Lebensräume · Im Fluss

3000 Meilen gegen den Strom | Film

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Autor/in
Silke Harrer
Lachs (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Nach jahrelanger Wanderschaft kehren die Lachse in den Rhein zurück SWR - Screenshot aus der Sendung

Es klang so unrealistisch wie der Wunsch, Menschen auf den Mond zu schießen. Vor 15 Jahren beschlossen alle Staaten längs des Rheins ein einzigartiges Naturschutzprogramm: Die längst ausgestorbenen Lachse sollten wieder in dem verdreckten Fluss heimisch werden. Was damals kaum jemand für möglich hielt, hatte Erfolg: Die ersten Rhein-Lachse sind wieder da!

Lachslaich (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
In den kiesreichen Nebenflüssen des Rheins liegt die Kinderstube der Lachse SWR - Screenshot aus der Sendung

Jahrtausendelang schwammen im Rhein mehr Lachse als in jedem anderen Fluss Europas. Für die Fischer am Rhein waren sie der wichtigste Fang. Bis zu 250.000 Exemplare gingen jedes Jahr ins Netz. Doch die ungehemmte Industrialisierung machte im 20.Jahrhundert aus dem Lachsfluss eine Kloake. Giftige Abwässer, Kanalisierung und Staustufen führten dazu, dass die anspruchsvollen Fische Ende der 50er Jahre ausstarben. Vorbei waren die Zeiten, als die Lachse Tausende von Seemeilen aus ihren Jagdgründen im Nordatlantik bis in den Heimatfluss ihrer Kindheit zurücklegten, um dort zu laichen.

Wie ist es gelungen, dass heute wieder die majestätischen Lachse im Rhein leben? Welche Abenteuer haben sie auf ihrer Reise zu bestehen, die sie an mächtigen Schleusen, durch den größten Hafen der Welt, an Industrie und Städten vorbei führt? Antworten darauf gibt die eindrucksvolle Dokumentation von Michael und Sara Herzog, Meike Hemschemeier und Thomas Weidenbach. Zwei Jahre lang hat das Team den Weg der Lachse von Grönland bis zur Rheinmündung, von Rotterdam bis zu ihren Laichgründen an der Sieg und im Elsass verfolgt. Zum ersten Mal erlebt der Zuschauer den Rhein aus Fischperspektive.

Inhalt der Sendung

Lachs (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Nach jahrelanger Wanderschaft kehren die Lachse in den Rhein zurück, um zu laichen SWR - Screenshot aus der Sendung

Die Geschichte der Rhein-Lachse - ein Überblick (00:00 - 2:00)

Lachse gehören seit Tausenden von Jahren in den Rhein. Es sind Wanderfische, deren Kinderstube sich in den Rheinnebenflüssen befindet. Sie wandern zum offenen Meer und kehren aber zur Fortpflanzung wieder hierher zurück. Die Lebensbedingungen der Rheinlachse haben sich im Laufe des 20. Jahrhunderts durch Flussverbauungen und die Einleitung von Industrieabwässern so stark verschlechtert, dass sie Ende der 1950er Jahre ganz ausgestorben waren.

Ihren Höhepunkt erreichte die Rheinvergiftung 1986 mit dem Unfall im Basler Chemiekonzern Sandoz. Seither tragen die Rheinanliegerstaaten durch Naturschutzprogramme dazu bei, dass der Fluss zu neuem Leben erwacht - erste Wildlachse erobern sich den Fluss zurück.

Lachse, hist. Aufnahme (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Lachse gehören seit Tausenden von Jahren in den Rhein SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Schlammberge, Abwässer, Schiffsverkehr, Kanalisierung, Staustufen. Ende der 50er Jahre sterben die Rheinlachse aus SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen

Jugendjahre im Schlaraffenland (2:00 - 4:50)

Als Jugendliche verlassen Lachse ihre Heimatflüsse in Europa und ziehen in den Nordatlantik. Hier leben sie im Schlaraffenland: Shrimps und Heringe finden sie in unbegrenzten Mengen. Nach drei Jahren treten sie den Weg zurück an, zu ihren Geburtsgewässern.

Eisberge (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Die Lachse ziehen in die eiskalten Gewässer vor Grönland SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Im Nordatlantik liegen ihre Jagdgründe SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Schleuse (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Vor der Mündung in den Rhein versperrt eine Schleuse den Weg flussaufwärts SWR - Screenshot aus der Sendung

Wanderung bis zum Niederrhein (4:50 - 13:29)

Obwohl sich die Qualität des Rheinwassers in den letzten Jahren verbessert hat, sind bis heute wenige Rheinlachse zurückgekehrt. Ursache dafür sind Hindernisse, die sich den Tieren in den Weg stellen.

Ein Hindernis besonderen Ausmaßes sind die zwölf Meter hohe Flutschleusen an der Rheinmündung, die zum Schutz der Niederlande gegen Flutkatastrophen errichtet wurden. Diese Schleusen zwingen die Fische zum Weg über den Rotterdamer Europoort. Haben sie diese schmutzige und laute Zone durchschwommen, geht es weiter unter schwierigen Bedingungen, denn der Rhein von heute unterscheidet sich stark von dem Fluss, den die Lachse früherer Generationen bewohnten. Begradigungen haben 90% der Altrheinarme zerstört. Gerade diese Bereiche benötigen die Tiere aber als Wanderwege und Ruhezonen.

Das größte Hindernis früher waren für die Lachse die Fischernetze. In Emmerich z.B., bei der niederländisch-deutschen Grenze, wurden jährlich 250.000 Lachse gefangen. Doch diese Zeiten sind vorbei, denn als Schattenseite des deutschen Wirtschaftswunders vergifteten Industrieabwässer den Rhein. Mit dem Ende der Schwerindustrie am Rhein in den 1980er Jahren und der Errichtung von Kläranlagen hat sich die Wasserqualität aber wieder stark verbessert.

Netz (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Früher waren das größte Hindernis der Lachse die Fischernetze. SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Ab dem Rotterdamer Seehafen stellt sich der Stoffwechsel der Lachse um: von Salz auf Süßwasser, auf andere Temperaturen und Sauerstoffverhältnisse SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Einen kleinen Wasserfall hochspringender Lachs (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Springende Lachse an der Sieg SWR - Screenshot aus der Sendung

Natürliche und künstliche Lachsverjüngung in der Sieg (13:30 bis 21:00)

In der Sieg wurden ab Ende der 80er Jahre Hunderttausende von Babylachsen ausgesetzt, um eine Grundlage für die Wiederansiedlung von Lachsen zu schaffen. Der Film zeigt in beeindruckenden Szenen, wie Nachfahren dieser Lachse vom Nordatlantik zurückkehren. Sie müssen kurz vor ihrem Ziel ein Stauwehr überspringen bzw. über eine Lachsrampe umgehen. Aber nicht alle Lachse dürfen ungestört weiterschwimmen. Einige werden in den Dienst der Wissenschaft gestellt. Den Weibchen werden die Eier ausgestrichen, den Männchen die Samen. So kann durch künstliche Befruchtung die natürliche Verjüngung der Rheinlachse unterstützt werden.

Aber auch auf natürlichem Wege erobert sich eine neue Lachsgeneration den Fluss zurück. Natürliche Laichgruben im Flusskies beherbergen Gelege von bis zu 30.000 Eiern. Aus solch einem Gelege werden zwei bis drei Tiere den Weg nach Grönland und zurück überleben.

Lachssamen (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Lachsmännchen müssen ihren Samen in den Dienst der Wissenschaft stellen SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Fischeier und Samen werden noch vor Ort vermischt. Fertig ist die künstliche Befruchtung SWR - Screenshot aus der Sendung Bild in Detailansicht öffnen
Fischtreppe (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Staustufe Iffezheim mit Fischtreppe SWR - Screenshot aus der Sendung

Mittel- und Oberrhein: die letzten Meilen bis zur Hochzeit (21:00 bis Ende)

Ein Teil der wandernden Lachse lässt die Sieg links liegen, schwimmt weiter durch den Mittel- und Oberrhein bis zur französischen Ile, um hier "Hochzeit zu feiern". Auch auf dieser Wegstrecke lauern Gefahren: Wo früher die Irrlichter der Kienholzfischer den Tieren zum Verhängnis wurden, sind es heute gelegentlich Feuerwerke, die für Desorientierung sorgen.

Im stark verbauten Oberrhein treten mit den Staustufen und Wasserkraftwerken die schwersten Hürden auf. Bei Iffezheim liegt das erste von 20 Wasserkraftwerken. Hier wurde im Jahr 2000 eine Lachstreppe eröffnet, welche die Passage für die Lachse nun möglich macht. Die Lachse können so wieder stromaufwärts in die französische Ile wandern. In diesem Fluss "wird Hochzeit gefeiert" und damit die Grundlage für eine neue Lachsgeneration geschaffen.

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3000 Meilen gegen den Strom

Jahrtausendelang schwammen im Rhein mehr Lachse als in jedem anderen Fluss Europas; für die Fischer waren sie der wichtigste Fang. Doch die ungehemmte Industrialisierung machte im 20. Jahrhundert aus dem Lachsfluss eine Kloake. Giftige Abwässer, Kanalisierung und Staustufen führten dazu, dass die anspruchsvollen Fische Ende der 1950er Jahre ausstarben. Doch das Unglaubliche ist gelungen. Ein Aktionsplan der Rheinanlieger hat dafür gesorgt, dass die majestätischen Fische zurückgekehrt sind. Das Team verfolgt den Weg der Lachse von Grönland bis zur Rheinmündung, von Rotterdam bis zu ihren Laichgründen an der Sieg und im Elsass. Zum ersten Mal erlebt der Zuschauer den Rhein aus Fischperspektive.

Hochwasser in den Rheinauen

Natürliche Auwälder sind rar geworden. Um den Rhein zu einer der größten Wasserstraßen Europas zu machen, wurde er begradigt, vertieft und eingedeicht. So haben nicht nur viele Pflanzen und Tiere ihren Lebensraum verloren, auch die Hochwassergefahr für die Anwohner ist gestiegen.
Polder, ökologische Flutungen und Renaturierungsmaßnahmen können beidem entgegenwirken. Wo der Wald regelmäßig überschwemmt wird, entsteht ein ganz besonderes Ökosystem, in dem sich seltene Arten wie Kammmolch und Eisvogel wohlfühlen. Bei Hochwasser können sich die Fluten hier verteilen, ohne menschliche Siedlungen in Mitleidenschaft zu ziehen. Ein aufwändiges Netz von Schleusen und Kanälen ist erforderlich, um die Nachteile der Flussbegradigung wieder auszugleichen.

Leben mit dem Hochwasser SWR Fernsehen

Naturparadies Donaudelta

Das Donaudelta ist eine noch weitgehend unberührte Naturlandschaft, ein Paradies für über 170 Vogelarten, die hier brüten, für Schlangen und zahlreiche weitere Tiere und Pflanzen. Damit es dabei bleibt, wurde im rumänischen Teil des Deltas ein Biosphärenreservat eingerichtet. Hier sollen Mensch und Natur im Einklang leben. Der Tierfilmer Otto Hahn suchte die unterschiedlichsten Biotope an der Mündung der Donau ins Schwarze Meer auf und entdeckte Krauskopf-Pelikane, Löffler, Bienenfresser, Stelzenläufer, Sumpf-Schildkröten, Würfelnattern und Ziesel.

Natur nah: Naturparadies am Schwarzen Meer SWR Fernsehen

1. Vogelparadies am Wüstenrand

Für viele Menschen im Sahel ist Wasser knapp. Heiße Winde wehen aus der Sahara heran und machen den Senegalesen das Leben schwer. Doch jedes Jahr im Herbst ändert sich die Situation. Nach ergiebigen Regenfällen tritt der Senegal über die Ufer, verändert das Land und auch den Djoudj- Nationalpark. Wo kurz zuvor noch der Boden in der Sonne glühte, erstrecken sich flache Lagunen, von farbenprächtigen Lotusblumen bedeckt. Es entsteht eine Lebensfülle, die ihresgleichen sucht. Millionen Zugvögel aus Europa treffen ein, und Tausende Pelikane ziehen hier ihren Nachwuchs auf. Sie fischen im Senegal-Fluss, in dem sich jetzt die Fische tummeln und der Nilkrokodile, Warane, Kormorane, Schlangenhalstaucher und auch die Menschen ernährt. Die Männer trocknen den Fisch in der Sonne; als Stockfisch wird er ins Landesinnere transportiert. Die Frauen ernten Lotusfrüchte und verfeinern damit den Couscous. Auch Warzenschweine haben es auf die nahrhaften Samen abgesehen, und Warane räubern Eier aus der Pelikankolonie. Alle sorgen vor, denn die Zeit des Überflusses wird bald vorbei sein.

2. Vogelparadies am Wüstenrand

Anfang Januar ist vom bevorstehenden Mangel im Djoudj-Nationalpark noch nichts zu spüren. Pelikane kreisen auf ihren Streifzügen über dem Delta des Senegal. Sie fischen in Gruppen und brauchen an manchen Stellen nur den Schnabel ins Wasser zu tauchen, und schon zappelt ein Fisch im Kehlsack. Kormorane leben auch auf Klippen über dem Meer. Die Küstengewässer im Westen Afrikas gehören zu den fischreichsten der Welt. Dennoch haben es die 50.000 Küstenfischer schwer, ihre Familien zu ernähren, seit immer mehr Trawlerflotten aus Europa hier kreuzen. Im Februar steht das Wasser im Djoudj-Nationalpark nur noch in kleinen Senken. An der größten Lagune kommen Heerscharen von Tieren zusammen – eine Million Enten sind keine Seltenheit. Die letzten Winterwochen bringen sie hier zu, bevor es wieder in die Brutgebiete geht, bis nach Sibirien. Die Dornbuschsavanne am Rande des Deltas ist jetzt schon ausgetrocknet. Die Peulh, ein halbnomadisch lebender Hirtenstamm, schöpfen Wasser aus über 60 Meter tiefen Brunnen. Ihr Vieh hat nur noch wenig zu fressen. Andere Stämme kratzen jetzt Salz zusammen, an Stellen, wo das Meer das Delta einst überflutete. Harte Arbeit für bescheidenen Lohn. Pelikane, die Ende Februar noch nicht flugtauglich sind, haben keine Chance zu überleben. Denn die Überschwemmungsgebiete am Rande der Wüste sind Paradiese auf Zeit. Erst mit der neuen Flut, nach Monaten der Dürre, kehrt das Leben zurück.

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Silke Harrer