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Lebensräume · Im Fluss

Naturparadies Donaudelta | Hintergrund

STAND
Autor/in
Uwe Gradwohl

Donaudelta

Galerie - Tiere im Donaudelta

Graureiher (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Graureiher SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
junger Reiher SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Kormorane SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Zwergscharbe SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Seidenreiher SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Nachtreiher SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Rallenreiher SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Braunsichler SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Drosselrohrsänger SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Frosch SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Stare SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Bachstelze SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Pirol SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Sumpfschildkröte SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Brachschwalbe SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Fluss-Seeschwalben SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Säbelschnäbler SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Stelzenläufer SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
griechische Landschildkröte SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Bienenfresser SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Ziesel SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Silbermöwe SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Kormorane SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Löffler SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Würfelnatter SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Krauskopfpelikane SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Rosa-Pelikane SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Bioshärenreservat

Auenwald (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Auenlandschaft im Donaudelta SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Das Donau-Delta SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Biosphärenreservat – was ist das?

Die Biosphäre ist die belebte Zone der Erde – von der Tiefe der Böden und der Meere, bis zu den Gebirgskämmen und der unteren Schicht der Atmosphäre. Je nach Standortbedingungen siedeln sich in verschiedenen Teilen der Biosphäre unterschiedliche Gemeinschaften von Tieren und Pflanzen an. Tiere, Pflanzen und Standortbedingungen passen genau zueinander – ein solches Zusammenspiel nennen die Wissenschaftler „Ökosystem“. Biosphärenreservate sind Schutzgebiete für weltweit einmalige Ökosysteme. Den Titel „Biosphärenreservat“ hat die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) an mehr als 600 Landschaften - verteilt auf der ganzen Erde - vergeben. Darunter sind die Galapagos-Inseln ebenso wie der Pfälzerwald und seit 1990 auch das Donaudelta. Biosphärenreservate sind in unterschiedlich strenge Schutzzonen eingeteilt. Die wertvollsten Teile des Reservates, in denen das Ökosystem noch intakt ist, sind die Kernzonen. Sie dürfen von Menschen nicht betreten werden. In Pufferzonen dürfen Menschen die Landschaft mit Einschränkungen nutzen. Fischer dürfen hier z.B. im Frühjahr nicht fischen, um die Vogelbrut nicht zu stören. In Wirtschaftszonen ist den Menschen die Nutzung erlaubt. In Renaturierungszonen versuchen Forscher, das natürliche Ökosystem wiederherzustellen. Aus Äckern werden z.B. wieder Feuchtwiesen oder Wälder.

Schilf (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Schilfbestand im Donau-Delta SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Wo fester Grund vorhanden ist, wachsen Auenwälder SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Der Leteawald liegt auf der ältesten Sandbank des Deltas SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Was ist das Besondere am Biosphärenreservat Donaudelta?

Das Delta der Donau ist gerade mal 10.000 Jahre alt. Erst seit dem Ende der letzten Eiszeit wachsen die Sedimentablagerungen von der Mündungsbucht der Donau in das Schwarze Meer hinein. Von den Berghängen der Alpen und Karpaten wird seitdem Geröll und feiner Schlamm in die Donau gespült. Das grobe Geröll setzt sich bereits in strömungsstarken Bereichen des Flusslaufes ab. Der feine Schlamm wird bis in die Untere Donau transportiert und landet schließlich im Schwarzen Meer. Die Meeresströmungen verteilen den Schlamm nicht im ganzen Meer, sondern häufen ihn in der Meeresbucht an. Durch den Berg von Sand und Schlamm, der inzwischen weit über 5000 Quadratkilometer groß ist, zieht sich an der Oberfläche ein Irrgarten von Wasserläufen. Einige davon werden immer wieder von Sand oder Schilfinseln verstopft und verlanden, andere werden durch Hochwasser neu geschaffen. So verändert sich das Delta ständig. Ziemlich unverändert bleiben nur die drei großen Mündungsarme der Donau, denn sie sind inzwischen zum großen Teil kanalisiert und begradigt. Vor der Begradigung hat die Donau an den Außenseiten der Fluss-Schleifen die Ufer erodiert und an den strömungsschwachen Innenseiten der Mäander Material abgelagert. Die Schleifen sind so manchmal mehrere hundert Meter im Jahr durch das Delta gewandert! Außerdem überschwemmte der Fluss immer wieder fast das gesamte Delta. Trocken blieben nur die höchsten Erhebungen, die wenige Meter hohen Sanddünen im Zentrum des Deltas. In dieser Landschaft waren also Überschwemmungskatastrophen durchaus etwas Normales. Ein Lehrsatz der Ökologie lautet, dass sich in „katastrophenreichen“ Landschaften viel mehr Arten ansiedeln können, als in ruhigen, unveränderlichen Zonen. Denn wo ständig Störungen geschehen, wo sich Lebensräume von einem Tag auf den anderen verändern, findet keine Art ausreichend Zeit, sich so stark zu entwickeln, dass sie andere verdrängen kann. Will man nun aber im Delta Landwirtschaft oder Fischfang betreiben, oder gar ein Hotel für Touristen bauen, dann kann die „katastrophale Unruhe“ im Deltasystem dem wirtschaftlichen Erfolg im Weg stehen. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde das Delta deshalb „beruhigt“: Man lernte, Deiche zu bauen, die weite Gebiete vor Überflutungen schützten. Man befestigte die Ufer der Schifffahrtswege im Delta, so dass die Mäander nicht mehr wandern konnten. Die Schifffahrt nahm zu, die Häfen wurden ausgebaut. In Rumänien wurden in den 1980er Jahren der Ceausescu-Diktatur große Teile des Deltas entwässert und auf den so neu entstandenen Flächen Getreide angebaut. Unzugängliche Auenwälder wurden ersetzt durch am Reißbrett geplante Holzplantagen aus schnell wachsenden Pappeln. Nicht nur im Delta, sondern auch entlang des gesamten Donaulaufes wurde der Fluss durch Dammbauten und Staumauern ruhig gestellt. Schließlich wurde der Donau in West und Ost die Rolle des Abwasserkanals für die Industrie und die Städte zugewiesen.

Wie wirkt sich der Umbau des Deltas auf das Ökosystem aus?

Die Ruhigstellung und Verschmutzung der Donau hat Auswirkungen: Wegen der Dämme fehlen den Fischen flach überflutete Wiesen, auf denen sie ablaichen können. Die Fischbestände gehen zurück. In den Pappelplantagen können keine Reiher nisten. Auf den trockengelegten Ackerflächen finden Wasservögel keine Nahrung. Den Schildkröten fehlen die Sanddünen für die Eiablage. Große Schafherden auf Feuchtwiesen zertrampeln Brutgelege und Salzpflanzen-Populationen. Abgeerntete Schilfflächen bieten zurückkehrenden Vögeln im Frühjahr keine Deckung. Durch die Verlängerung des Donaukanals um einige Kilometer ins offene Meer hinaus, wird der ankommende Donauschlamm nun von der Meeresströmung weiter nach Süden transportiert als zuvor. Der Deltaküste fehlt der Schlammnachschub, sie wird vom Meer jedes Jahr um mehrere Meter abgetragen. Bugwellen von Motorbooten unterspülen die Wurzeln der Auenwälder. Die Wälder, denen das natürliche Hochwasser lange nicht den Grund wegreißen kann, sacken nach und nach ab in den Fluss.

Bewohner des Deltas

Dorf Letea (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Letea - Die Menschen leben von Fischfang und bescheidener Landwirtschaft SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Bewohner des Deltas SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Wer lebt im Delta?

Das Delta ist heute Grenzgebiet zwischen Rumänien und der Ukraine. Doch das heißt nicht, dass nur Ukrainer oder Rumänen im Delta leben. In Tulcea, der größten Stadt am Deltarand auf rumänischer Seite, zählt die Verwaltung viele Nationalitäten. Manche Familiennamen und auch Ortsnamen im Delta sind türkischen Ursprungs. Auf dem alten Friedhof von Tulcea stehen sogar Gräber mit arabischen und griechischen Schriftzeichen. Mit den verschiedenen Volksgruppen kamen auch unterschiedliche Glaubensrichtungen: griechisch-orthodox, römisch-katholisch, jüdisch und moslemisch. Und als der Sulina-Arm - der mittlere Mündungsarm der Donau ins Schwarze Meer – zum Kanal ausgebaut wurde, kamen im Auftrag der Europäischen Donaukommission Engländer, Franzosen, Deutsche und Italiener nach Sulina. Ein kleines Fischervölkchen – die Lipowaner – hat sich nicht in den Hafenstädten am Rand des Deltas angesiedelt, sondern mitten in den unzugänglichen Sümpfen.

Mit der immer stärkeren Industrialisierung der Fischerei und der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, ging auch das zurückgezogene Leben der Lipowaner im Delta zu Ende – sowohl in Rumänien, als auch in der Ukraine. In Rumänien war das Donau-Delta-Institut seit 1970 für die „Nutzbarmachung“ des Deltas zuständig. 20 Jahre lang planten 400 Wissenschaftler den Umbau großer Teile der Urlandschaft in eine riesige Produktionsstätte für Fisch, Schilf, Getreide, Holz und Baustoffe. Im Jahr 1989 kam dann die Revolution in Rumänien – das Institut verschreibt sich fortan dem Naturschutz und der Aufgabe, Regeln für die Nutzung des Deltas zu entwerfen.

Was halten die Deltabewohner vom Biosphärenreservat?

Im ukrainischen Deltastädtchen Vilkovo wehren sich die Fischer gegen Einschränkungen beim Fischfang. Wenn sie weniger fangen dürfen, dann sei zwar der Fischbestand weniger bedroht, sagen sie, aber ihre Familien müssten hungern. Also was tun? Auf der anderen Seite der Grenze, im rumänischen Dorf Caraorman, bedauern viele der Alten, dass das Donaudelta zu einem Schutzgebiet erhoben wurde. Eine Industrialisierung der Region hätte vielleicht Arbeitsplätze für die Jungen geschaffen. Als Nationalpark erscheint vielen das Delta als „totes Kapital“, von dem niemand leben kann. Der wirtschaftliche Gewinn aus der Industrialisierung des Deltas wird von vielen wichtiger eingestuft als der Schutz des Deltas.

Was bietet ein intaktes Delta den Menschen?

Der World Wide Fund for Nature (WWF) hat in einer Studie den Versuch unternommen, den „Wert des Deltas“ zu berechnen. Das ist eine heikle Angelegenheit, denn wer Argumente aus einer solchen Untersuchung in die umweltpolitische Diskussion einbringt, muss sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, das Delta als reines Wirtschaftsgut zu betrachten und nicht als ein Ökosystem, das jenseits aller wirtschaftlichen Betrachtungen zu schützen ist. Das Delta, so heißt es in der Studie, biete durch seine bloße Existenz Erholungsmöglichkeiten für Urlauber, es biete in gewissem Umfang auch Rohstoffe, die ohne Zerstörung des Deltas zu gewinnen seien, und es sei eine hervorragende natürliche Kläranlage für Nitrate und Phosphate im Donauwasser. Das Ergebnis der Studie: Aus jedem Hektar Delta lassen sich durch Tourismus 107 Euro, durch Rohstofferträge 65 Euro und durch die Klärfunktion 233 Euro pro Jahr erwirtschaften. Und das Delta ist gut 600.000 Hektar groß. Gesamterlös pro Jahr also nach dieser Kalkulation ungefähr 243 Millionen Euro.

Seerosen (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Donau-Delta SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
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Rohstoffe und Tourismus

Das Delta als „natürliche Kläranlage“

Der Bau eines ganzen Netzwerks von neuen Kanälen im Delta hat dazu geführt, dass das Hochwasser heute schneller aus dem Delta abfließt und nicht mehr so lange im Delta selbst steht und versickert. Lange Dammlinien verhindern auch in weiten Bereichen, dass der Fluss mit dem Hochwasser das Umland durchtränkt. Das hat Folgen für die Reinigung des Flusswassers. Die Donau ist recht hoch mit Phosphor und Stickstoff belastet. Diese Elemente sind in Düngemitteln enthalten und werden bei übermäßiger Düngung der Äcker über das Grund- und Oberflächenwasser dem Fluss zugetragen. Die Schilfpflanzen des Deltas können einen Teil der Phosphate und Nitrate binden. Im Delta ist die Klärfunktion aber durch die „Zähmung der Donau“ gestört: Der Nördliche Donauarm (Cilia-Arm) verlor durch Trockenlegung einen großen Teil seiner Nebenarme. Er hat außerdem von Natur aus wenig Mäander. Viele Nebenarme und weite Mäander verbessern aber die Reinigungsleistung des Flusses. Der Cilia-Arm reinigt das Wasser schlechter, als die beiden anderen Deltaarme (Sfinthu-Gheorghe-Arm und Sulina-Arm), die zwar auch begradigt wurden, deren Mäander aber noch an die begradigte Strecke angeschlossen sind.

Nährstoffe in den Delta-Armen

Stickstoff (in 1000 Tonnen pro Jahr)
GebietEintragAbgabe ins MeerReinigungsleistung
Cilia-Arm302297.14.9 = 01.6%
Sf. Gheorghe-Arm90.461.828.6 = 31.6%
Sulina-Arm58.627.131.5 = 53.8%
Phosphor (in 1000 Tonnen pro Jahr)
GebietEintragAbgabe ins MeerReinigungsleistung
Cilia-Arm26.526.20.3 = 01.10 %
Sf. Gheorghe-Arm8.05.92.1 = 26.25%
Sulina-Arm5.24.30.9 = 17.30 %

Tabellen: Messergebnisse der Danube Integrated Environment Study

Tourismus nach der Revolution 1989

Das Delta ist eigentlich ein beliebtes Ausflugsziel für Urlauber in Rumänien und der Ukraine. Seit den 1990er Jahren haben die Hotels in der rumänischen Deltastadt Tulcea allerdings Probleme, ihre Zimmer belegt zu bekommen. Die Revolution hat 1989 zwar die Diktatur Ceausescus beseitigt, aber gleichzeitig die ökonomische Krise im Land verschärft. Das Angebot an Lebensmitteln ist jetzt zwar größer als in den letzten Jahren der Diktatur, und auch elektrischer Strom ist zu allen Tageszeiten verfügbar, aber die Waren sind für Einheimische extrem teuer geworden. Vor allem junge Familien können sich kaum einen Urlaub leisten. Deshalb sind die Unterkünfte im Delta nicht mehr so gut belegt. Die kleinen Reisebüros hoffen auf gute Geschäfte mit Reisegruppen aus dem Ausland. Doch auch deren Zahl ist gesunken. Das Image Rumäniens im Westen Europas ist nicht das Beste, und viele Reisende wollen nicht ins Delta, weil sie dort nicht den Komfort finden, den sie von traditionellen westeuropäischen Urlaubsregionen gewohnt sind. So kommen bislang vor allem Vogelkundler aus dem Ausland zu Expeditionen ins Delta. Die Bewohner des Deltas profitieren aber kaum von diesem Tourismus. Denn die Besucher wohnen in großen Hotels, die von den Städten aus versorgt werden.

Tourismus – wieviel erträgt das Delta?

Besucher aus der ganzen Welt kommen in das Donau-Delta. Sie möchten die Tiere des Deltas am liebsten ganz nah sehen. Bildet zwei Gruppen: Die erste Gruppe sind die „Reiseveranstalter“. Sie möchten den Touristen alle Wünsche erfüllen, um gutes Geld zu verdienen. In der zweiten Gruppe sind die „Naturschützer“. Sie wollen am liebsten gar keine Störung durch Menschen im Delta. Die Gruppen sollen nun zunächst einmal jede für sich Argumente für ihre Position sammeln. Dann sollen die Gruppen miteinander streiten. Könnt ihr Euch auf einige Regeln einigen nach denen sich der Tourismus im Delta abspielen soll?
In der ersten Hälfte der 90er Jahre kamen immer weniger Besucher ins Delta. Was sind die Gründe dafür? Wie könnten sich die Besucherzahlen in der Zukunft entwickeln?

Welches sind die „Rohstoffe“ des Deltas?

Bewohner und Wirtschaftsunternehmen ernten das Schilf des Deltas. Das Schilf wird auch nach Westeuropa exportiert und dort als Schilfmatte verkauft oder zum Decken von Dächern verwendet. Das Geschäft mit dem Schilf verspricht gute Gewinne, sind doch die Stundenlöhne für die Erntearbeiter im Delta (Monatslohn ca. 100 DM) sehr niedrig im Vergleich zum Verkaufspreis für Schilf, zum Beispiel in Norddeutschland. Wie das Schilf können auch Sand und Lehm als Baustoff verwendet werden. Für den Handel über weite Strecken sind diese Stoffe aber zu schwer, und sie kommen auch häufiger in Europa vor als die doch recht seltenen Schilfwälder. Ein besonderer „Rohstoff“ des Deltas sind seine Fische. 75 Arten leben im Delta, viele davon sind Speisefische. Im Vergleich zur Pflege von Schilfressourcen ist es aber ungleich schwieriger, Fischvorkommen zu nutzen, ohne sie auf Dauer zu zerstören. Ein Fischbestand im lehmtrüben Donauwasser läßt sich viel schwieriger kontrollieren als ein auf dem Wasser treibendes Schilffeld. Außerdem ist für viele Fischarten noch gar nicht bekannt, in welcher Weise ihr Überleben vom Zustand der Donau und ihres Deltas abhängig ist. Nehmen wir als Beispiel den Stör. Dieser Knochenfisch wird bis zu zwei Meter groß und wandert, oder besser wanderte, jedes Frühjahr die Donau hinauf bis nach Österreich, um dort abzulaichen. Die Wanderung findet heute ein jähes Ende an der ersten Staumauer am Karpatendurchbruch der Donau an der rumänisch-serbischen Grenze. Die Laichgebiete unterhalb der Staumauer sind durch Dämme vom Fluß abgetrennt. Die Fortpflanzung des Störs scheitert also an Hindernissen bei seiner Wanderung. Soweit das Wissen. Doch selbst wenn alle Staumauern mit Fischtreppen versehen würden oder sogar eingerissen würden, wäre es nicht sicher, ob die Störe in der Donau überleben könnten. Denn zu vieles ist noch Spekulation, was das Störverhalten betrifft: Brauchen die Jungstöre etwa ruhige Futterplätze am Grund des Deltas, bevor sie ins Schwarze Meer übersiedeln? Wenn ja, welches sind die Futterpflanzen, und sind diese vielleicht durch die schlechte Wasserqualität zerstört? Vertreibt der Motorenlärm der Schiffe die Störe? Wie müssen Fischtreppen beschaffen sein, damit sie von den Stören angenommen werden? Die Fischer des Deltas wollen den Stör nun nachzüchten, in Fischzuchtanlagen. Denn im Fluss sind nicht mehr genügend Störe, um den Weltmarkt zu beliefern. Für den Wiederaufbau der Störpopulation im Fluss soll in einem großen Projekt Grundwissen gesammelt werden.

Hintergrundmaterial zum gesamten Schwerpunkt

Lebensräume · Im Fluss | Ergänzender Hintergrund

Wenn ein winziges Lachsbaby in einem Rheinzufluss aus seinem Ei schlüpft, liegt ein aufregendes Abenteuer vor ihm. Auf seinem Weg zum Atlantik und wieder zurück wird dieser Fisch eine kräftezehrende Strecke von mehreren tausend Kilometern zurücklegen. Die große Zeit der Rheinlachse ist heute allerdings passé. Durch die Rheinbegradigung und den Bau von Staustufen wurden die Lachswanderungen stark behindert. Schon seit jeher siedeln Menschen gerne in der Nähe eines Flusses, nutzen ihn als Trinkwasser- und Nahrungsressource, für die Binnenschifffahrt, als Energie- und Rohstofflieferant. Noch in den 1980er Jahren war der Rhein durch industrielle Abwässer stark belastet und mancherorts nahezu „tot“. Bis heute hat sich in Sachen Wasserschutz glücklicherweise schon viel getan aber es gibt weiterhin noch viel zu tun. Nicht nur sauberes Wasser ist wichtig für gesunde Flüsse. Auch der Erhalt und die Renaturierung von Auenlandschaften sind Zukunftsprojekte, die sich lohnen, denn sie sind für ein intaktes Flussökosystem unerlässlich. Flüsse mit intakten Auenlandschaften und Deltaregionen sind faszinierende Ökosysteme und Schatzkammern der Artenvielfalt.

Alle Themen zum Schwerpunkt Lebensräume · Im Fluss

3000 Meilen gegen den Strom

Jahrtausendelang schwammen im Rhein mehr Lachse als in jedem anderen Fluss Europas; für die Fischer waren sie der wichtigste Fang. Doch die ungehemmte Industrialisierung machte im 20. Jahrhundert aus dem Lachsfluss eine Kloake. Giftige Abwässer, Kanalisierung und Staustufen führten dazu, dass die anspruchsvollen Fische Ende der 1950er Jahre ausstarben. Doch das Unglaubliche ist gelungen. Ein Aktionsplan der Rheinanlieger hat dafür gesorgt, dass die majestätischen Fische zurückgekehrt sind. Das Team verfolgt den Weg der Lachse von Grönland bis zur Rheinmündung, von Rotterdam bis zu ihren Laichgründen an der Sieg und im Elsass. Zum ersten Mal erlebt der Zuschauer den Rhein aus Fischperspektive.

Hochwasser in den Rheinauen

Natürliche Auwälder sind rar geworden. Um den Rhein zu einer der größten Wasserstraßen Europas zu machen, wurde er begradigt, vertieft und eingedeicht. So haben nicht nur viele Pflanzen und Tiere ihren Lebensraum verloren, auch die Hochwassergefahr für die Anwohner ist gestiegen.
Polder, ökologische Flutungen und Renaturierungsmaßnahmen können beidem entgegenwirken. Wo der Wald regelmäßig überschwemmt wird, entsteht ein ganz besonderes Ökosystem, in dem sich seltene Arten wie Kammmolch und Eisvogel wohlfühlen. Bei Hochwasser können sich die Fluten hier verteilen, ohne menschliche Siedlungen in Mitleidenschaft zu ziehen. Ein aufwändiges Netz von Schleusen und Kanälen ist erforderlich, um die Nachteile der Flussbegradigung wieder auszugleichen.

Leben mit dem Hochwasser SWR Fernsehen

Naturparadies Donaudelta

Das Donaudelta ist eine noch weitgehend unberührte Naturlandschaft, ein Paradies für über 170 Vogelarten, die hier brüten, für Schlangen und zahlreiche weitere Tiere und Pflanzen. Damit es dabei bleibt, wurde im rumänischen Teil des Deltas ein Biosphärenreservat eingerichtet. Hier sollen Mensch und Natur im Einklang leben. Der Tierfilmer Otto Hahn suchte die unterschiedlichsten Biotope an der Mündung der Donau ins Schwarze Meer auf und entdeckte Krauskopf-Pelikane, Löffler, Bienenfresser, Stelzenläufer, Sumpf-Schildkröten, Würfelnattern und Ziesel.

Natur nah: Naturparadies am Schwarzen Meer SWR Fernsehen

1. Vogelparadies am Wüstenrand

Für viele Menschen im Sahel ist Wasser knapp. Heiße Winde wehen aus der Sahara heran und machen den Senegalesen das Leben schwer. Doch jedes Jahr im Herbst ändert sich die Situation. Nach ergiebigen Regenfällen tritt der Senegal über die Ufer, verändert das Land und auch den Djoudj- Nationalpark. Wo kurz zuvor noch der Boden in der Sonne glühte, erstrecken sich flache Lagunen, von farbenprächtigen Lotusblumen bedeckt. Es entsteht eine Lebensfülle, die ihresgleichen sucht. Millionen Zugvögel aus Europa treffen ein, und Tausende Pelikane ziehen hier ihren Nachwuchs auf. Sie fischen im Senegal-Fluss, in dem sich jetzt die Fische tummeln und der Nilkrokodile, Warane, Kormorane, Schlangenhalstaucher und auch die Menschen ernährt. Die Männer trocknen den Fisch in der Sonne; als Stockfisch wird er ins Landesinnere transportiert. Die Frauen ernten Lotusfrüchte und verfeinern damit den Couscous. Auch Warzenschweine haben es auf die nahrhaften Samen abgesehen, und Warane räubern Eier aus der Pelikankolonie. Alle sorgen vor, denn die Zeit des Überflusses wird bald vorbei sein.

2. Vogelparadies am Wüstenrand

Anfang Januar ist vom bevorstehenden Mangel im Djoudj-Nationalpark noch nichts zu spüren. Pelikane kreisen auf ihren Streifzügen über dem Delta des Senegal. Sie fischen in Gruppen und brauchen an manchen Stellen nur den Schnabel ins Wasser zu tauchen, und schon zappelt ein Fisch im Kehlsack. Kormorane leben auch auf Klippen über dem Meer. Die Küstengewässer im Westen Afrikas gehören zu den fischreichsten der Welt. Dennoch haben es die 50.000 Küstenfischer schwer, ihre Familien zu ernähren, seit immer mehr Trawlerflotten aus Europa hier kreuzen. Im Februar steht das Wasser im Djoudj-Nationalpark nur noch in kleinen Senken. An der größten Lagune kommen Heerscharen von Tieren zusammen – eine Million Enten sind keine Seltenheit. Die letzten Winterwochen bringen sie hier zu, bevor es wieder in die Brutgebiete geht, bis nach Sibirien. Die Dornbuschsavanne am Rande des Deltas ist jetzt schon ausgetrocknet. Die Peulh, ein halbnomadisch lebender Hirtenstamm, schöpfen Wasser aus über 60 Meter tiefen Brunnen. Ihr Vieh hat nur noch wenig zu fressen. Andere Stämme kratzen jetzt Salz zusammen, an Stellen, wo das Meer das Delta einst überflutete. Harte Arbeit für bescheidenen Lohn. Pelikane, die Ende Februar noch nicht flugtauglich sind, haben keine Chance zu überleben. Denn die Überschwemmungsgebiete am Rande der Wüste sind Paradiese auf Zeit. Erst mit der neuen Flut, nach Monaten der Dürre, kehrt das Leben zurück.

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Autor/in
Uwe Gradwohl