. Zur Öffnung des Brandenburger Tors am 22. Dezember waren 300.000 Gäste aus Ost und West zusammengekommen, um bei strömendem Regen den Festreden zuzuhören. Ministerpräsident Modrow bezeichnete das Bauwerk in seiner neuen verbindenden Funktion als „Tor des Friedens“. Die beiden Bürgermeister der Stadt, Walter Momper (West) und Erhard Krack (Ost), betonten die neue Aufgabe Berlins in der Phase des Zusammenwachsens zweier deutscher Staaten.
