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Französische Literatur

Voltaire et "Candide" | Unterricht

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Autor/in
Christel Schellhorn

Die Sendungen der Reihe „Französische Literatur“ unterstützen die Arbeit mit Werken der klassischen französischen Literatur an Gymnasien, vor allem in der Kursstufe.

Sie ermöglichen eine alternative Annäherung an literarische Texte, geben Einblick in die Biographie der Autoren und veranschaulichen den zeitgeschichtlichen Kontext, in dem die Werke entstanden. Des Weiteren schulen sie das Hör-/Sehverstehen und erlauben es den Schülerinne und Schülern, Auszüge aus zeitgenössischen Inszenierungen von französischen Theatern zu sehen. Gleichzeitig vermitteln sie authentisch gesprochenes Französisch und Bühnenfranzösisch. Sie geben außerdem Anregungen für die Auseinandersetzung mit den in den Werken angesprochenen philosophischen Themen.

Damit dienen sie der Erfüllung der in den unterschiedlichen Bildungsplänen formulierten Ziele des Französischunterrichts in der Oberstufe.

Unterricht

Die Sendung gliedert sich in zwei Teile: im ersten werden wichtige Stationen aus dem Leben Voltaires gezeigt: sein schneller Aufstieg zum gefeierten Poeten am Hof und in der Pariser Gesellschaft, sein Exil in Holland und England, sein Wirken am Hof Friedrichs II. in Sanssouci und sein Leben als Patriarch von Ferney.

Der zweite Teil bringt Kernszenen aus der dramatisierten Fassung des "Candide", die aus Auszügen des Originaltextes zusammengestellt wurde:

  • Kapitel 1 der Erzählung: Candide wird, weil er die schöne Baroness Cunégonde geküsst hat, aus dem Scheinparadies, dem westfälischen Schloss Thunder-ten-tronckh, vertrieben.
  • Kapitel 3: Candide erlebt den grausamen Krieg zwischen Bulgaren und Abaren.
  • Kapitel 5 und 6: Nachdem sie dem Erdbeben von Lissabon mit knapper Not entronnen sind, werden Candide und Pangloss Opfer der Inquisition.
  • Kapitel 21: Der pessimistische Philosoph Martin, Gegenfigur zum Optimisten Pangloss, belehrt Candide über die grundsätzliche Schlechtigkeit und Bösartigkeit des Menschen.
  • Kapitel 29 und 30: Candide heiratet Cunégonde und findet mit ihr und wenigen Getreuen auf einem kleinen Landgut am Ufer des Marmarameers ein bescheidenes Glück und den ersehnten Frieden ("Il faut cultiver son jardin").


Die Sendung kann ab Klasse 11 eingesetzt werden.

Einarbeitung in Epoche und Biographie

Die Unterrichtseinheit über Voltaire und Candide könnte mit der Einführung in die Epoche und die Biographie des Autors beginnen. Dazu eignet sich der Dokumentarteil der Sendung (0:00 – 10:07). Er setzt mit einem Stich von Moreau le Jeune ein, der zeigt, wie Candide in Panik vor den Schrecken des Krieges flieht. Der Stich illustriert die in der Aufführung gezeigte Szene 2 (Krieg der Bulgaren gegen die Abaren). Um auf die Aktualität Voltaires und die seiner dominierenden Themen hinzuweisen, wird der Stich in der Sendung von modernen Kriegsbildern überblendet.

Nach dem fiktiven Kurzinterview mit Voltaire sollte bei Minute 00:43 angehalten werden, um den Schülern wichtige Begriffe, die dann in "Candide" auftauchen, ins Bewusstsein zu rufen. Mögliche Fragen wären:
"Pourquoi la gravure historique est-elle suivie par des images actuelles?"
"Quels sont les mots-clés de l'interview et à quoi les images font-elles allusion?"

Die Begriffe guerre – violence – tolérance – fuite – ensanglanter – cultiver - notre - terre sollten kontrastiert werden.
Das "cultiver notre terre" taucht am Schluss in etwas abgewandelter Form im Voltaire-Zitat "J'aime à planter" wieder auf und verweist auf die praktische Lebensweisheit am Ende des "Candide".

Anschließend wird Voltaire durch Text, Musik und den Scherenschnitt in den historischen Kontext eingebettet. Perücke, Kleidung und typischer Sessel, der später nach ihm "le voltaire" genannt wird, kennzeichnen ihn als Figur des 18. Jahrhunderts. Hier sollte man kurz innehalten, um die Epoche grob zu charakterisieren ("le siècle des lumières", politische Lage: Siebenjähriger Krieg, Bündnissituation Preußen-Frankreich) und Voltaire als eine ihrer herausragendsten Gestalten zu würdigen, der dem Jahrhundert seinen Namen gab ("le siècle Voltaire").

Mit dem Hinweis auf Voltaire als "le défenseur des droits de l'homme et de la libre pensée" könnte nochmals auf die aktuelle Bedeutung des Autors aufmerksam gemacht und so die Neugier der Schüler stimuliert werden. Eventuell Robert Minders Hinweis, dass Voltaire stets in Zeiten des Krieges und sozialer Erschütterungen gelesen werde.

Bevor der Dokumentarteil dann als Ganzes gezeigt wird, sollten die Schüler Arbeitsblatt 1 (Biographie) in die Hand bekommen, um während des Sehens oder im Anschluss die fehlenden Schlüsselwörter zu ergänzen. Zu diesem Zweck kann die Vorführung des Films auch mehrmals kurz unterbrochen werden.

Leitmotivartig sind Alleen, Waldwege, Wellen und Fluss zu sehen, die auf Voltaires ständige Flucht vor der Staatsgewalt hinweisen. Die Schlösser (Cirey, Sanssouci, Les Délices und Ferney) sind dagegen die Ruhepole. Wichtig auch die Portraits der Frauen, die in seinem Leben eine Rolle spielten: Pimpette (an sie soll das hübsche junge Mädchen erinnern, das in das Den-Haag-Bild eingeblendet ist) Emilie du Châtelet und Mme Denis.

Der Sendungstext weist in leicht ironischer Form immer wieder darauf hin, dass Voltaire eine "pension" gewährt wurde. Der Dichter war ein schwerreicher Mann – Geld war ihm Mittel zur Unabhängigkeit. Die bereits genannten Schwerpunkte könnten mit Hilfe von inhaltsbezogenen Fragen, die auch überprüfen, inwieweit das Gehörte verstanden wurde, herausgearbeitet und an der Tafel festgehalten werden. Hilfreich wäre es auch, den Schülern nach Anschauen des Dokumentarteils die dort zitierten Voltaire-Sätze (Citations) in die Hand zu geben.

Zu den Theaterszenen:

Zunächst müsste den Schülern erklärt werden, dass die beiden Schauspieler jeweils mehrere Personen der Erzählung verkörpern. Schauspieler B übernimmt zwar durchgehend den Part von Candide, schlüpft aber auch in die Rolle des Inquisitionsmitglieds und hat wie A Erzählerfunktion. A spielt die Philosophen Pangloss und Martin sowie Nebenfiguren (z. B. le bon vieillard turc).

In einem ersten Durchgang sollten die fünf Szenen hintereinander gezeigt werden. So können die Schüler den Fortlauf der Handlung verfolgen, die prägnante, zwischen Ironie, Sarkasmus und Pathetik wechselnde Sprache Voltaires auf sich wirken lassen und die exzellente Kunst der Schauspieler genießen. Eventuell könnte man vor Abspielen der Szenen die Leitfrage stellen: "Quels sont les événements et les idées essentielles de la vie de Voltaire qui se reflètent dans les scènes de Candide?" . Oder man händigt dazu das Arbeitsblatt 3, Voltaire et Candide, aus und lässt es von einer Gruppe von Schülern nach und nach ausfüllen.

Die folgenden Aufgaben können teilweise auch mit Hilfe von Arbeitsblatt 2 in Einzel- oder Gruppenarbeit erledigt werden.

Szene 1 und 5

In einem zweiten Durchgang sollten Szenen 1 und 5 nacheinander angeschaut, verglichen und folgende Interpretationsschwerpunkte herausgearbeitet werden:


Zu Szene 1:

  1. Le portrait de Candide (sa candeur, sa naïveté, son zèle etc)
  2. Le château de Thunder-ten tronckh = un paradis illusoire
  3. La signification symbolique de la première scène = une parodie de la chute originelle
  4. La fonction de la première scène dans la structure du conte:

  • a) Sur le plan romanesque: Elle ouvre le pèriple (Rundreise) du héros picaresque dont les buts sont 1.) la quête de la bien-aimée et 2.) la quête de paix et de bonheur
  • b) Sur le plan philosophique: la réfutation (Zurückweisung) de l'optimisme


Bei Szene 5 sollten folgende Gesichtspunkte erarbeitet werden:

1. Candide – ein Entwicklungsroman (un roman d'apprentissage)

  • "Quel changement s'est opéré dans l'attitude de Candide si on se reporte à la première scène?"
  • – il a développé son esprit critique
  • – il a trouvé son identité car il a pris la décision finale lui-même
  • – il dirige la petite communauté


2. La métairie de Propontide:

  • "Quelle est la signification des deux rencontres avec le derviche et le bon vieillard?"
  • "Sur quelles valeurs se fonde l'existence de la petite communauté dans le jardin?"


3. Die Bedeutung der métairie als
– "utopie réelle"

  • – Absage an eine idealistische und finalistische Philosophie, statt dessen Propagierung der bürgerlichen Werte des individuellen Verdienstes durch Arbeit (Hinweis: "au cours du 18·siècle, la notion du travail change. Le travail n'est plus un joug, mais libère les hommes et les rend heureux.")
  • – Rückzug in den privaten Bereich, wo sich alle Getreuen außer Pangloss positiv entfalten.
  • – Parallele ziehen zu Voltaires Leben in Ferney.


Hier oder auch am Schluss der Unterrichtseinheit böte sich auch eine Diskussion über die von Voltaire vorgeschlagene Lebenskonzeption an. Z.B.:

– Gilt sie noch heute, wo Arbeit nicht mehr ein selbstverständliches Grundrecht ist?
– Macht Arbeit den Menschen glücklich und frei?
– Welche anderen Werte können heute an die Stelle der Arbeit treten?

Wichtig ist Voltaires Schlusssatz "Il faut cultiver notre jardin", da er damit die philosophische Basis für einen ökonomischen Liberalismus schafft.

Szene 2 und 3

Dann werden die Szenen 2 und 3 vorgeführt. Sie haben das Ziel, Leibniz' Optimismus-Lehre ad absurdum zu führen. Das geschieht in Szene 2, indem Voltaire Sinnlosigkeit und Grauen des Krieges (= "boucherie héroϊque") darstellt und seine Auswirkungen auf Soldaten und Zivilbevölkerung zeigt. Hier kann man einmal wieder auf die Aktualität von Voltaires Anprangerung der Kriegsgräuel hinweisen, andererseits Bezug auf die Biographie nehmen.

Gut eignet sich Szene 2 auch für eine Stiluntersuchung, wobei auch das Bild mit einbezogen wird:
"Observez la minique, les gestes et l'intonation des acteurs et relevez les contrastes entre le début (<Rien n'était si beau ...>) et la suite de la scéne." (<C'était un village abare …>)"

Der Gegensatz zwischen dem "ton badin, léger et ironique" des Anfangs und der anschließenden "description réaliste et pathétique" wäre herauszuarbeiten. Während Szene 2 mit der Darstellung des Krieges ein Beispiel für "le mal en morale" gibt (Voltaire übernimmt diese Unterscheidung von Leibniz), bringt Szene 3 ein Beispiel für "le mal en physique", die Naturkatastrophen. Deren schrecklichste war für ihn das Erdbeben von Lissabon, das er in dieser Szene des Candide darstellt und das ihn zum "Poème sur le désastre de Lisbonne" inspirierte. Der zweite Teil der Szene bringt mit der Darstellung von Inquisition und "autodafé" wieder ein Beispiel für "le mal en morale". Um eines seiner wichtigsten Ziele, das "Ecrasez l'infâme!" zu verwirklichen, zieht Voltaire hier alle Stilregister. Man sollte die Schüler Beispiele für "ironie, humour noir, euphémismes, burlesque" zitieren lassen.

Szene 4 und Inszenierung

Mit der Aufforderung, das Verhalten von Pangloss in dieser Szene zu beschreiben ("sans pitié, il ne fait que parler au lieu d'agir"), könnte man zu Szene 4 überleiten und den pessimistischen Manichäer Martin, den "Anti-Pangloss", mit dem Vertreter der Optimismus-Lehre, den Voltaire als Karikatur gestaltet, vergleichen. Hinzuweisen ist auch auf den Einfluss von Martin auf die geistige Entwicklung von Candide, der in dieser Szene erstmalig die Existenz des Bösen eingesteht. Am Schluss könnte man mit den Schülern über die Art der Inszenierung (Musik, Bühnenbild, Requisiten, Bedeutung der Papierschiffchen etc.) und über die Frage, ob sie dem Charakter des Romans gerecht wird, diskutieren. Die Szenen regen natürlich auch zum Nachspielen an.

Alle Themen zum Schwerpunkt Französische Literatur

Voltaire et "Candide"

Der naive Candide im irdischen Paradies, im Schloss zu Thunder-ten-tronckh, im grausamen Krieg zwischen Bulgaren und Abaren, beim Erdbeben von Lissabon, als Opfer der Inquisition: Er kommt nach unzähligen Abenteuern, endlich vereint mit der einst geliebten Cunégonde, zu der Schlussfolgerung: Wir müssen unseren Garten bearbeiten. Voltaire, der Kritiker seiner Zeit, der politisch Verfolgte, an europäischen Königshöfen Gefeierte, hat sein eigenes Leben in diese philosophische Erzählung gepackt.

Molière

Szenenausschnitte aus „Les Précieuses ridicules“, „L'Ecole des femmes“, „Don Juan“ und „Le Malade imaginaire“ geben einen repräsentativen Überblick über das Werk Molières. Zwischenspiele greifen Augenblicke aus dem Leben des Jean-Baptiste Poquelin und seiner illustren Theatergruppe auf.

Guy de Maupassant et "La Parure"

Das Leben Guy de Maupassants – seine Liebe zur Natur, zum Wasser und zur Normandie, sein ausschweifendes Leben in Paris, seine Abscheu vor dem Krieg (1871/72), seine fortschreitende Krankheit, sein Tod im Alter von nur 42 Jahren – rankt sich in fünf impressionistischen Bildern um die Inszenierung seiner Novelle „Der Schmuck“: Die brave Mathilde Loisel leiht sich für den Ball ihrer Träume ein Diamantkollier – und verliert es. Zehn Jahre lang führen sie und ihr Mann ein elendes Leben und schuften, um das Ersatzschmuckstück abzubezahlen...

Albert Camus "Les Justes"

Russland, 1905: soziales Elend. Eine Gruppe von Revolutionären ermordet den Großherzog Sergej. Die Mitglieder diskutieren heftig darüber, inwieweit zum Durchsetzen politischer Ziele Gewalt anzuwenden ist. Eine der vielen Fragen, die Albert Camus im Laufe seines kurzen Lebens zu lösen versuchte, und die er in dem Theaterstück „Les Justes“ thematisierte. Eine Dokumentation über sein Leben ergänzt die Szenenausschnitte und stellt sie in einen biographischen und zeitgeschichtlichen Zusammenhang.

Eugène Ionesco "La Cantatrice Chauve"

Zwei Ehepaare tauschen Banalitäten aus, ein Feuerwehrhauptmann versucht ein Missverständnis aufzuklären, das Gespräch wird immer floskelhafter, die Sprache löst sich auf, eine „kahle Sängerin“ erwartet man vergebens in dem gleichnamigen Theaterstück von Eugène Ionesco. Die anschließende Dokumentation über das Leben des Autors vermittelt einen Einblick in seine geistige Welt und beleuchtet die Besonderheiten des absurden Theaters.

Jean-Paul Sartre "Huis Clos"

Garcin, Inès und Estelle sind in einem Raum eingeschlossen und machen sich gegenseitig das Leben zur Hölle. In die Hölle sind sie gekommen, weil alle drei am Tod eines geliebten Menschen schuld sind. Die Henker in der Sartre’schen Hölle sind die "Anderen". An die Ausschnitte aus dem Theaterstück „Huis Clos“ schließt sich eine Dokumentation über Jean-Paul Sartre an, die das Leben des wohl berühmtesten Vertreters des französischen Existentialismus nachzeichnet.

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Christel Schellhorn