Dolomiten zu Weltnaturerbe erklärt

Drei Zinnen, Rosengarten und Geislerspitzen – mächtig erheben sich die steilen Felsgruppen der Dolomiten über die sonst sanft gewellte Landschaft. Wegen ihrer „einzigartigen monumentalen Schönheit“ wurden die Dolomiten jetzt in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen.

Wie spitze Zähne ragen ihre Gipfel in den Himmel. Wer die Dolomiten besucht, wandert über uralte Korallenriffe und kraxelt quer durch die Erdgeschichte. Denn wie die gesamten Alpen haben auch die Dolomiten vor Jahrmillionen begonnen, sich vom Meeresgrund empor zu heben und aufzufalten. Wind und Wetter formten mit der Zeit sanfte Hänge am Fuß ihrer Gipfel. Heute grasen hier im Sommer Kühe.

Jedes Jahr kommen Tausende von Touristen um die sagenhafte Landschaft zu bestaunen. Extremkletterer vollführen an den Steilwänden zirkusreife Kunststücke. Die märchenhafte Kulisse zieht aber nicht nur Wanderer und Bergsteiger an, sondern auch Berühmtheiten: Hollywood- Stars wie George Clooney und Tom Cruise sind hier schon abgestiegen. Und Reinhold Messner, selbst in Brixen geboren, begann in den Wänden der Dolomiten seine Karriere als Extremkletterer.

Beeindruckt von der grandiosen Natur zeigte sich auch das Welterbekomitee: Am 26. Juni wurden Teile der Dolomiten von der UNESCO zum Weltnaturerbe ernannt. Damit stehen die Dolomiten von nun an unter einem besonderen Schutz.

Blick vom Höhlensteinertal auf die Drei-Zinnen-Türme
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Rosengartengruppe
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Hohe Gaisl
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Wie die „bleichen Berge“ zu den Dolomiten wurden

„Bleiche Berge“ werden die Dolomiten wegen ihrer Farbe auch genannt. Die Ladiner, älteste Bewohner der Gegend, erzählen sich viele Geschichten über ihre geheimnisvollen Berge: Vom Zwergenkönig Laurin und seinem verwunschenen Rosengarten ist die Rede und von einem Zwergenvolk, das die Gipfel mit Fäden aus Mondlicht eingesponnen hat. Schon immer regte diese Gebirgslandschaft die Phantasie an.

Nüchterner betrachtete dagegen der französische Geologe Déodat de Dolomieu ihr helles Felsgestein. Bei genauer Untersuchung fand er heraus, dass sie nicht wie vermutet aus reinem Kalkgestein bestanden. Einen großen Anteil hatte auch das Salz Magnesiumoxid. Das neu entdeckte Gestein der Gebirgskette wurde nach seinem Entdecker Dolomieu benannt: der Dolomit. Und die „bleichen Berge“ verwandelten sich – simsalabim – in die Dolomiten.

In Stein gemeißelt – Landschaften aus Sedimentgestein

Wie die Schichten einer Torte können verschiedene Sedimentgesteine übereinander lagern. Hebt sich der Untergrund unter den Schichten, werden sie gekippt. Stoßen Erdplatten aufeinander, werden sie gestaucht und aufgefaltet wie in den Alpen. Verwitterung und Abtragung nagen an diesen Sedimentschichten über Jahrmillionen. Je nach Härte des Sediments hinterlassen die Kräfte von Wasser, Kälte und Wind ihre Spuren und meißeln eindrucksvolle Landschaften in das Gestein.

Der Colorado River schneidet sich in die Sedimentschichten
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Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Grand Canyon in Arizona: Hier hat sich der Colorado River eine Rinne durch verschiedene Gesteinsschichten gegraben. Gut erkennt man, wie sich weiches und härteres Gestein abwechseln: Das weiche Gestein gibt schnell nach, so entstehen schräge Hänge, das härtere Gestein bleibt stehen und bildet steile, fast senkrecht abfallende Wände. Wie eine Treppe führen diese Sedimentstufen zum heutigen Flusslauf hinunter und bieten dem Besucher einen spektakulären Anblick.

Der Grand Canyon in den USA
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Aus Sedimentschichten bildete sich auch eine bekannte Großlandschaft in Deutschland: das Südwestdeutsche Schichtstufenland, das von Baden-Württemberg über Hessen und Bayern bis nach Thüringen reicht. Nach dem Einbrechen des Oberrheingrabens stellten sich hier die Sedimentschichten schräg. Je nach Härte des Gesteins wurden die einzelnen Schichten unterschiedlich stark abgetragen. Harte Kalksteine bildeten steile Stufen, während weiche, tonige Schichten stärker ausgewaschen wurden und heute als sanfte Böschungen und weite Stufenflächen die Landschaft ausmachen. Auf der linken Seite des Rheins liegt dieser Landschaft – fast wie spiegelverkehrt – das Nordfranzösische Stufenland gegenüber.

Sedimentgesteine

Manche Felsen sehen aus, als wären sie gestreift. In den Dolomiten zum Beispiel sind solche quer verlaufenden Bänder oft deutlich zu sehen. Auch Sandstein- oder Kalksteinbrüche haben manchmal ähnlich hübsche Muster.

Schroffe Felswände in den Dolomiten
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Erzeugt wird das „Streifendesign“ schon bei der Bildung des Gesteins. Ausgangsmaterial ist Verwitterungsschutt, der von Wasser oder vom Wind davongetragen wird. Flüsse, Gletscher und Staubstürme verlieren irgendwann an Kraft: Flussläufe werden zur Mündung hin immer langsamer und strömen schließlich ins Meer oder einen See. Gletscher dringen in wärmere Regionen vor und schmelzen ab. Auch Staubstürme lassen irgendwann nach. Dann können sie Staub, Sand und Geröll nicht mehr weiter befördern. Das mitgeschleppte zermahlene Gestein setzt sich ab. Mit der Zeit bildet das abgelagerte Material eine immer höhere Schicht – das Sediment. Besonders auf dem Meeresboden und auf dem Grund von Seen, wo Flüsse viel Material anschwemmen, sammeln sich solche Sedimente, darunter auch Reste von toten Tieren oder Kalkschalen.

Die einzelnen Sedimentschichten erscheinen wie Streifen im Fels
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Nach und nach schichten sich verschiedene Sedimente übereinander. Eine Schicht kann zum Beispiel aus Sandstein bestehen: Zu Trockenzeiten hat hier der Wind Wüstensand angeweht. Steigt der Meeresspiegel wieder an, wird diese Schicht von Wasser bedeckt: Kalkschalen von Meerestieren sinken auf den Meeresgrund und lagern über dem Sand eine weitere Schicht an. Über Jahrmillionen veränderte sich das Klima immer wieder und sorgte dafür, dass der Meeresspiegel schwankte. Dadurch konnten sich verschiedene Schichten ablagern.

Am Meeresboden setzen sich Sand und Reste von Lebewesen ab
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Im Laufe der Zeit wird die Sedimentdecke immer dicker. Unter der Last des eigenen Gewichts werden die anfangs lockeren Sedimente immer stärker zusammengepresst, kleine Hohlräume verschwinden, die Masse verdichtet sich. Weitere Schichten lagern sich darüber, das Sediment wird immer fester und schließlich unter Druck zu Sedimentgestein. Dieser Vorgang heißt in der Geologie auch Diagenese. Werden dabei zum Beispiel Schalen winziger Meerestiere zu Stein gepresst, entsteht Kalkstein. Feine Sandkörner aus Quarz verkitten sich unter dem hohen Druck zu Sandstein.

Neben Geröll setzten sich auch tote Tiere ab, zum Beispiel Fische auf dem Meeresgrund. Luftdicht abgeschlossen blieben ihre Knochen und Schuppen erhalten und versteinerten. Solche Fossilien haben sich im Stein verewigt. Sie verraten noch nach Jahrmillionen vieles über die Zeit, in der sich das Sediment gebildet hat. Daher können Geologen in den Gesteinsschichten lesen wie in einem Geschichtsbuch.

Fossilien sind versteinerte Lebewesen
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Normalerweise ist für uns nur die oberste Schicht sichtbar. Wenn sich jedoch ein Fluss durch das Sedimentgestein gräbt, es bei der Gebirgsbildung angehoben oder in einem Steinbruch frei gesprengt wird, erhalten wir einen Blick auf den Querschnitt. Die einzelnen Sedimentschichten sind dann als „Streifen“ oder Bänder im Gestein gut zu erkennen.

Felsküste im Streifen-Look
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Wie kommen Muscheln und Korallen in die Alpen?

Die Zugspitze, Deutschlands höchster Berg, ist nichts anderes als ein versteinertes Riff. Wer sie besteigt, der wandert über uralte Korallenreste. Fossilien wie versteinerte Riesenmuscheln und Ammoniten finden sich auf dem Dachstein in Österreich oder in den Dolomiten. Aber: Wie sind diese Überbleibsel von Meerestieren bis auf die höchsten Gipfel der Alpen gelangt?

Die Zugspitze ist …
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Die heutigen Alpen haben sich aus einem flachen Meer herausgehoben, dem Tethys-Meer. Vor etwa 200 Millionen Jahren drang dieses Meer nach Norden vor und bedeckte Teile von Süddeutschland. Damals herrschte hier ein tropisches Klima, es war viel wärmer als in der jetzigen Zeit. Heute wäre die Gegend vermutlich ein Urlaubsparadies wie die Malediven. Damals jedoch lebten hier keine Menschen. Stattdessen tummelten sich im warmen Meerwasser neben Fischsauriern auch Muscheln, Ammoniten und Korallen. Deren Schalen und Panzer bestanden aus Kalk, und lagerten sich nach ihrem Tod auf dem Meeresgrund ab. Zusammen mit abgetragenem Gesteinsschutt bildeten sie eine Schicht, die über Jahrmillionen immer dicker wurde. Durch Hitze und Druck wurden die mächtigen Kalkschichten zu festem Sedimentgestein gepresst.

…ein versteinertes Riff
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Wie auf den Malediven: Süddeutschland lag einst an einem tropischen Meer
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Vor etwa hundert Millionen Jahren begann sich die Afrikanische Platte nach Norden zu bewegen. Dabei drückte sie heftig auf die Eurasische Platte. Durch diese Kraft faltete sich der Meeresboden auf und wurde immer weiter in die Höhe gedrückt. Vom Grund des Meeres aus hoben sich allmählich die Alpen empor bis sie die Umgebung schließlich um Tausende von Metern überragten. Die Riffreste und Kalkschichten vom Meeresgrund wurden zu den nördlichen und südlichen Kalkalpen. Im Norden bauen sie den Wettersteinkalk der Zugspitze auf oder den Dachsteinkalk in Österreich. In den südlichen Kalkalpen bestehen die steilen Felsen der Dolomiten aus uralten Riffen. Dort finden Bergsteiger und Fossilienjäger im Kalkgestein noch unzählige Ammoniten und andere versteinerte Meerestiere. Die Zentralalpen bestehen dagegen aus Granit – eine Folge der Plattenkollision.

Ammonit
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Tolle Landschaft: die Dolomiten
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Vom Knochen zum Stein: Fossilien

Was wir über das Leben lange vergangener Zeiten wissen, haben wir zum großen Teil versteinerten Resten von Lebewesen zu verdanken: den Fossilien. Solche Fossilien entstehen dann, wenn Pflanzen oder Tiere nach ihrem Tod unter Sedimentschichten begraben werden. Die weichen Teile der Lebewesen zersetzen sich, harte Teile, wie Zähne, Knochen oder Schalen, bleiben erhalten. Wenn mächtige Gesteinsschichten auf diesen Überbleibseln lasten, werden sie unter dem wachsenden Druck langsam zu Gestein gepresst.

Fossiler Fisch
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In der oberen Gesteinsschicht liegen der Regel nach die jüngeren Fossilien. Je tiefer man in die Sedimentschichten vordringt, desto älter sind auch die Fossilien, die dort lagern. Sehr alte, aber dennoch häufig gefundene Fossilien sind zum Beispiel die Ammoniten. Das sind Überreste von Schalentieren, die vor Hunderten Millionen Jahren lebten und vor etwa 65 Millionen Jahren ausgestorben sind. Weil sie nur in einem begrenzten Zeitraum lebten, kann so in etwa das Alter des Gesteins bestimmt werden, in dem sie gefunden worden sind.

Ammoniten
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In den Alpen sind viele Fossilien begraben
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Um ein Fossil zu entdecken, muss man nicht unbedingt tief in der Erde bohren. Wenn sich im Lauf von Jahrmillionen die Gesteinsschichten heben, werden auch tiefer gelegene Schichten nach oben gedrückt und durch Abtragung freigelegt. So können Fossilien von den untersten Schichten des Meeresbodens, wie es in den Kalkalpen der Fall ist, bis auf hohe Berggipfel hinauf gelangen.

Aus Harz kann nach Jahrmillionen Bernstein werden
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Doch nicht nur in Gestein, auch im Harz von Bäumen werden Pflanzen und Tiere, wie Mücken oder Käfer, gefangen. Im Lauf langer Zeit verwandelt sich das klebrige Baumharz in festen Bernstein. In diesem gelblich-durchsichtigen Gestein sind Insekten oder Pflanzen, die vor Jahrmillionen lebten, noch heute sehr gut zu erkennen.

An der Ostseeküste kann man Bernstein finden
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Gefaltet und umgestaltet – die Entstehung der Alpen

Jedes Jahr kommen sich München und Venedig einen halben Zentimeter näher. Das ist zwar nicht viel, aber es ist messbar. Dass die deutsche und die italienische Stadt ganz langsam zusammenrücken, hat mit der Entstehung der Alpen zu tun.

Die Alpen sind im Vergleich zu anderen Gebirgen relativ jung. Ihre Geschichte beginnt „erst“ vor rund 250 Millionen Jahren als sich zwischen den Kontinenten Eurasien und Afrika ein flaches Meer bildet: die Tethys. Gesteinsschutt und Reste von Lebewesen setzen sich über einen langen Zeitraum auf dem Meeresboden ab und werden zu Kalkstein.

Von München aus sind die Alpen schon zu sehen
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Vor etwa 100 Millionen Jahren begibt sich die afrikanische Platte auf die Reise: Sie driftet nach Norden und drückt dabei heftig gegen den eurasischen Kontinent. Durch den Druck wird das Gestein gestaucht, es faltet sich wellenförmig auf. Die einzelnen Falten können dabei wenige Millimeter oder Hunderten von Metern erreichen. An einigen Stellen schieben sich die gefalteten Schichten wie Dachziegel übereinander und bilden sogenannte Gesteinsdecken. Schließlich steigt auch Magma auf; und zwar in dem Moment, in dem die Afrikanische Platte unter die Eurasische taucht. Das Gestein wird im Erdinneren aufgeschmolzen und steigt nach oben, erkaltet allerdings noch unter der Erdoberfläche. Aus diesem Grund bestehen die Zentralalpen unter anderem aus dem magmatischen Gestein Granit – im Gegensatz zum Kalkstein der nördlichen und südlichen Alpen.

Im Mittelmeer treffen Afrikanische und Eurasische Platte aufeinander
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Das gefaltete Gebiet hebt sich unter dem großen Druck schließlich über den Meeresspiegel hinaus. Zunächst erscheinen die Faltenrücken noch als längliche Inseln im Meer. Doch die Inselgruppe wird weiter nach oben gepresst und schiebt sich langsam zu einem Hochgebirge empor, in das die Flüsse tiefe Täler einschneiden. Große Mengen an Abtragungsschutt werden im Alpenvorland angehäuft. Während der Kaltzeiten schürfen gewaltige Gletscher tiefe Trogtäler und steile Bergflanken in das Gestein. Erst jetzt bildet sich die typische Hochgebirgslandschaft der Alpen, die uns im Sommer zum Wandern oder Klettern und im Winter zum Skifahren lockt.

Die Landschaft der Alpen lädt zum Wandern ein
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Bis heute driftet die Afrikanische Platte nach Norden. Darum werden die Alpen noch immer kräftig angehoben und zusammengestaucht. Dieses Zusammenstauchen ist der Grund dafür, dass uns Venedig und das gesamte Gebiet jenseits der Alpen jedes Jahr ein winziges Stückchen näher rücken.

Venedig rückt uns immer näher
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Berge in Bewegung

Mächtig und starr ragen Gebirge in die Höhe. Es scheint als könne nichts und niemand sie vom Fleck bewegen. Doch das stimmt nicht: Gebirge sind ständig in Bewegung – allerdings so langsam, dass wir die Veränderung mit bloßem Auge nicht sehen können.

Schnee am Kilimandscharo
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Der Grund dafür: Die Platten der Erdkruste bewegen sich. Und wenn zwei dieser Platten zusammenstoßen, wird das Gestein gestaucht, geschoben und aufgetürmt. Ähnlich wie bei einem Autounfall falten sich beim Aufprall an den Plattenrändern Gebirge auf. Berge und Täler sind also eine „Knautschzone“ der aufeinanderprallenden Platten. Allerdings passiert das nicht schlagartig wie bei einem Autounfall, sondern noch viel langsamer als in Zeitlupe. Das Ergebnis sind Faltengebirge wie die Anden in Südamerika. Dort gleitet die ozeanische Nazca-Platte unter die Südamerikanische Platte und quetscht das Gestein mit unglaublicher Kraft zusammen. Dabei türmt sich das langgezogene Gebirge der Anden auf, das über eine Strecke von 7500 Kilometer reicht. Die Anden sind damit die längste überirdische Gebirgskette der Welt.

Wie bei einem Crash schieben sich die Platten zusammen
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Die Anden sind wie die Alpen ein Faltengebirge
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Es gibt allerdings auch gewaltige Gebirge unter dem Meeresspiegel. Sie ziehen sich mitten durch die Ozeane. Auch sie verdanken ihr Dasein den beweglichen Platten. Dort wo sich am Meeresgrund zwei Platten voneinander weg bewegen, dringt Magma aus dem Mantel durch die ozeanische Kruste. Der heiße Gesteinsbrei erkaltet am Meeresboden und türmt sich zu Gebirgen, die Tausende von Metern lang sind: die Mittelozeanischen Rücken. Dort, wo die Lava den Meeresspiegel erreicht und darüber hinaus quillt, entstehen Inseln wie Island. Diese Gebirge, die im Meer geboren werden, sind die längsten der Erde. Der Mittelatlantische Rücken zieht sich von Nord nach Süd durch den ganzen Antlantik – etwa 20.000 Kilometer lang.

Island ist Teil des Mittelatlantischen Rückens
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Geysir auf Island
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Atemberaubend: Mount Everest ohne Sauerstoffgerät bezwungen!

Kein vernünftiger Mensch hätte das für möglich gehalten: Reinhold Messner und Peter Habeler haben den höchsten Berg der Erde ohne Sauerstoffgerät bestiegen. Völlig entkräftet aber glücklich kamen die beiden Extrembergsteiger gestern im Basislager an.

Ihr Gipfelsturm auf den Everest beginnt am 8. Mai, morgens um halb sechs, nach einer eisigen Nacht im Zelt. Seit dem 6. Mai sind sie vom Basislager auf dem Weg nach oben. Die Warnungen vieler Ärzte schrecken sie nicht: Sie wollen das Dach der Welt ohne künstlichen Sauerstoff erklimmen. Ein gescheiterter Versuch liegt bereits hinter ihnen. Von knapp 8.000 Metern Höhe aus folgt jetzt ein erneuter Anlauf. Der Aufstieg in der dünnen Höhenluft ist eine Tortur, jeder Schritt ist eine Qual. Doch die beiden sind in top in Form, und sie haben Erfahrung.

Mittags erreichen sie eine Höhe von 8.800 Metern. Die Beine sind schwer wie Blei, die Müdigkeit kaum zu beschreiben. Doch sie überwinden ihre Schmerzen und stapfen weiter, wie in Trance. Endlich erreichen sie das scheinbar Unmögliche: Sie stehen auf dem Gipfel des Everest. Weltrekord! Vor Erschöpfung lassen sie sich in den Schnee fallen. Nach einer langen Pause holt Messner seine Kamera aus dem Rucksack und filmt. Zurück im Zelt funken sie ans Basislager: Sie haben es geschafft!

In der Nacht wird Messner von schrecklichen Augenschmerzen gequält: Er ist schneeblind. Habeler ist am Knöchel verletzt. Dennoch schaffen die beiden am 10. Mai den Abstieg ins Basislager. Jetzt erst begreifen sie ihren Erfolg, Triumphgefühl erfüllt sie. Die Sensation ist perfekt: Peter Habeler und Reinhold Messner haben bewiesen, dass der Mount Everest auch ohne Sauerstoffgerät bestiegen werden kann.

Mount Everest
Quelle: imago/blickwinkel
Reinhold Messner
Quelle: imago stock&people

In der Todeszone

Ärzte hatten Reinhold Messner und Peter Habeler gewarnt: Sich ohne künstlichen Sauerstoff in 8.000 Meter Höhe zu bewegen, gefährde in höchstem Maße die Gesundheit. Gehirnzellen könnten absterben und das kontrollierte Denken aussetzen, auch Bewusstlosigkeit drohe. „Ihr werdet als Deppen zurückkommen“, hieß es kurz und drastisch.

Tatsächlich ist mit der Höhenkrankheit nicht zu spaßen. Schon ab etwa 2.000 Metern kann sich die dünner werdende Luft durch Atemnot, Schwindel, Kopfschmerzen oder Erbrechen bemerkbar machen. Die Lunge nimmt mit zunehmender Höhe immer weniger Sauerstoff auf, der Körper wird unterversorgt. Oberhalb von 7.000 Metern – in der Todeszone – werden die meisten Menschen bewusstlos, wenn sie keinen zusätzlichen Sauerstoff bekommen. Im schlimmsten Fall führt die extreme Höhe zum Tod. Viele Bergsteiger hat diese Tatsache bereits das Leben gekostet. Dass Habeler und Messner den Gipfel ohne Atemgerät erklommen haben, grenzt tatsächlich an ein Wunder. Es ist nur mit genauester Planung, einer sagenhaften körperlichen Fitness und einem eisernen Willen zu erklären.