Lebensräume · Im Meer | Hintergrund: Steckbriefe Nordsee-Arten

Stand
Autor/in
Gisela Fritz

Nordsee

Nordseeküste (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Die Nordseeküste

Die Nordsee ist mit durchschnittlich nur 94 Metern Tiefe ein relativ flaches Meer und den Lebensgemeinschaften steht ein großer Nährstoffvorrat zur Verfügung. Das Gebiet ist geprägt von starken Gezeiten, und es münden mehrere große und viele kleinere Flüsse in die Nordsee. Der Rhein ist der mengenmäßig wichtigste Zufluss. Der Küstenverlauf ist sehr vielseitig, mit Fels- und Sandküsten, Steilküsten und sehr flach auslaufenden Ufern, mit Salzwiesen und dem Wattenmeer, welches das größte und artenreichste Wattgebiet der Welt ist. Zudem bietet die Nordsee ausgedehnte algenreiche Flachwasserbereiche.

Die Nordsee gehört weltweit zu den fischreichsten Meeresgebieten. Wichtige Fische für das Ökosystem und für die Fischerei sind Makrele, Kabeljau, Schellfisch, Seelachs (Köhler), Wittling, Hering, Scholle und Seezunge. Wie sich die Fischerei auf die Nahrungsketten auswirken kann, erkennt man an der Bestandsentwicklung einiger kommerziell bedeutender Fischpopulationen: Bis Mitte der 1960er-Jahre waren die Heringsbestände in der Nordsee noch groß, und brachten der Fischerei konstant hohe Erträge ein, mit einem Spitzenwert von 1,2 Millionen Tonnen Hering im Jahr 1965. Aufgrund des hohen Fangdrucks nahmen die Heringsbestände dann Jahr für Jahr ab, was sich auch in stetig sinkenden Fischereierträgen auswirkte. Bis Ende der 1970er-Jahre fiel die Fangmenge auf weniger als 100.000 Tonnen Hering jährlich. Der gezielte Heringsfang wurde dann Ende der 1970er Jahre in der Nordsee ganz eingestellt. Heute hat sich der Hering unter vernünftigem Management wieder gut erholt. Dabei hat auch geholfen, dass einer seiner wichtigsten Räuber, der Kabeljau, immer noch stark überfischt wird und in der südlichen Nordsee praktisch verschwunden ist.

Steckbriefe Nordsee-Arten

Miesmuschel (Foto: colourbox)
Wattenmeer

Essbare Miesmuschel

Die Größe dieser Art ist variabel und liegt zwischen zwei und zehn Zentimetern. Die Färbung der Schale ist außen blauschwarz bis bräunlich, innen perlmuttartig mit dunklem Rand. Die Miesmuschel siedelt auf Felsböden, Steinen und anderen festen Untergründen. Sie heftet sich mit ihren so genannten Byssusfäden am Untergrund so stark fest, dass sie selbst in Brandungszonen siedeln kann. Gebietsweise bildet sie dichte Bestände (Miesmuschelbänke). Die Tiere sind getrenntgeschlechtlich und haben eine hohe Vermehrungsrate. Eine Miesmuschel kann zwei bis dreimal im Jahr jeweils 5-12 Millionen Eier produzieren. Die Miesmuschel wird in vielen Gebieten kommerziell in Kulturen gezüchtet. Wie andere Muscheln ernährt sich auch diese Art von Plankton, das sie aus dem Atemwasserstrom herausfiltriert.

Garnele (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Die Garnele

Nordseegarnele

Die Nordseekrabbe oder Strandgarnele, wie diese Art auch genannt wird, erreicht meist bis zu fünf, maximal gut acht Zentimeter Länge. Sie hat kleine Scheren und zwei lange Hauptantennen (Fühler), die fast so lang sind wie ihr Körper. Die Tiere leben räuberisch von verschiedenen Arten Kleingetier wie Borstenwürmern, Nematoden, jungen Muscheln, gehen aber auch an verletzte Tiere und Aas. Zu ihren Fressfeinden gehören größere Krebse, Vögel und Fische. In der Nordsee werden pro Jahr etwa 25.000 Tonnen dieser Art für den menschlichen Verzehr gefangen. Die Garnele kommt im Wattenmeer zur warmen Jahreszeit zahlreich vor, im Herbst wandert sie jedoch in tieferes Wasser ab.

Strandkrabbe (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Eine Strandkrabbe

Strandkrabbe

Die Strandkrabbe erreicht eine Körperlänge bis etwa sieben Zentimeter, wobei der Kopf-Brust-Panzer (Carapax) etwas breiter als lang ist. Am Vorderrand ist der Panzer dornartig gezackt. Die Strandkrabbe ist eine an europäischen Küsten - von Norwegen bis zum Mittelmeer - recht häufige Art. Sie hat sich nach Einschleppung, vermutlich über Ballastwasser großer Schiffe, auch an der nordamerikanischen Küste eingebürgert sowie in Teilen des Indopazifiks, z. B. an der Südküste Australiens. Besonders in der Gezeitenzone wird die Strandkrabbe regelmäßig beobachtet. Sie ernährt sich von kleinen Tieren des Bodens, wie Würmern, anderen Krebstieren, Muscheln, aber auch von kleinen Fischen. Sie ist, wie viele andere Krebse auch, besonders bei Nacht aktiv.

Hummer (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Ein Europäischer Hummer

Europäischer Hummer

Der europäische Hummer erreicht eine Größe von bis zu 60 Zentimetern. Er besitzt zwei kräftige, unterschiedlich große Scheren. Die schmalere ist die Greifschere, die größere die Knackschere. Verbreitet ist er von den Lofoten bis zur marokkanischen Atlantikküste und den Azoren, in der Nordsee und im Mittelmeer. Er bevorzugt etwas größere Tiefen, meist unterhalb von 30 Metern, bewohnt Nischen und spaltenreiche Felsgründe, ist nachtaktiv und sehr reviertreu. Nach seinen nächtlichen Streifzügen zur Beutesuche kehrt er wieder in seinen Unterschlupf zurück. Er frisst Krabben, Muscheln und Würmer, verschmäht aber auch Aas nicht. Mit der Knackschere kann er mühelos Muschelschalen aufbrechen. Der Hummer ist fischereiwirtschaftlich bedeutend, sein Fleisch ist hoch geschätzt. Die Zerstörung seines Lebensraumes - der unterseeischen Felsenlandschaft um Helgoland - durch Minen und Bomben im zweiten Weltkrieg und Verschmutzungen des Wassers durch Öl führten zu starken Rückgängen der Population. Bei Helgoland wurden noch 1937 rund 87.000 Hummer mit einem Gesamtgewicht von 41 Tonnen gefangen. Heute werden nur noch etwa 500 Hummer pro Jahr gefangen. Mit im Labor aufgezogenen "Nachwuchshummern", die in der Nordsee vor Helgoland oder seit 2014 auch an Windkraftanlagen vor Borkum ausgesetzt werden, versucht man den Bestand wieder nach oben zu regulieren.

Kabeljau, Dorsch (Foto: www.colourbox.com)
Ein Kabeljau, auch Dorsch genannt

Kabeljau, Dorsch

Der Kabeljau ist ein beliebter Speise- und wichtiger Wirtschaftsfisch Nordeuropas. Der Dorsch, wie er auch genannt wird, ist ein Raubfisch mit stromlinienförmigem Körper, drei Rückenflossen und einem Bartfaden an der Unterlippe. Er wird meist 40 bis 80 Zentimeter lang. Maximal kann er 150 Zentimeter Länge und ein Gewicht von 30 Kilogramm erreichen, was jedoch nur selten vorkommt. Er ist kälteliebend mit bevorzugten Wassertemperaturen von null bis zehn Grad Celsius. Als Jungtier ernährt er sich von Plankton, mit zunehmender Größe von wirbellosen Bodentieren wie Krebsen, Gliederwürmern und Stachelhäutern bis hin zu Fischen wie Hering oder Sandaal. Dorsche sind Schwarmfische, die weite Wanderungen unternehmen, zum Fressen ebenso wie zum Laichen. Ein wichtiges Laichgebiet liegt bei den Lofoten, wo sie zwischen Februar und April ablaichen.

Hering (Foto: Imago)
Ein Hering

Hering

Der Hering ist ein schlanker, seitlich abgeflachter Fisch und erreicht Längen von 30 bis maximal 40 Zentimetern. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich über den Nordostatlantik, von Grönland und Skandinavien über Nord- und Ostsee bis zur Bretagne im Süden.

Heringe sind Schwarmfische des freien Wassers. Die teils sehr großen Schwärme halten sich nachts meist knapp unter der Wasseroberfläche auf, tagsüber ziehen sie sich in größere Tiefen (bis zu 200 Metern) zurück. Die Heringe folgen damit den vertikalen Wanderungen des Planktons und halten sich so immer in den Tiefenbereichen auf, in denen die Planktonkonzentration besonders hoch ist. Heringe fressen hauptsächlich Zooplankton, darunter vor allem Kleinkrebse, die sie mit Hilfe ihrer Kiemenreusen aus dem Wasser filtern. Heringe sind ihrerseits Beutefisch von Dorschen, Makrelen, Seehunden und werden selbst von Schwertwalen nicht verschmäht.

Seeskorpion (Foto: Imago)
Der Seeskorpion

Seeskorpion

Der Seeskorpion ist keinesfalls mit den Skorpionen verwandt, sondern ist ein Fisch. Seinen Namen verdankt er vermutlich der gedrungenen Körperform und den stachelartigen Flossen, wobei diese nicht giftig sind. Seeskorpione findet man fast im gesamten Nordatlantik. Ihr Verbreitungsgebiet reicht im Osten vom Weißen Meer über die Nord- und Ostsee bis zur Biskaya sowie über Island und Grönland bis zur Ostküste Nordamerikas. Diese bodenlebende Art hat einen keulenförmigen Körper und erreicht Längen von 40 bis maximal 60 Zentimeter. Der Seeskorpion kommt in etwa fünf bis über 200 Meter Tiefe vor, bevorzugt auf Sand- oder Schlickgrund. Er ist ein nachtaktiver Lauerräuber, der seine Beute im kurzen Vorstoß packt. Als Nahrung dienen ihm überwiegend Würmer, Krebse, Fische sowie Fischlaich und Fischbrut. Die Laichzeit fällt in die kalte Jahreszeit, ungefähr von November bis März. Die Eier werden in kleinen Klumpen auf festem Untergrund abgelegt, etwa an Steinen.

Scholle (Foto: Imago)
Eine Scholle

Scholle

Die Scholle hat - wie alle Plattfische - einen seitlich stark abgeflachten, asymmetrischen Körper. Sie erreicht meist 30 bis 40 Zentimeter Länge, kann aber maximal bis fast einen Meter groß werden und dann bis zu sieben Kilogramm wiegen. Die typische Färbung mit rötlichen Flecken auf der sandfarbenen bis dunkelbraunen Oberseite macht sie in den meisten Fällen sehr leicht unterscheidbar von anderen Plattfischen. Die Scholle ist heimisch von Nordnorwegen über Nord- und Ostsee bis zum westlichen Mittelmeer. Schollen kommen vom Seichtwasser bis in etwa 200 Meter Tiefe vor. Die Scholle ist ein wichtiger Wirtschaftsfisch. Sie selbst erbeutet zahlreiche Kleintiere des Bodens wie dünnwandige Muscheln, Borstenwürmer, Kleinkrebse und Schnecken.

Schweinswal (Foto: Imago)
Ein Schweinswal

Schweinswal

Der Schweinswal ist mit einer Länge bis zu etwa 1,8 Metern bei durchschnittlichen Gewichten von 50 bis 60, maximal 90 Kilogramm der kleinste Wal in der Nordsee. Äußerlich erinnert er an einen Delfin, hat aber eine stumpfe Schnauze sowie eine abgerundete Rückenflosse. Schweinswale sind auf der Nordhalbkugel in gemäßigten und subarktischen Gewässern weit verbreitet, aber gerade in Nord- und Ostsee stark in ihrem Bestand bedroht. Hauptursache ist der so genannte Beifang: Die Wale landen unbeabsichtigt in Fischernetzen und ersticken, weil sie nicht mehr zum Atmen an die Oberfläche kommen können. Schweinswale unternehmen nur kurze Tauchgänge von wenigen Minuten Dauer und halten sich bevorzugt in flacheren Gewässern von weniger als 200 Metern Tiefe auf. Sie leben in kleinen Gruppen und scheinen in manchen Gebieten ortstreu zu sein. Die Jungen werden sechs bis elf Monate lang gesäugt. Als Nahrung dienen dem Schweinswal vor allem Fische und Tintenfische. In der Nordsee stehen besonders häufig Plattfische auf dem Speiseplan, daneben auch der Kabeljau. Schweinswale jagen vor allem in Bodennähe und erbeuten dort mitunter auch Borstenwürmer, Schnecken und Krebse.

Seehund (Foto: SWR - Screenshot aus der Sendung)
Ein Seehund

Seehund

Der Seehund ist die bei uns häufigste und bekannteste Robbe, aber auch über die Nordsee hinaus weit verbreitet. Seehunde bewohnen geeignete Küstengebiete von den gemäßigten bis zu den polaren Breiten rund um die gesamte Nordhalbkugel. Die Männchen werden bis zu 1,9 Meter lang und 70 bis 150 Kilogramm schwer, die Weibchen erreichen 1,7 Meter Länge und ein Gewicht von 60 bis 110 Kilogramm. Entsprechend ihrem großen Verbreitungsgebiet ist ihre Nahrung vielseitig. Zu ihrer Beute gehören zahlreiche Fischarten sowie Kopffüßer und Krebstiere. Sie jagen sowohl im freien Wasser wie auch knapp unter der Oberfläche und auf dem Grund. Sie können bis zu 30 Minuten lang tauchen und gehen bei der Jagd oft gemeinsam zu Werke. Die Jungtiere werden etwa sechs Wochen lang gesäugt. Sind sie von der Mutter getrennt, stoßen sie heulende Laute aus, weshalb vereinsamte Jungtiere auch „Heuler“ genannt werden.

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Gisela Fritz