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Lebensräume · Im Fluss

3000 Meilen gegen den Strom | Hintergrund

STAND
Autor/in
Silke Harrer

Rhein-Lachs

Lachs-Biologie - Allgemeines

Ein Lachs unterwasser (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)

Die im Film gezeigten "Rhein-Lachse" gehören zu den Atlantischen Lachsen (Salmo salmar). Diese Art gehört in die Familie der Salmonidae (Lachsartige), der auch Bach- und Regenbogenforelle angehören. Lachse werden, wie auch die Flussaale, als Wanderfische bezeichnet - in Abgrenzung zu den ortstreuen Standfischen, wie z.B. Karpfen. Der Lebenszyklus der Atlantischen Lachse findet zwischen europäischen Flüssen und dem Atlantik statt.

Lachse - "Wanderer zwischen den Welten"

Lachseier (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
In den kiesreichen Nebenflüssen des Rheins liegt die Kinderstube der Lachse

Hochzeit, Geburt und Kinderstube

Die Laichgebiete der atlantischen Lachse befinden sich in den Oberläufen europäischer Flüsse und in Bächen, denn Eier und Jungfische benötigen sauberes Wasser das zudem kalt sein sollte, weil dann viel Sauerstoff darin gelöst ist. Deshalb laichen die Lachse in den kalten Monaten November und Dezember. Nach etwa 100 - 200 Tagen schlüpfen Larven, die sich vom Dottersack ernähren. Sie bleiben solange in der Laichgrube, bis der Dottersack aufgebraucht ist, dann verlassen sie als Jungfische die Grube und leben von Kleinkrebsen und Wasserinsekten.

junger Lachs (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
In jedem Gelege reifen bis zu 30.000 Eier an. Am Ende werden nur zwei oder drei Lachse den Weg nach Grönland und zurück schaffen Bild in Detailansicht öffnen
Ein junger Lachs Bild in Detailansicht öffnen
Landschaft Nordatlantik (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
In den Gewässern des Nordatlantiks liegen die Jagdgründe der Lachse und dort sammeln sie Energiereserven

Auf Wanderschaft in den Nordatlantik

Nach etwa zwei bis drei Jahren befällt die Junglachse eine Unruhe. Sie sind nun 10 bis 20 Zentimeter groß. Die jungen Fische hält es nicht mehr in der Heimat. Sie lassen sich Bach abwärts treiben und wandern in kleinen Schwärmen in den Rhein. Auch hier lassen sie sich mit der Strömung treiben - immer weiter Richtung Meer. Im Mündungsgebiet halten sie sich eine Weile auf um sich an das Salzwasser zu gewöhnen. Nun geht es weiter in den Nordatlantik, wo sich Lachse aus verschiedenen europäischen Gebieten und aus Amerika treffen. Sie leben wie im Schlaraffenland als Räuber von Fischen wie Makrelen und Heringen und von Krebsen. Hierbei wachsen sie schnell heran: jährlich können sie ihre Länge verdreifachen. So werden die Männchen bis zu 150 Zentimeter lang und 36 Kilogramm schwer; die Weibchen bis 120 Zentimeter und 20 Kilogramm. Das Fleisch der Tiere verfärbt sich in der Wachstumszeit rosa, durch die Farbstoffe der Krustentiere, von denen sie sich ernähren.

Lachs (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Nach geraumer Zeit im Norden packt sie die Sehnsucht nach den Flüssen ihrer Kindheit Bild in Detailansicht öffnen
Schifffahrt auf dem Rhein Bild in Detailansicht öffnen

Zurück ins Geburtsgewässer

Nach 1-3 Jahren im Schlaraffenland wandern die kräftigen Lachse von Juli bis September aus dem Meer ab, zurück zum Süßwasser. Ein innerer Kompass hilft ihnen wahrscheinlich bei der Orientierung im Erdmagnetfeld, so dass die Fische das Mündungsgebiet des Rheines wiederfinden. Wieder halten sie sich eine zeitlang im brackigen Wasser auf um das "physiologische Problem" der Umstellung zwischen Salz- und Süßwasser zu lösen. Während die Fische im Meer leben, trinken sie Meerwasser und scheiden überflüssige Ionen über die Kiemen aus, wie andere Meeresfische auch. Im Verlauf der Einwanderung in das Süßwasser aber stellen die Lachse das Trinken ein. Ihre Kiemen beginnen nun, aus dem salzarmen Milieu Ionen aufzunehmen, die der Körper benötigt.

Über die Flussmündungen schwimmen sie nun in den Rhein und beginnen ihren Laichaufstieg. Täglich schwimmen die Lachse etwa 40 Kilometer gegen den Strom. Eine starke Leistung, vor allem wenn man berücksichtigt, dass der Fisch im Fluss nichts frisst. Er lebt von den Energiereserven, die er sich im Meer angefressen hat. Sie reichen auch für kräftige Sprünge, die er gelegentlich machen muss, um Hindernisse wie kleine Wasserfälle und Wehre zu überspringen. Durch einen kräftigen Schwanzschlag schnellt er aus dem Wasser und springt bis zu drei Meter hoch und fünf Meter weit.

Auch die Leistung seiner Sinnesorgane ist beachtlich. Mit dem Seitenlinienorgan prüft er Strömungsverhältnisse und sucht den besten Weg. Mit dem Geruchssinn findet er genau den Fluss oder Bach wieder, in dem er selbst geboren wurde, denn jedes Gewässer hat seinen charakteristischen Geruch aufgrund von gelösten Substanzen.

Lachse bei der Fortpflanzung (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Hochzeit der Lachse im Geburtsgewässer

Hochzeit

Die Strapazen des Flussaufstieges nehmen die Lachse allein für die Fortpflanzung auf sich. Nach der Ankunft im Geburtsgewässer wird "Hochzeit gefeiert". Die Weibchen graben mit ihren Schwanzflossen hierfür Laichgruben. Das Liebesspiel beginnt, wenn das Männchen das Weibchen wiederholt mit dem Mund in die Seite stupst. Dann schwimmen beide Seite an Seite, schmiegen sich schließlich in der Laichgrube aneinander und öffnen weit ihre Mäuler, wenn sie gleichzeitig Eier und Samen ausstoßen. Die Gruben werden dann zugedeckt; in ihrem Schutz entwickeln sich die Eier.

Danach sterben etwa 80 bis 90 Prozent der Tiere an Entkräftung. Die Tiere, welche die Strapazen überleben, wandern wieder ab zum Meer um hier neue Energiereserven anzufressen. Nach ein bis zwei Jahren steigen sie wieder zur Fortpflanzung auf; dies wiederholt sich aber höchstens drei Mal.

Rhein und Lachse - Sterben auf Raten

Der unter "Lachse - "Wanderer zwischen den Welten"" beschriebene Lebenszyklus und die Wanderschaft galt so über Jahrtausende für die Rheinlachse. Zu Hunderttausenden wanderten jährlich Lachsschwärme aus dem Atlantik ein.

Bis ins 19. Jahrhundert galt der Rhein als der ergiebigste Lachsfluss Europas. Für die Fischerei spielten die übrigen Fische nur eine untergeordnete Rolle. Die in der Grafik dargestellten Fangzahlen dokumentieren die Bedeutung des Lachses für die Rheinfischerei. Für den Rückgang der Lachsfänge im 20. Jahrhundert bis zum völligen Aussterben dieser Fischart in den 1950er Jahren gibt es verschiedene Ursachen:

Sperrnetzfischerei

Die Sperrnetzfischerei, bei der zum Teil auf der ganzen Flussbreite Sperrnetze gespannt wurden, griff stark in die Lachsbestände ein. Diese "Raubbaumethode" schädigte nicht nur die Fischbestände sondern auch die stromaufwärts gelegene Fischerei. Deshalb wurde 1885 ein Vertrag zwischen der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden geschlossen, der es verbot, den Stromlauf auf mehr als der Hälfte seiner Breite zu sperren.

Auenwald (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Rheinaue Bild in Detailansicht öffnen
In Iffezheim blockiert das erste von 20 Wasserkraftwerken den Rhein. Seit 2000 gibt es eine Lachstreppe Bild in Detailansicht öffnen

Ausbau des Rheines

Der Ausbau des Rheines und die damit verbundene katastrophalen ökologischen Auswirkungen lassen sich anhand der Maßnahmen im Bereich des Ober- und Niederrheins zeigen. Mit dem Rheinausbau zum Schifffahrtsweg begann man im Oberrheingebiet 1817 unter Leitung des Wasserbauingenieurs Tulla. Seine Methode war es, den verästelten und mäandrierenden Strom auf ein Hauptbett zu konzentrieren. 1876 war sein Werk vollendet. Das Ergebnis der Tullaschen Rheinkorrektur war eine Verkürzung des ursprünglichen Verlaufs zwischen Basel und Mannheim um 90 Kilometer, ein Viertel seiner Länge. Der Rhein floss nun schneller und damit nahm die Tiefenerosion zu. Mit dem Flusswasserspiegel sank auch der Grundwasserspiegel. Der Rhein war nun also nicht nur in ein Bett gezwängt, die ganze Landschaft wurde trockener. Die folgende große Maßnahme, der Bau des Rheinseitenkanals und mehrerer Kraftwerke, sollte vor allem der Energiegewinnung dienen. Der Kanal wurde seitlich ausbetoniert und an der Sohle abgedichtet. 98% des Rheinwassers werden noch heute in den Kanal geleitet und dienen der Stromerzeugung an den Kraftwerken. Die Abdichtung verhindert, dass Kanalwasser ins Grundwasser gelangt. Ein weiteres starkes Absinken des Grundwasserspiegels war die Folge und damit starb der Auenwald ab.

Auch im Bereich des Niederrheines und des Mündungsdeltas wurde der Strom seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts "menschengerecht" umgestaltet. Dämme und Schleusen schützen das Land gegen das Eindringen des Nordseewassers. Im ursprünglichen Mündungsdelta mit dem reichverzweigten Strom wurde eine Wasserstraße geschaffen, an der der größte Ölhafen Europas liegt, der 1966 eröffnete Europoort. Für die Lachse hatten all diese Baumaßnahmen verheerende Auswirkungen. Ihre Wanderwege wurden durch unüberwindbare Hindernisse (Dämme, Staustufen) unterbrochen, Laichplätze gingen durch das Verschwinden von Kies- und Sandbänken verloren , wichtige Ruhezonen wie die Altrheinarme wurden beseitigt.

"Die chemische Keule"

Werksgelände (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Die Sandoz-Katastrophe 1986 Bild in Detailansicht öffnen
So lange die Schornsteine rauchten und die Abwasserströme kaum geklärt durchs Land zogen hatten die Rheinlachse keine Chance Bild in Detailansicht öffnen

Mitverantwortlich für das Aussterben der Rheinlachse ist auch die Vergiftung der Gewässer durch eine rücksichtslose Industriegesellschaft. Am Rhein fand die chemische Verunreinigung ihren Höhepunkt mit der Sandoz-Katastrophe im Jahr 1986. Pestizide und Insektizide gelangten in großen Mengen ins Wasser und waren als Giftwelle bis zum Niederrhein hin spürbar. Nur ein Gutes hatte diese Katastrophe: Sie veränderte das Denken der Menschen, sensibilisierte sie für die Ökologie.

Die Rückkehr der Salmen

Als Folge der Sandoz-Katastrophe wurde die Stellung der "Internationalen Kommission zum Schutz des Rheines" (IKSR) gestärkt. Sie bringt die Zusammenarbeit der Rheinanlieger im Sinne des Gewässerschutzes bis heute voran. Viele Klärwerke wurden errichtet und trugen zur starken Verbesserung der Wasserqualität bei. Zu den erklärten Zielen der IKSR gehörte es

• zwischen 1985 und 1995 die Einleitung der wichtigsten Schadstoffe zu halbieren
• Sicherheitsnormen in den Industrieanlagen zu erhöhen
• Geeignete Umweltbedingungen für die Rhein-typische Flora und Fauna zu schaffen

Eines der IKRS-Teilprogramme ist Lachs 2000, ein Wiederansiedlungsprogramm für verschwundene meerwandernde Arten, wie z.B. dem Lachs. Es wurde 1987 gestartet mit dem Versuch der Wiederansiedlung von Lachsen in der Sieg. In den 90er-Jahren wurden dann an verschiedenen anderen Stellen im Bereich des Einzugsgebietes des Mittelrheines Junglachse ausgesetzt, z.B. in der Lahn. Ziel dieser Projekte ist die Wiederherstellung ökologisch intakter Fließgewässer, in denen der Lachs wieder angesiedelt werden kann und als Anzeiger für vernetzte Lebensräume vom Bach bis zum Meer dient. Es erfolgen daher Gewässerrenaturierungen und Wehrumbauten zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit. In Kontroll- und Fangstationen der Sieg z.B. werden die zurückkehrenden Wanderfische gezählt. Die Rückkehrrate der Lachse gibt Hinweise auf Missstände im Siegsystem (z.B. Nährstoffbelastung und strukturelle Schäden durch den Gewässerausbau) und auf negative Einflüsse auch im Rhein und Nordatlantik. Da der Lachs ohne menschliche Hilfe noch keine neuen Populationen gründen kann, werden Eier und Samen von rückkehrenden Lachsen abgestreift, Junglachse erbrütet, zum Teil angefüttert und in der Sieg freigesetzt. Einige der rückkehrenden Wanderfische vermehren sich im Siegsystem auch natürlich; dies ist schon mehrfach nachgewiesen worden. Bis Juli 2001 konnten insgesamt 215 wiederkehrende Lachse gezählt werden.

Auch am Oberrhein wendet man sich der Lachsrückkehr zu. Ein großes Projekt in diesem Zusammenhang ist der Bau des im Frühjahr 2000 eröffneten Fischpasses zur Umgehung des Rheinkraftwerkes Iffezheim. Das etwa neun Millionen Euro teure Bauwerk ist 300 m lang und hilft den Fischen elf Meter Höhenunterschied zu überwinden. Es besteht aus hintereinander angeordneten Betonbecken, die miteinander durch senkrechte Schlitze verbunden sind. Während des anstrengenden Aufstiegs können sich die Fische in den einzelnen Becken ausruhen. Am oberen Ende des Fischpasses werden die Tiere in einer Beobachtungs- und Fangstation gezählt. Zwischen Juni 2000 und Juli 2001 wurden 121 aufsteigende Lachse nachgewiesen. Neben diesen Beobachtungen zeigt sich der Erfolg des Projektes auch durch nachgewiesene Lachsvorkommen in Rheinseitenflüssen, wie z.B. in der Rench, wo im Jahr 2000 nach 50 Jahren der erste Lachs gesichtet wurde.

Gefahren im Meer

Die Lachse sind heute aus den meisten europäischen Flüssen verdrängt. Woher aber stammen die Tiere, die uns in den Geschäften angeboten werden? Nachdem die Lachsbestände der meisten Flüsse erschöpft waren entdeckte die Hochseefischerei die reichen Vorkommen im Nordatlantik und begann in den 1960er Jahren mit einer sehr lukrativen und rücksichtslosen Bejagung, die sich negativ auf die Bestände auswirkte. So wurde der Wildlachs auch im Meer immer seltener. Mit der Ausbreitung von Aquakulturen schien zunächst der Erhalt der Delikatesse Lachs gewährleistet zu sein. Zudem kann nun Lachs wieder recht preiswert angeboten werden. Der Zuchtlachs wird meist in Lachsfarmen in Norwegen, Schottland oder Kanada aufgezogen. Solche Farmen bestehen aus Käfigen im Meer, in denen die Tiere in enger Bestandsdichte gehalten werden. Sie werden gefüttert. Zwischen 1970 und 2000 wurde allein in Schottland über 300 solcher Anlagen errichtet. Doch die Intensivhaltung hat gravierende Auswirkungen auf die erschöpften Wildlachsbestände. Die zu dicht besetzten Netzkäfige sind ein Paradies für den schlimmsten Parasiten der Lachse: die Lachslaus. Sie kann sich hier stark vermehren - eine tödliche Gefahr für die jungen Wildlachse, die auf ihren Wanderungen den Lachsfarmen zu nahe kommen. In Norwegen radierte die Lachslaus ganze Wildlachspopulationen komplett aus. Inzwischen setzen die Züchter auf geringere Besetzungsdichten in den Käfigen, um die Fische gesünder zu halten und den Einsatz von Antibiotika und Pestiziden zu begrenzen.

Eine weitere negative Auswirkung der Lachszuchten auf die Wildlachse ergibt sich dadurch, dass immer wieder Zuchtlachse aus den Käfigen entkommen. Sie vermischen sich mit der Wildlachspopulation und verdrängen diese.

Hintergrundmaterial zum gesamten Schwerpunkt

Lebensräume · Im Fluss | Ergänzender Hintergrund

Wenn ein winziges Lachsbaby in einem Rheinzufluss aus seinem Ei schlüpft, liegt ein aufregendes Abenteuer vor ihm. Auf seinem Weg zum Atlantik und wieder zurück wird dieser Fisch eine kräftezehrende Strecke von mehreren tausend Kilometern zurücklegen. Die große Zeit der Rheinlachse ist heute allerdings passé. Durch die Rheinbegradigung und den Bau von Staustufen wurden die Lachswanderungen stark behindert. Schon seit jeher siedeln Menschen gerne in der Nähe eines Flusses, nutzen ihn als Trinkwasser- und Nahrungsressource, für die Binnenschifffahrt, als Energie- und Rohstofflieferant. Noch in den 1980er Jahren war der Rhein durch industrielle Abwässer stark belastet und mancherorts nahezu „tot“. Bis heute hat sich in Sachen Wasserschutz glücklicherweise schon viel getan aber es gibt weiterhin noch viel zu tun. Nicht nur sauberes Wasser ist wichtig für gesunde Flüsse. Auch der Erhalt und die Renaturierung von Auenlandschaften sind Zukunftsprojekte, die sich lohnen, denn sie sind für ein intaktes Flussökosystem unerlässlich. Flüsse mit intakten Auenlandschaften und Deltaregionen sind faszinierende Ökosysteme und Schatzkammern der Artenvielfalt.

Alle Themen zum Schwerpunkt Lebensräume · Im Fluss

3000 Meilen gegen den Strom

Jahrtausendelang schwammen im Rhein mehr Lachse als in jedem anderen Fluss Europas; für die Fischer waren sie der wichtigste Fang. Doch die ungehemmte Industrialisierung machte im 20. Jahrhundert aus dem Lachsfluss eine Kloake. Giftige Abwässer, Kanalisierung und Staustufen führten dazu, dass die anspruchsvollen Fische Ende der 1950er Jahre ausstarben. Doch das Unglaubliche ist gelungen. Ein Aktionsplan der Rheinanlieger hat dafür gesorgt, dass die majestätischen Fische zurückgekehrt sind. Das Team verfolgt den Weg der Lachse von Grönland bis zur Rheinmündung, von Rotterdam bis zu ihren Laichgründen an der Sieg und im Elsass. Zum ersten Mal erlebt der Zuschauer den Rhein aus Fischperspektive.

Hochwasser in den Rheinauen

Natürliche Auwälder sind rar geworden. Um den Rhein zu einer der größten Wasserstraßen Europas zu machen, wurde er begradigt, vertieft und eingedeicht. So haben nicht nur viele Pflanzen und Tiere ihren Lebensraum verloren, auch die Hochwassergefahr für die Anwohner ist gestiegen.
Polder, ökologische Flutungen und Renaturierungsmaßnahmen können beidem entgegenwirken. Wo der Wald regelmäßig überschwemmt wird, entsteht ein ganz besonderes Ökosystem, in dem sich seltene Arten wie Kammmolch und Eisvogel wohlfühlen. Bei Hochwasser können sich die Fluten hier verteilen, ohne menschliche Siedlungen in Mitleidenschaft zu ziehen. Ein aufwändiges Netz von Schleusen und Kanälen ist erforderlich, um die Nachteile der Flussbegradigung wieder auszugleichen.

Leben mit dem Hochwasser SWR Fernsehen

Naturparadies Donaudelta

Das Donaudelta ist eine noch weitgehend unberührte Naturlandschaft, ein Paradies für über 170 Vogelarten, die hier brüten, für Schlangen und zahlreiche weitere Tiere und Pflanzen. Damit es dabei bleibt, wurde im rumänischen Teil des Deltas ein Biosphärenreservat eingerichtet. Hier sollen Mensch und Natur im Einklang leben. Der Tierfilmer Otto Hahn suchte die unterschiedlichsten Biotope an der Mündung der Donau ins Schwarze Meer auf und entdeckte Krauskopf-Pelikane, Löffler, Bienenfresser, Stelzenläufer, Sumpf-Schildkröten, Würfelnattern und Ziesel.

Natur nah: Naturparadies am Schwarzen Meer SWR Fernsehen

1. Vogelparadies am Wüstenrand

Für viele Menschen im Sahel ist Wasser knapp. Heiße Winde wehen aus der Sahara heran und machen den Senegalesen das Leben schwer. Doch jedes Jahr im Herbst ändert sich die Situation. Nach ergiebigen Regenfällen tritt der Senegal über die Ufer, verändert das Land und auch den Djoudj- Nationalpark. Wo kurz zuvor noch der Boden in der Sonne glühte, erstrecken sich flache Lagunen, von farbenprächtigen Lotusblumen bedeckt. Es entsteht eine Lebensfülle, die ihresgleichen sucht. Millionen Zugvögel aus Europa treffen ein, und Tausende Pelikane ziehen hier ihren Nachwuchs auf. Sie fischen im Senegal-Fluss, in dem sich jetzt die Fische tummeln und der Nilkrokodile, Warane, Kormorane, Schlangenhalstaucher und auch die Menschen ernährt. Die Männer trocknen den Fisch in der Sonne; als Stockfisch wird er ins Landesinnere transportiert. Die Frauen ernten Lotusfrüchte und verfeinern damit den Couscous. Auch Warzenschweine haben es auf die nahrhaften Samen abgesehen, und Warane räubern Eier aus der Pelikankolonie. Alle sorgen vor, denn die Zeit des Überflusses wird bald vorbei sein.

2. Vogelparadies am Wüstenrand

Anfang Januar ist vom bevorstehenden Mangel im Djoudj-Nationalpark noch nichts zu spüren. Pelikane kreisen auf ihren Streifzügen über dem Delta des Senegal. Sie fischen in Gruppen und brauchen an manchen Stellen nur den Schnabel ins Wasser zu tauchen, und schon zappelt ein Fisch im Kehlsack. Kormorane leben auch auf Klippen über dem Meer. Die Küstengewässer im Westen Afrikas gehören zu den fischreichsten der Welt. Dennoch haben es die 50.000 Küstenfischer schwer, ihre Familien zu ernähren, seit immer mehr Trawlerflotten aus Europa hier kreuzen. Im Februar steht das Wasser im Djoudj-Nationalpark nur noch in kleinen Senken. An der größten Lagune kommen Heerscharen von Tieren zusammen – eine Million Enten sind keine Seltenheit. Die letzten Winterwochen bringen sie hier zu, bevor es wieder in die Brutgebiete geht, bis nach Sibirien. Die Dornbuschsavanne am Rande des Deltas ist jetzt schon ausgetrocknet. Die Peulh, ein halbnomadisch lebender Hirtenstamm, schöpfen Wasser aus über 60 Meter tiefen Brunnen. Ihr Vieh hat nur noch wenig zu fressen. Andere Stämme kratzen jetzt Salz zusammen, an Stellen, wo das Meer das Delta einst überflutete. Harte Arbeit für bescheidenen Lohn. Pelikane, die Ende Februar noch nicht flugtauglich sind, haben keine Chance zu überleben. Denn die Überschwemmungsgebiete am Rande der Wüste sind Paradiese auf Zeit. Erst mit der neuen Flut, nach Monaten der Dürre, kehrt das Leben zurück.

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Silke Harrer