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Textdokumente

Textdokumente zum Thema: Kuba

Auszüge aus der Rede von Fidel Castro am 16. April 1961

Erstmals proklamiert Castro am 16. April 1961 den sozialistischen Charakter der kubanischen Revolution. Einen Tag zuvor war es zu einem Bombenangriff auf kubanische Luftwaffenstützpunkte durch die von der CIA trainierten Exilkubaner gekommen. Am Tag darauf, am 17. April 1961, starten die Exilkubaner die Invasion in der Schweinebucht.

"[…] Was uns die Imperialisten nicht verzeihen können, ist, dass wir hier angelangt sind. Was sie uns nicht verzeihen können, ist die Würde, die Redlichkeit, der Mut, die ideologische Standhaftigkeit, die Opferbereitschaft und der revolutionäre Geist des kubanischen Volkes und die Tatsache, dass die unsere eine Sozialistische Revolution ist. Diese Sozialistische Revolution verteidigen wir mit diesen Gewehren (Beifall). Diese Sozialistische Revolution verteidigen wir mit dem Mut, mit dem gestern unsere Flakartilleristen die Flugzeuge des Aggressors durchlöcherten! Nicht mit Söldnern verteidigen wir sie; wir verteidigen sie mit den Männern und Frauen aus dem Volk!

Sind es vielleicht die Millionäre, die die Waffen tragen? (Ausrufe: "Nein!")

Sind es vielleicht die Söhnchen der Reichen, die die Waffen tragen? (Ausrufe: "Nein!")

Sind es vielleicht die Landaufseher, die die Waffen tragen? (Ausrufe: "Nein!")

Wer ist es, der die Waffen trägt? (Ausrufe: "Das kubanische Volk!")

Welche Hände sind es, die diese Waffen heben? (Ausrufe: "Die Hände des Volkes!")

Sind es Hände von Herrensöhnen? (Ausrufe: "Nein!")

Sind es Hände von Reichen? (Ausrufe: "Nein!")

Sind es Hände von Ausbeutern? (Ausrufe: "Nein!")

Welche Hände sind es, die diese Waffen heben? (Ausrufe: "Die Hände des Volkes!")

Sind es nicht etwa Arbeiterhände; sind es nicht etwa Bauernhände; sind es nicht etwa durch Arbeit gehärtete Hände; sind es nicht etwa kreative Hände; sind es nicht etwa die einfachen Hände des Volkes? (Ausrufe: "Ja!")

Und wer bildet die Mehrheit des Volkes? Sind es die Millionäre oder die Arbeiter (Ausrufe: "Die Arbeiter!"); die Ausbeuter oder die Ausgebeuteten (Ausrufe: "Die Ausgebeuteten!"); die privilegierten oder die einfachen Menschen? (Ausrufe: "Die einfachen Menschen!")

Tragen die privilegierten Menschen die Waffen? (Ausrufe: "Nein!")

Tragen die einfachen Menschen die Waffen? (Ausrufe: "Ja!")

Sind die privilegierten Menschen in der Minderheit? (Ausrufe: "Ja!")

Sind die einfachen Menschen in der Mehrheit? (Ausrufe: "Ja!")

Ist eine Revolution, in der die einfachen Menschen die Waffen tragen, eine demokratische Revolution? (Ausrufe: "Ja!")

Genossen Arbeiter und Bauern! Dieses ist die sozialistische und demokratische Revolution der Armen, mit den Armen und für die Armen! (Beifall) Und für diese Revolution der Armen, der Armen wegen und für die Armen sind wir bereit, unser Leben zu geben! […]"

Quelle im Internet auf der Webseite der kubanischen Regierung abrufbar unter: www.cuba.cu/gobierno/discursos/2001/ale/f160401a.html

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Ausschnitt aus den Tonbandaufnahmen der ExComm-Sitzung am 18. Oktober 1962

Die als "Kennedy-Tapes" bekannten heimlichen Tonbandaufzeichnungen aus dem Jahr 1962 wurden von US-Präsident John F. Kennedy selbst veranlasst. Unter anderem hat er die Beratungen des Exekutivkomitees des Nationalen Sicherheitsrats (ExComm) aufzeichnen lassen, deren Teilnehmer während der Kuba-Krise fast täglich viele Stunden zusammentrafen.
Am Morgen des 18. Oktober 1962 entdeckten Analysten der CIA, dass die Sowjets offenbar auch Interkontinentalraketen auf Kuba installiert hatten. Dies bestärkte die Hardliner, einen Militärschlag zu befürworten, während andere, wie George Ball, Unterstaatssekretär im Außenministerium, vor den Konsequenzen einer solchen Eskalation warnte.

[…]
Robert McNamara: "If there is a strike without a preliminary discussion with Khrushchev, how many Soviet citizens will be killed? I don't know. It'd be several hundred at absolute minimum."

McGeorge Bundy: "Killed, as in casualties?"

McNamara: "Killed. Absolutely. We're using napalm, 750-pound bombs. This is an extensive strike we're talking about."

Bundy: "Well, I hope it is."

McNamara: "I think we must assume we'll kill several hundred Soviet citizens. Having killed several hundred Soviet citizens, what kind of response does Khrushchev have open to him?
It seems to me that it just must be a strong response, and I think we should expect that. And, therefore, the question really is are we willing to pay some kind of a rather substantial price to eliminate these missiles?
I think the price is going to be high. It may still be worth paying to eliminate the missiles. But I think we must assume it's going to be high – the very least it will be will be to remove the missiles in Italy and Turkey. I doubt we could settle (the problem) for that."

Douglas Dillon: "Well, I think they'll take Berlin."

George Ball: "Mr. President, I think that it's easy sitting here to, to underestimate the kind of sense of affront that you would have in the allied countries within – even perhaps in Latin America, if we act without warning, without giving Khrushchev some way out. Even though it may be illusory, I think we still have to do it because I think that the impact on the opinion and the reaction would be very much different.
A course of action where we strike without warning is like Pearl Harbor. It's the kind of conduct that one might expect of the Soviet Union. It is not conduct that one expects of the United States. And I have a feeling that this 24 hours (warning) to Khrushchev is really indispensable."

President John F. Kennedy: "And then if he says: 'Well if you do that, we're going to grab Berlin.' The point is, he's probably going to grab Berlin anyway." […]

McNamara: "I suspect the price we pay to Khrushchev will be about the same, whether we give him the advance warning or don't give him the advance warning. The advance warning has the advantage of possibly giving him an out that would reduce the requirement that we enter with military force. That's a bare possibility, not great. It has the advantage George has mentioned of causing less friction with the rest of the world.
It has some disadvantages: a reduction of military surprise, but the disadvantage of that is not very great.
It carries with it, however, I believe, the great disadvantage that once you Start down that course he outmaneuvers you. […]"

Die Transkripte der Tonbandaufnahmen von den ExComm-Beratungen sind in englischer Sprache im Internet abrufbar unter: www.whitehousetapes.org/transcripts/jfk_2_pub/24_oct18.pdf (Ausschnitt S. 538/539)

Ausschnitte aus den Tonbandaufnahmen kann man im Internet auf der Webseite der George Washington Universitity anhören: www.gwu.edu/~nsarchiv/nsa/cuba_mis_cri/audio.htm

 

Deutsche Übersetzung:

[…]
Robert McNamara: "Wenn es einen Militärschlag ohne Vorwarnung an Chruschtschow gibt, wie viele sowjetische Bürger werden getötet? Ich weiß es nicht. Es wären mindestens mehrere hundert."

McGeorge Bundy: "Tote, also Todesopfer?"

McNamara: "Tote. Genau. Wir benutzen Napalm, 300 Kilogramm-Bomben. Wir reden hier von einem umfangreichen Militärschlag."

Bundy: "Das hoffe ich."

McNamara: "Ich glaube, dass wir davon ausgehen müssen, dass mehrere hundert sowjetische Bürger umkommen werden. Nachdem wir mehrere hundert sowjetische Bürger getötet haben, welche Reaktionsmöglichkeiten hat Chruschtschow?
Es scheint mir, es kann nur eine starke Reaktion geben, ich glaube, das sollten wir wissen. Deswegen stellt sich die Frage, ob wir bereit sind, einen ziemlich hohen Preis für die Beseitigung dieser Raketen zu zahlen. Ich glaube, der Preis würde hoch sein. Es könnte sich trotzdem lohnen, einen solchen Preis zu zahlen, um die Raketen zu beseitigen. Das absolut Mindeste wäre der Abzug der Raketen aus Italien und der Türkei. Ich zweifele aber daran, dass wir das Problem zu diesen Bedingungen lösen können."

Douglas Dillon: "Also, ich glaube, dass sie Berlin erobern werden."

George Ball: "Herr Präsident, so wie wir hier sitzen könnten wir leicht das Ausmaß des Affronts unterschätzen, den wir bei unseren verbündeten Staaten und sogar vielleicht in Lateinamerika auslösen würden, sollten wir ohne Vorwarnung handeln und Chruschtschow keinen Ausweg lassen. Selbst wenn es illusorisch sein sollte, wir müssen es tun, weil meiner Einschätzung nach die Wirkung auf die Öffentlichkeit und die Reaktion dann eine ganze andere wäre. Ein Angriff ohne Vorwarnung wäre wie Pearl Harbor. Ein solches Verhalten könnte man von der Sowjetunion erwarten. Es ist aber nicht die Vorgehensweise, die man von den Vereinigten Staaten erwartet. Ich habe das Gefühl, dass eine 24-Stunden-Vorwarnung für Chruschtschow wirklich unverzichtbar ist."

Präsident John F. Kennedy: "Und wenn er dann sagt: 'Gut, wenn sie das machen, erobern wir Berlin.' Der Punkt ist, dass er Berlin wahrscheinlich sowieso einnehmen wird." […]

McNamara: "Ich glaube, dass unsere Gegenleistung an Chruschtschow gleich bleiben wird, egal ob wir ihn vorwarnen oder nicht. Die Vorwarnung hat den Vorteil, dass wir ihm damit womöglich einen Ausweg bieten, der für uns die Notwendigkeit des militärischen Eingreifens verringert. Das ist eine geringe Chance, keine große. Sie hat den Vorteil, den George erwähnt hat, es gäbe weniger Anlass zu Reibereien mit der restlichen Welt.
Sie hat aber einige Nachteile: Eine Verringerung des militärischen Überraschungseffekts, doch dieser Nachteil ist nicht sehr bedeutend. Sie ist jedoch mit dem großen Nachteil verbunden, glaube ich, dass er uns ausmanövrieren könnte, wenn wir diesen Weg einschlagen. […]"

Quelle: SWR

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Auszug aus der Fernsehansprache von US-Präsident John F. Kennedy am 22. Oktober 1962

"Good evening my fellow citizens,

[…] Within the past week, unmistakable evidence has established the fact that a series of offensive missile sites is now in preparation on that imprisoned island. The purpose of these bases can be none other than to provide a nuclear strike capability against the Western Hemisphere. […]

The characteristics of these new missile sites indicate two distinct types of installations. Several of them include medium range ballistic missiles, capable of carrying a nuclear warhead for a distance of more than 1,000 nautical miles. Each of these missiles, in short, is capable of striking Washington D. C., the Panama Canal, Cape Canaveral, Mexico City. […] Additional sites not yet completed appear to be designed for intermediate range ballistic missiles – capable of travelling more than twice as far – and thus capable of striking most of the major cities in the Western Hemisphere, ranging as far north as Hudson Bay, Canada, and as far south as Lima, Peru. […]

This urgent transformation of Cuba into an important strategic base […] constitutes an explicit threat to the peace and security of all the Americas. […] Our own strategic missiles have never been transferred to the territory of any other nation under a cloak of secrecy and deception. […] But this secret, swift, and extraordinary build up of Communist missiles – in an area well known to have a special and historical relationship to the United States and the nations of the Western Hemisphere, in violation of Soviet assurances, and in defiance of American and hemispheric policy – this sudden, clandestine decision to station strategic weapons for the first time outside of Soviet soil – is a deliberately provocative and unjustified change in the status quo which cannot be accepted by this country, if our courage and our commitments are ever to be trusted again by either friend or foe. […]

To halt this offensive build up, a strict quarantine on all offensive military equipment under shipment to Cuba is being initiated. All ships of any kind bound for Cuba from whatever nation or port will, if found to contain cargoes of offensive weapons, be turned back. […] Should these offensive military preparations continue, thus increasing the threat to the hemisphere, further action will be justified. I have directed the Armed Forces to prepare for any eventualities. […] It shall be the policy of this Nation to regard any nuclear missile launched from Cuba against any nation in the Western Hemisphere as an attack by the Soviet Union on the United States, requiring a full retaliatory response upon the Soviet Union. […]

I call upon Chairman Khrushchev to halt and eliminate this clandestine, reckless, and provocative threat to world peace and to stable relations between our two nations. I call upon him further to abandon this course of world domination, and to join in an historic effort to end the perilous arms race and to transform the history of man. He has an opportunity now to move the world back from the abyss of destruction-by returning to his government's own words that it had no need to station missiles outside its own territory, and withdrawing these weapons from Cuba-by refraining from any action which will widen or deepen the present crisis-and then by participating in a search for peaceful and permanent solutions. […]

The path we have chosen for the present is full of hazards, as all paths are – but it is the one most consistent with our character and courage as a nation and our commitments around the world. The cost of freedom is always high – but Americans have always paid it. And one path we shall never choose, and that is the path of surrender or submission.

Our goal is not the victory of might, but the vindication of right – not peace at the expense of freedom, but both peace and freedom, here in this hemisphere, and, we hope, around the world. God willing, that goal will be achieved."

Quelle im Internet abrufbar unter: www.mtholyoke.edu/acad/intrel/kencuba.htm

 

Deutsche Übersetzung:

"Guten Abend, meine Mitbürger,

[…] In der vergangenen Woche haben eindeutige Beweise die Tatsache erhärtet, dass gegenwärtig eine Reihe offensiver Raketenabschussrampen auf dieser unterjochten Insel vorbereitet wird. Der Zweck dieser Basen kann nur sein, eine nukleare Angriffskapazität gegen die westliche Hemisphäre zu schaffen. […]

Die Merkmale dieser neuen Raketenabschussrampen lassen zwei deutlich unterscheidbare Typen von Anlagen erkennen. Einige von ihnen umfassen ballistische Mittelstreckenraketen, die in der Lage sind, einen nuklearen Sprengkopf über eine Entfernung von über 1000 Seemeilen zu tragen. Jede dieser Raketen ist in der Lage, Washington D.C., den Panama-Kanal, Kap Canaveral, Mexiko City […] zu treffen. Weitere, noch nicht fertiggestellte Anlagen scheinen für weiterreichende Mittelstreckenraketen bestimmt zu sein – deren Reichweite über doppelt so groß ist – und die damit in der Lage sind, die meisten großen Städte der westlichen Hemisphäre zu erreichen, von der weit im Norden liegenden Hudson Bay in Kanada bis hinunter im Süden nach Lima in Peru. […]

Diese rasche Umwandlung Kubas in einen wichtigen strategischen Stützpunkt […] stellt eine ausdrückliche Bedrohung des Friedens und der Sicherheit aller amerikanischen Staaten dar. […] Unsere eigenen strategischen Raketen sind niemals unter dem Deckmantel der Geheimhaltung und Täuschung in das Gebiet irgendeines anderen Landes gebracht worden. […] Aber dieser geheime, rasche und außergewöhnliche Aufbau kommunistischer Raketen – in einem Gebiet, das dafür bekannt ist, eine besondere und historische Beziehung zu den Vereinigten Staaten und den Nationen der westlichen Hemisphäre zu haben –, und zwar unter Verletzung sowjetischer Zusicherungen und unter Missachtung der amerikanischen Politik und der Politik der westlichen Hemisphäre – diese plötzliche, insgeheim getroffene Entscheidung, zum ersten Mal strategische Waffen außerhalb des sowjetischen Territoriums zu stationieren, ist eine bewusste provokative und ungerechtfertigte Änderung des Status quo, die von den Vereinigten Staaten nicht akzeptiert werden kann, wenn sowohl Freund als auch Feind jemals wieder an unseren Mut und an unser Engagement glauben sollen. […]

Um der offensiven Aufrüstung Einhalt zu gebieten, wird eine strikte Quarantäne für alle militärischen Angriffsausrüstungen, die auf dem Seeweg nach Kuba gebracht werden, eingeführt. Alle für Kuba bestimmten Schiffe, gleichgültig welcher Nationalität sie sind oder von welchem Hafen sie kommen, werden zurückgeschickt, falls festgestellt wird, dass sie Offensivwaffen an Bord haben. […] Sollten diese offensiven militärischen Vorbereitungen andauern und sich damit die Bedrohung der Hemisphäre steigern, so werden weitere Maßnahmen gerechtfertigt sein. Ich habe die amerikanischen Streitkräfte angewiesen, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. […] Es wird die Politik unseres Landes sein, jeden Abschuss einer Atomrakete von Kuba aus gegen irgendeine Nation der westlichen Hemisphäre als einen Angriff der Sowjetunion auf die Vereinigten Staaten anzusehen, der einen umfassenden Vergeltungsschlag gegen die Sowjetunion erfordert. […]

Ich appelliere an den Vorsitzenden Chruschtschow, diese heimliche, unbesonnene und provokative Bedrohung des Weltfriedens und der stabilen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern zu beenden. Ich appelliere ferner an ihn, dieses Streben nach Weltherrschaft aufzugeben und sich an einem historischen Bemühen zu beteiligen, das gefährliche Wettrüsten zu beenden und die Geschichte der Menschheit zu wandeln. Er hat jetzt die Gelegenheit, die Welt vor dem Abgrund der Vernichtung zu bewahren, indem er sich auf die Worte seiner eigenen Regierung besinnt, dass keine Notwendigkeit für die Stationierung der Raketen außerhalb des eigenen Territoriums besteht, indem er diese Waffen aus Kuba abzieht und indem er sich jeder Maßnahme enthält, die die derzeitige Krise verschärfen würde, – und schließlich indem er sich an der Suche nach friedlichen und dauerhaften Lösungen beteiligt. […]
Der Kurs, den wir jetzt gewählt haben, ist voller Risiken wie alle Wege – aber es ist der Kurs, der unseren Charakter und unserem Mut als Nation sowie unseren Verpflichtungen überall in der Welt am meisten entspricht. Der Preis der Freiheit ist stets hoch, aber wir Amerikaner haben ihn immer entrichtet, und ein Weg, den wir niemals wählen werden, ist der Weg der Kapitulation oder der Unterwerfung.

Unser Ziel ist nicht der Sieg der Macht, sondern die Aufrechterhaltung des Rechts. Nicht der Frieden auf Kosten der Freiheit, sondern beides: Frieden und Freiheit in unserer Hemisphäre und – wie wir hoffen – überall in der Welt. So Gott will, werden wir dieses Ziel erreichen."

Die deutsche Übersetzung der ganzen Rede ist im Internet abrufbar unter: www.peterhall.de/cuba62/docs/doc2.html

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Auszüge aus dem Briefwechsel zwischen Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy in der heißen Phase der Kuba-Krise Ende Oktober 1962

Der gesamte Schriftwechsel während der Kuba-Krise ist in englischer Sprache im Internet abrufbar unter: www.state.gov/www/about_state/history/volume_vi/exchanges.html (ab Brief Nr. 60)

Brief von Nikita Chruschtschow an John F. Kennedy, 26. Oktober 1962

"Sehr geehrter Herr Präsident,

ich habe Ihren Brief vom 25. Oktober erhalten. Aus Ihrem Brief gewinne ich den Eindruck, dass Sie eine gewisse Einsicht in die Lage haben, die entstanden ist, und ein Gefühl der Verantwortung. Ich weiß das zu würdigen.
Bislang haben wir bereits unsere Einschätzung der Vorgänge um Kuba öffentlich ausgetauscht, und jeder von uns hat seine Auslegung und seine Interpretation dieser Ereignisse vorgebracht. Daher liegt es meiner Ansicht nach auf der Hand, dass eine Fortsetzung des Meinungsaustauschs auf diese Entfernung – selbst in Form eines geheimen Briefwechsels – vermutlich dem nichts hinzufügen würde, was beide Seiten einander bereits gesagt haben.
Ich denke, wenn Ihnen tatsächlich am Wohlergehen der Welt gelegen ist, werden Sie mich richtig verstehen. Jedermann braucht Frieden: Sowohl Kapitalisten, sofern sie nicht den Verstand verloren haben, als auch um so mehr Kommunisten – Menschen, die nicht nur ihr eigenes Leben, sondern vor allem das Leben der Völker zu schätzen wissen. Wir Kommunisten sind grundsätzlich gegen Kriege zwischen Staaten und sind für die Sache des Friedens eingetreten, seit es uns gibt. Wir haben Krieg immer als Unglück angesehen, nicht als Spiel oder als Mittel, bestimmte Ziele zu erreichen, und noch viel weniger als Selbstzweck. Unsere Ziele sind eindeutig, und das Mittel, sie zu erreichen, ist die Arbeit. Der Krieg ist unser Feind und ein Unglück für alle Nationen.
So sehen wir, das sowjetische Volk und mit uns auch andere Völker die Frage von Krieg und Frieden. Ich kann dies zumindest für die Völker der sozialistischen Länder mit Sicherheit sagen, ebenso wie für alle progressiven Menschen, die für Frieden, Glück und Freundschaft zwischen den Staaten sind.
Wie ich sehe, Herr Präsident, mangelt es auch Ihnen nicht an Sorge um das Geschick der Welt, nicht an Verständnis und an einer richtigen Einschätzung des Wesens eines modernen Krieges und seiner Folgen. Welche Vorteile brächte Ihnen ein Krieg? Sie drohen uns mit Krieg. Aber Sie wissen sehr wohl, dass Sie mindestens das als Antwort erhalten würden, was Sie uns zugefügt hätten; Sie würden die gleichen Konsequenzen tragen. Und das muss uns – den Menschen bei denen die Macht, das Vertrauen und die Verantwortung liegt – klar sein. Wir dürfen uns nicht der Leichtfertigkeit und kleinlichen Gefühle hingeben, ganz gleich, ob in dem einen oder anderen Land Wahlen vor der Tür stehen. Das alles sind vorübergehende Erscheinungen; sollte aber tatsächlich ein Krieg ausbrechen, dann läge es nicht mehr in unserer Macht, ihn einzudämmen oder zu beenden; denn das ist die Logik des Krieges. Ich habe an zwei Kriegen teilgenommen, und ich weiß, dass ein Krieg erst endet, wenn er Städte und Dörfer überrollt und überall Tod und Zerstörung gebracht hat.
Ich versichere Ihnen im Namen der sowjetischen Regierung und des sowjetischen Volkes, dass Ihre Schlussfolgerungen in bezug auf Offensivwaffen auf Kuba vollkommen unbegründet sind. Aus dem, was Sie mir geschrieben haben, geht hervor, dass unsere Interpretationen in diesem Punkt auseinandergehen oder vielmehr, dass wir die eine oder andere Art militärischer Mittel unterschiedlich definieren. Und tatsächlich lassen sich die gleichen Waffentypen in der Realität unterschiedlich auslegen.
Sie sind ein Militär, und ich hoffe, Sie werden mich verstehen. Nehmen wir zum Beispiel eine einfache Kanone. Was für eine Art von Waffe ist das – eine Offensivwaffe oder eine Defensivwaffe? Eine Kanone ist eine Defensivwaffe, wenn sie zur Verteidigung von Grenzen oder eines befestigten Gebietes eingesetzt wird. Zieht man aber Artillerie zusammen und ergänzt sie mit einer entsprechenden Anzahl von Truppen, dann ist aus derselben Kanone eine Offensivwaffe geworden, weil sie den Weg für den Vormarsch der Infanterie bereitet und frei macht. Das gleiche gilt für Atomraketen und für jeden dieser Waffentypen. Sie befinden sich im Irrtum, wenn Sie annehmen, dass irgendwelche unserer Waffen in Kuba Offensivwaffen wären. Lassen Sie uns jedoch über diesen Punkt nicht streiten. Ich bin offensichtlich nicht in der Lage, Sie davon zu überzeugen. Aber ich sage Ihnen: Sie, Herr Präsident, sind ein Militär, und Sie müssen einsehen: Wie soll man einen Angriff führen – selbst wenn man eine enorme Anzahl Raketen verschiedener Reichweite und Sprengkraft in einem Gebiet hat –, wenn man ausschließlich diese Waffen einsetzt? Diese Raketen sind ein Mittel der Vernichtung und Zerstörung. Aber es ist unmöglich, mit Hilfe dieser Raketen – selbst mit Atomraketen mit einer Sprengkraft von 100 Megatonnen – einen Angriff zu führen; denn nur Menschen – Truppen – können einen Vormarsch realisieren. Ohne Menschen kann keine Waffe offensiv sein – welche Sprengkraft sie auch immer haben mag. […]
Wir wollen etwas völlig anderes: Nämlich uns in friedlichem Streben mit Ihrem Land messen. Wir diskutieren mit Ihnen; wir haben Differenzen über ideologische Fragen. Aber nach unserer Vorstellung von der Welt sollten Fragen der Ideologie ebenso wie ökonomische Probleme mit anderen als militärischen Mitteln beigelegt werden; sie müssen in einer friedlichen Auseinandersetzung – oder wie man es in der kapitalistischen Gesellschaft interpretiert – durch Wettbewerb gelöst werden. Unsere Prämisse war und ist, dass die friedliche Koexistenz zwischen zwei unterschiedlichen sozialpolitischen Systemen – eine Realität in unserer Welt – von entscheidender Bedeutung ist und dass sie unentbehrlich ist, um Frieden dauerhaft zu sichern. Das sind die Grundsätze, an denen wir festhalten.
Sie haben nun piratenhafte Maßnahmen der Art angekündigt, die man im Mittelalter praktiziert hat, als man Schiffe überfiel, die internationalen Gewässer befuhren; und Sie haben das eine 'Quarantäne' um Kuba genannt. Unsere Schiffe werden wahrscheinlich bald die Zone erreichen, in der Ihre Kriegsmarine patrouilliert. Ich versichere Ihnen, dass die Schiffe, die gegenwärtig nach Kuba unterwegs sind, die harmlosesten, friedlichsten Ladungen an Bord haben. Glauben Sie wirklich, dass wir nichts anderes tun, als so genannte Offensivwaffen, Atom- und Wasserstoffbomben zu transportieren? Auch wenn Ihre Militärs vielleicht annehmen, das seien spezielle Waffentypen, versichere ich Ihnen, dass es sich um die gewöhnlichste Art von friedlichen Gütern handelt. […]

Warum haben wir Kuba diese Militär- und Wirtschaftshilfe zukommen lassen? Die Antwort lautet: Wir haben es aus rein humanitären Erwägungen getan. […]
Wenn der Präsident und die Regierung der Vereinigten Staaten zusichern würden, dass die Vereinigten Staaten sich selbst nicht an einem Angriff auf Kuba beteiligen werden und andere von einem solchen Vorgehen abhalten; wenn Sie Ihre Kriegsmarine zurückrufen würden – das würde sofort alles ändern. Ich spreche nicht für Fidel Castro, aber ich glaube, er und die Regierung Kubas würden vermutlich eine Demobilisierung verkünden und würden das kubanische Volk aufrufen, ihre friedliche Arbeit aufzunehmen. Dann würde sich auch die Frage der Waffen erübrigen; denn wo keine Bedrohung ist, stellen Waffen für jedes Volk nur eine Belastung dar. Das würde auch das Herangehen an die Frage ändern, nicht nur die Waffen zu vernichten, die Sie Offensivwaffen nennen, sondern auch alle anderen Arten von Waffen. […]
Herr Präsident, ich appelliere an Sie, sorgfältig abzuwägen, wohin die aggressiven Piratenmaßnahmen führen würden, von denen sie erklärt haben, dass die Vereinigten Staaten beabsichtigen, sie in internationalen Gewässern durchzuführen. Sie wissen selbst, dass ein vernünftiger Mensch dem einfach nicht zustimmen kann, dass er Ihnen das Recht zu einem solchen Handeln nicht zuerkennen kann. Sollten Sie dies jedoch als ersten Schritt getan haben, um einen Krieg zu entfesseln – nun, dann bleibt uns offensichtlich nichts anderes zu tun, als diese Herausforderung von Ihnen anzunehmen. Wenn Sie nicht die Kontrolle über sich verloren haben und klar erkennen, wohin das führen könnte, dann Herr Präsident, sollten Sie und ich jetzt nicht an den Enden des Taus ziehen, in das Sie den Knoten des Krieges geknüpft haben; denn je härter Sie und ich ziehen, desto fester wird dieser Knoten. Und es mag ein Punkt kommen, an dem der Knoten so fest geknüpft ist, dass der Mensch, der ihn geknüpft hat, ihn nicht mehr zu lösen vermag; und dann muss man den Knoten zerschneiden. Was das bedeuten würde, brauche ich Ihnen nicht zu erklären; denn Sie selbst wissen genau, welch verheerende Streitkräfte unsere beiden Länder besitzen.
Wenn Sie also nicht die Absicht haben, den Knoten fester zu ziehen und die Welt damit zu der Katastrophe eines thermonuklearen Krieges zu verurteilen, dann lassen Sie uns nicht nur die Kräfte entspannen, die an den Enden des Taus wirken, sondern auch Schritte ergreifen, diesen Knoten zu lösen. Wir sind dazu bereit. […]"

Quelle: Bernd Greiner, Kuba-Krise, Nördlingen 1988, S. 319-323.

 

Brief von John F. Kennedy an Nikita Chruschtschow, 27. Oktober 1962

Sehr geehrter Vorsitzender,

ich habe Ihren Brief vom 26. Oktober mit großer Sorgfalt gelesen und begrüße Ihre Absichtserklärung, eine sofortige Lösung des Problems anzustreben. Was jedoch als erstes getan werden muss, ist, die Arbeit an den offensiven Raketenstützpunkten auf Kuba einzustellen und alle Waffensysteme in Kuba, die sich offensiv einsetzen lassen, zu entschärfen, und dies unter angemessenen Vorkehrungen der Vereinten Nationen. […] Wie ich Ihren Brief verstanden habe, enthalten Ihre Vorschläge – die nach meinem Verständnis im allgemeinen annehmbar sind – folgende Schlüsselelemente:

1) Sie würden sich bereit erklären, diese Waffensysteme unter angemessener Beobachtung und Überwachung der Vereinten Nationen abzuziehen, und sich verpflichten, geeignete Sicherheitsvorkehrungen vorausgesetzt, die weitere Einfuhr solcher Waffensysteme nach Kuba zu unterbinden.

2) Wir unsererseits würden uns bereit erklären – nachdem die Vereinten Nationen geeignete Vorkehrungen getroffen haben, die Erfüllung und Einhaltung dieser Verpflichtungen sicherzustellen – a) die Quarantäne-Anordnungen, die derzeit gelten, umgehend aufzuheben; und b) Garantien gegen eine Invasion Kubas geben. Ich bin zuversichtlich, dass andere Länder der westlichen Hemisphäre bereit wären, das gleiche zu tun.
Wenn Sie Ihren Vertretern entsprechende Anweisungen erteilen, gibt es keinen Grund, weshalb wir nicht in der Lage sein sollten, diese Vereinbarungen innerhalb einiger Tage zustande zu bringen und sie der Welt bekannt zu geben. Die Wirkung, die eine solche Klärung für den Abbau der Spannungen in der Welt hätte, würde es uns ermöglichen, auf eine umfassende Vereinbarung über 'andere Rüstungen' hinzuarbeiten, wie Sie in Ihrem zweiten Brief vorschlagen, den Sie veröffentlicht haben. Ich möchte noch einmal erklären, dass die Vereinigten Staaten sehr daran interessiert sind, die Spannungen abzubauen und den Rüstungswettlauf zu beenden; und sollte Ihr Brief signalisieren, dass Sie bereit sind, Gespräche über eine Entspannung bezüglich der NATO und des Warschauer Paktes zu führen, sind wir gerne bereit mit unseren Verbündeten über jeden sachdienlichen Vorschlag nachzudenken.

Doch der erste wesentliche Schritt – lassen Sie mich dies betonen – ist die Einstellung der Arbeiten an den Raketenstützpunkten in Kuba und das Einleiten von Maßnahmen, diese Waffen zu entschärfen, und zwar unter wirksamen internationalen Garantien. Die Fortsetzung dieser Bedrohung oder die Verzögerung der Gespräche über Kuba durch eine Verknüpfung dieser Probleme mit umfassenderen Fragen der Sicherheit Europas und der Welt würden sicher zu einer Intensivierung der Kuba-Krise und zu einer ernsthaften Gefährdung des Weltfriedens führen. Aus diesem Grunde hoffe ich, dass wir bald zu einer Einigung in der Richtung kommen können, die in diesem Brief und in Ihrem Schreiben vom 26. Oktober dargelegt ist.

Quelle: Bernd Greiner, Kuba-Krise, Nördlingen 1988, S. 381-382.

 

Nikita Chruschtschows Antwort an John F. Kennedy, 27. Oktober 1962

"Sehr geehrter Herr Präsident,

[…] In Ihrer Erklärung äußerten Sie die Ansicht, das Hauptziel sei nicht nur, zu einer Einigung zu kommen und Maßnahmen zu ergreifen, um ein Zusammentreffen unserer Schiffe zu verhindern und damit auch eine Verschärfung der Krise, die infolge solcher Zusammenstöße einen militärischen Konflikt auslösen könnte, der jedes Verhandeln überflüssig machen würde, weil dann andere Kräfte und andere Gesetze ins Spiel kommen würden – die Gesetze des Krieges. Ich stimme mit Ihnen überein, dass dies nur der erste Schritt ist. Die Hauptaufgabe, die es zu erledigen gilt, ist, den Frieden zwischen den Staaten und den Völkern zu normalisieren und zu stabilisieren. […]

Sie möchten die Sicherheit Ihres Landes garantieren, und das ist verständlich. Doch Kuba möchte das gleiche; alle Länder wollen ihre Sicherheit erhalten. Wie aber sollen wir, die Sowjetunion, unsere Regierung, Ihr Handeln bewerten, das in der Tatsache zum Ausdruck kommt, dass Sie die Sowjetunion mit Militärstützpunkten umgeben haben, unsere Verbündeten mit Militärstützpunkten umgeben haben; Militärbasen buchstäblich rund um unser Land angelegt haben; und dort Ihre Raketenausrüstungen stationiert haben? Das ist kein Geheimnis. Verantwortliche amerikanische Persönlichkeiten erklären öffentlich, dass dies so ist. Ihre Raketen stehen in Großbritannien, in Italien und sind gegen uns gerichtet. Ihre Raketen stehen in der Türkei.

Sie sind beunruhigt über Kuba. Sie sagen, das beunruhigt Sie, weil es nur 150 Kilometer vor der Küste der Vereinigten Staaten von Amerika liegt. Aber die Türkei grenzt an unser Land; unsere Wachposten patrouillieren hin und her und können einander sehen. Meinen Sie denn, Sie hätten das Recht, Sicherheit für Ihr Land zu verlangen und den Abzug der Waffen zu fordern, die Sie offensiv nennen, uns aber dasselbe Recht nicht zuzugestehen? Sie haben vernichtende Raketenwaffen, die Sie offensiv nennen, in der Türkei stationiert, buchstäblich in nächster Nähe unseres Landes. Wie lässt sich denn die Anerkennung unserer gleichwertigen militärischen Stärke mit so ungleichen Beziehungen zwischen unseren großen Staaten vereinbaren? Das ist unvereinbar. […]

Ich mache daher folgenden Vorschlag: Wir sind bereit, die Waffen, die Sie für offensiv halten, aus Kuba abzuziehen. Wir sind bereit, dies durchzuführen und diese Zusage in den Vereinten Nationen zu geben. Ihre Vertreter werden eine Erklärung des Inhalts abgeben, dass die Vereinigten Staaten ihrerseits in Anbetracht der Besorgnis und des Unbehagens in der Sowjetunion ihre entsprechenden Waffen aus der Türkei abziehen. […]

Warum würde ich das gerne tun? Weil die ganze Welt gegenwärtig in Sorge ist und von uns umsichtiges Handeln erwartet. Es wäre für alle Völker die größte Freude, wenn wir unsere Einigung und die Beilegung der Kontroverse bekannt geben würden, die entstanden ist. Ich messe dieser Einigung insofern große Bedeutung bei, als sie einen guten Anfang darstellen und es insbesondere erleichtern könnte, zu einer Einigung über eine Sperre der Atomwaffentests zu kommen. Die Frage der Tests ließe sich parallel lösen, ohne das eine mit dem anderen zu verbinden, da es sich um separate Fragen handelt. Es ist jedoch wichtig, in beiden Fragen eine Einigung zu erzielen und damit der Menschheit ein außerordentliches Geschenk zu machen und sie zudem mit der Nachricht zu erfreuen, dass man eine Einigung über die Einstellung von Atomversuchen erreicht hat und folglich die Atmosphäre nicht länger vergiftet wird. Unsere Position und Ihre liegen in dieser Frage sehr eng beieinander. […]"

Quelle: Bernd Greiner, Kuba-Krise, Nördlingen 1988, S. 326-328.

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Ausschnitt aus dem Telegramm von Anatoli Dobrynin an das Außenministerium in Moskau vom 27. Oktober 1962

Der sowjetische Botschafter berichtet darin seinen Vorgesetzten von seinem geheimen Treffen mit Robert Kennedy, dem US-Justizminister und Bruder des US-Präsidenten. Es geht vor allem um den geheimen Rückzugsplan von US-Raketen aus der Türkei. Das Schreiben wurde als "Top Secret"-Dokument eingestuft. Deutsche Übersetzung:

"'[…] Das wichtigste für uns', betonte Robert Kennedy, 'ist es, schnellstmöglich die Zustimmung der sowjetischen Regierung dazu einzuholen, ihre Arbeit am Aufbau der Raketenstützpunkte einzustellen und dass Maßnahmen unter internationaler Beobachtung ergriffen werden, die die Benutzung dieser Waffen unmöglich machen. Als Gegenleistung ist die Regierung der USA dazu bereit, sich neben der Aufhebung der so genannten Quarantäne-Maßnahmen zu verpflichten, keinen Überfall auf Kuba zu unternehmen und dafür zu bürgen, dass andere Länder der westlichen Welt zu dem gleichen Versprechen bereit sind – die US-Regierung ist in diesem Punkt sicher.'

'Und was ist mit der Türkei?', fragte ich R. Kennedy.

'Wenn dies das einzige Hindernis bei der Realisierung der bereits von mir erörterten Vereinbarung ist, dann sieht der Präsident keine unüberwindbaren Schwierigkeiten bei der Lösung dieses Problems', antwortete R. Kennedy. 'Die größte Schwierigkeit für den Präsidenten ist die Erörterung der Türkei-Frage in der Öffentlichkeit. Offiziell wurde die Stationierung von Raketen in der Türkei durch den NATO-Rat beschlossen. Wenn man jetzt einen einseitigen Beschluss des Präsidenten der USA über den Abzug von Raketen aus der Türkei ankündigen würde, würde das die ganze Struktur der NATO sowie die amerikanische Führungsrolle in der NATO beschädigen. Innerhalb der NATO – wie die sowjetische Regierung sehr wohl weiß – gibt es viele Meinungsverschiedenheiten. Kurzum, wenn eine solche Entscheidung jetzt verkündet würde, wäre es eine ernsthafte Zerreißprobe für die NATO. Trotzdem ist Präsident Kennedy bereit, in dieser Frage zu einer Einigung mit N. S. Chruschtschow zu kommen. Ich glaube', so R. Kennedy, 'dass wir vier bis fünf Monate benötigen, um diese Raketen aus der Türkei abzuziehen. Berücksichtigt man die bestehenden Arbeitsabläufe innerhalb der NATO-Struktur, ist dies die Mindestzeit, welche die US-Regierung für die Durchführung dieses Vorhabens braucht. Wenn Premier N. S. Chruschtschow in der Türkei-Frage mit meinen Äußerungen übereinstimmt', fügte R. Kennedy hinzu, 'können wir den Meinungsaustausch zwischen ihm und dem Präsidenten fortsetzen mit ihm, R. Kennedy, und dem sowjetischen Botschafter als Gesprächspartnern. Trotzdem kann der Präsident in der Öffentlichkeit nichts bezüglich der Türkei sagen', wiederholte R. Kennedy noch einmal. R. Kennedy mahnte, dass seine Bemerkungen zur Türkei streng geheim seien; außer ihm und seinem Bruder gäbe es nur zwei bis drei weitere Personen in Washington, die darüber informiert seien. […]"

Quelle: SWR.
Das ganze Telegramm ist in englischer Sprache im Internet auf der Webseite der George Washington University abrufbar unter: www.gwu.edu/~nsarchiv/nsa/cuba_mis_cri/621027%20Dobrynin%20Cable%20to%20USSR.pdf

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Auszüge aus dem "Platt-Amendment", einem kubanischen Verfassungszusatz von 1902

Auf Druck der US-amerikanischen Regierung wurde in die neue Verfassung Kubas ein Text aufgenommen, benannt nach US-Senator Orville Platt, der die neu gewonnene Unabhängigkeit Kubas relativierte. Die USA sicherte sich damit weitreichende Rechte.

"I. That the government of Cuba shall never enter into any treaty or other compact with any foreign power or powers which will impair or tend to impair the independence of Cuba, nor in any manner authorize or permit any foreign power or powers to obtain by colonization or for military or naval purposes or otherwise, lodgement in or control over any portion of said island. […]

III. That the government of Cuba consents that the United States may exercise the right to intervene for the preservation of Cuban independence, the maintenance of a government adequate for the protection of life, property, and individual liberty, and for discharging the obligations with respect to Cuba imposed by the treaty of Paris on the United States, now to be assumed and undertaken by the government of Cuba.

IV. That all Acts of the United States in Cuba during its military occupancy thereof are ratified and validated, and all lawful rights acquired thereunder shall be maintained and protected.

V. That the government of Cuba will execute, and as far as necessary extend, the plans already devised or other plans to be mutually agreed upon, for the sanitation of the cities of the island, to the end that a recurrence of epidemic and infectious diseases may be prevented, thereby assuring protection to the people and commerce of Cuba, as well as to the commerce of the southern ports of the United States and the people residing therein. […]

VII. That to enable the United States to maintain the independence of Cuba, and to protect the people thereof, as well as for its own defense, the government of Cuba will sell or lease to the United States lands necessary for coaling or naval stations at certain specified points to be agreed upon with the President of the United States.

VIII. That by way of further assurance the government of Cuba will embody the foregoing provisions in a permanent treaty with the United States."

Quelle im Internet auf der Webseite des "Modern History Sourcebook" abrufbar unter: www.fordham.edu/halsall/mod/1901platt.html

 

Deutsche Übersetzung:

"I. Dass die Regierung Kubas nie einen Vertrag oder eine sonstige Vereinbarung mit einer ausländischen Macht oder mit ausländischen Mächten eingehen wird, welche die Unabhängigkeit Kubas beeinträchtigt oder zur Beeinträchtigung derselben führen könnte, und es nie auf irgendeine Weise einer ausländischen Macht oder ausländischen Mächten erlauben wird, durch Kolonisierung oder für Militär-, Marine- oder sonstige Zwecke den Aufenthalt in irgendeinem oder die Kontrolle über irgendeinen Teil der genannten Insel zu erlangen. […]

III. Dass die Regierung Kubas einwilligt, dass die Vereinigten Staaten das Interventionsrecht ausüben dürfen, um die Unabhängigkeit Kubas zu schützen, um eine Regierung zum Schutz des Lebens, des Eigentums und der individuellen Freiheit aufrechtzuerhalten, und um den im Vertrag von Paris festgelegten Verpflichtungen der Vereinigten Staaten gegenüber Kuba nachzukommen, welche jetzt durch die Regierung von Kuba übernommen und erfüllt werden.

IV. Dass während der Militärpräsenz der Vereinigten Staaten auf Kuba alle Gesetze der Vereinigten Staaten ratifiziert und gültig sind und dass alle darunter erworbenen rechtmäßigen Ansprüche aufrechtzuerhalten und zu verteidigen sind.

V. Dass die Regierung Kubas bereits entworfene bzw. andere noch gemeinsam zu vereinbarende Pläne für die Kanalisation der Städte der Insel mit dem Ziel der Vorbeugung gegen einen erneuten Ausbruch seuchenartiger und ansteckender Krankheiten realisieren und notfalls ausweiten wird, damit sowohl dem Volk und dem Handel Kubas als auch dem Handel der südlichen Häfen der Vereinigten Staaten und der dort ansässigen Bevölkerung Schutz gewährleistet wird. […]

VII. Dass die Regierung Kubas den Vereinigten Staaten Grundstücke für Marine- und Kohlestationen an bestimmten noch mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten zu vereinbarenden Orten verkaufen oder verpachten wird, um den Vereinigten Staaten die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit Kubas, die Verteidigung von dessen Bevölkerung sowie ihren eigenen Schutz zu ermöglichen.

VIII. Dass zwecks weitergehender Gewährleistung die Regierung Kubas die vorangehenden Bestimmungen in einem unbefristeten Vertrag mit den Vereinigten Staaten verankern wird."

Quelle: SWR

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Telegramm vom 27. Oktober 1962 an General Issa A. Pliyev

Befehl vom sowjetischen Verteidigungsminister Malinowski (Deckname "Trostnik") aus Moskau an den Kommandierenden der sowjetischen Streitkräfte in Kuba, General Pliyev (Deckname "Pavlov"). Die Notwendigkeit, einen solchen Befehl auszugeben, macht deutlich, wie nah sich die Welt in diesen Tagen am Rande eines Atomkriegs befand.

Im Internet auf der Webseite der George Washington University abrufbar unter: www.gwu.edu/~nsarchiv/nsa/cuba_mis_cri/621027%20Ciphered%20Telegram%20No.%2020076.pdf

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Briefwechsel zwischen Nikita Chruschtschow und Fidel Castro vom 28. Oktober 1962

Einen Tag nach dem Abschuss eines amerikanischen U-2-Aufklärungsflugzeugs über Kuba durch sowjetische SAM-Boden-Luft-Raketen tauschen die beiden Staatschefs, Nikita Chruschtschow und Fidel Castro, folgende Briefe aus und bringen darin ihre Bedenken und Überzeugungen zum Ausdruck. Deutsche Übersetzung:

"Lieber Genosse Fidel Castro,

unsere Botschaft an Präsident Kennedy vom 27. Oktober ermöglicht es, den Konflikt in Ihrem Sinne zu lösen, d.h. Kuba vor einer Invasion zu schützen und den Ausbruch eines Krieges zu verhindern. Kennedys Antwort, die Sie offensichtlich auch kennen, bietet Garantien dafür, dass die Vereinigten Staaten Kuba weder mit ihren eigenen Streitkräften überfallen, noch zulassen werden, dass ihre Verbündeten in Kuba einmarschieren. Dahingehend hat der Präsident der Vereinigten Staaten meine Botschaften vom 26. und 27. Oktober 1962 positiv beantwortet. […]

Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen jetzt empfehlen, sich angesichts des momentanen Wandels in der Krise nicht durch Gefühle mitreißen zu lassen und Standhaftigkeit zu zeigen. Ich kann Ihre Empörung über das aggressive Handeln und die Verstöße gegen die elementarsten Grundsätze des internationalen Rechts seitens der Vereinigten Staaten nachvollziehen.

Aber momentan herrscht nicht das Gesetz, sondern die Unvernunft der Militaristen im Pentagon (US-Verteidigungsministerium, Anm. der Red.). Nachdem eine Übereinkunft in greifbare Nähe gerückt ist, sucht das Pentagon einen Vorwand, um diese zu torpedieren. Deshalb organisiert es diese provokativen Flüge. Gestern haben Sie eines der Flugzeuge abgeschossen, während Sie sie vorher nicht abschießen ließen, wenn sie Ihr Gebiet überflogen. Die Aggressoren werden einen solchen Schritt für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren.

Deswegen möchte ich Ihnen den freundschaftlichen Rat geben, Geduld, Standfestigkeit und immer wieder Standfestigkeit zu zeigen. Sollte es jedoch zu einem Überfall kommen, wird es selbstverständlich notwendig sein, ihn mit allen Mitteln abzuwehren. Aber wir dürfen uns nicht durch Provokationen hinreißen lassen, denn die maßlosen Militaristen des Pentagons bemühen sich – nachdem eine Lösung des Konfliktes nun in greifbare Nähe gerückt ist, die offensichtlich in Ihrem Sinne den Schutz vor einer Invasion Kubas verspricht – die Vereinbarung zu durchkreuzen und Sie zu Handlungen zu veranlassen, welche später gegen Sie ausgelegt werden könnten. Ich bitte Sie darum, ihnen keinen Vorwand dafür zu liefern.

Unsererseits werden wir alles tun, um die Situation in Kuba zu stabilisieren, Kuba vor einer Invasion zu schützen und Ihnen alles Mögliche zum friedlichen Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft bereitzustellen.

Es grüßt Sie und die ganze Führung,

N. Chruschtschow"

Quelle im Internet in englischer Sprache auf der Webseite der George Washington University abrufbar unter: www.gwu.edu/%7Ensarchiv/nsa/cuba_mis_cri/19621028khrlet.pdf

 

"Lieber Genosse Chruschtschow,

soeben habe ich Ihren Brief erhalten. […]

Bezüglich der von uns ergriffenen Luftverteidigungsmaßnahmen möchte ich folgendes klarstellen: Sie schreiben: 'Gestern haben Sie eines der Flugzeuge abgeschossen, während Sie sie vorher nicht abschießen ließen, wenn sie Ihr Gebiet überflogen.' In der Vergangenheit fanden vereinzelte Verletzungen des Luftraums statt, ohne dass ein konkreter militärischer Zweck oder eine reale Gefahr von den Flügen ausgingen.

Diesmal war das nicht der Fall. Es bestand die Gefahr eines Überraschungsangriffs auf bestimmte Militäreinrichtungen. Wir beschlossen, uns nicht zurückzulehnen und mit abgeschaltetem Aufklärungsradar auf einen Überraschungsangriff zu warten, während potentiell gefährliche Flugzeuge ungestraft diese Ziele überfliegen und sie total vernichten könnten. In Anbetracht aller bisherigen Anstrengungen und Kosten meinten wir dies nicht dulden zu können, zumal es uns militärisch und moralisch erheblich schwächen würde. Aus diesem Grund haben am 24. Oktober die kubanischen Streitkräfte 50 Flakbatterien – unsere ganze Reserve – mobilisiert, um die Stellungen der sowjetischen Streitkräfte zu unterstützen. Um das Risiko eines Überraschungsangriffs abzuwenden, war es notwendig, den kubanischen Artilleristen einen Schießbefehl zu erteilen. Das sowjetische Kommando kann Ihnen weitere Berichte darüber liefern, was mit dem abgeschossenen Flugzeug passiert ist.

Früher wurden die Verletzungen des Luftraums heimlich durchgeführt. Gestern versuchte die amerikanische Regierung, das Recht, unseren Luftraum zu jeder Tages- und Nachtzeit zu verletzen, zur offiziellen Praxis zu machen. Dies können wir nicht hinnehmen, da es einem Verzicht auf ein Souveränitätsprinzip gleichkäme. Gleichwohl stimmen wir darin überein, dass wir einen Zwischenfall, der die Verhandlungen ernsthaft gefährden könnte, zu eben diesem Zeitpunkt vermeiden müssen. Daher werden wir den kubanischen Batterien den Befehl erteilen, nicht auf Flugzeuge zu schießen – allerdings nur für die Dauer der Verhandlungen und ohne damit unsere gestern veröffentlichte Erklärung über den Beschluss zur Verteidigung unseres Luftraums zu widerrufen. Es sollte auch berücksichtigt werden, dass es in der momentan angespannten Lage versehentlich zu Zwischenfällen kommen kann.

Des weiteren möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir eine Inspektion unseres Territoriums prinzipiell ablehnen. Ihre Bemühungen um den Erhalt des Friedens schätze ich außerordentlich, und wir sind uns völlig einig über die Notwendigkeit, für dieses Ziel zu kämpfen. Wenn es auf gerechte, stabile und klare Weise erreicht wird, wäre dies ein unschätzbarer Verdienst um die Menschheit.

Brüderlich,

Fidel Castro"

Quelle: SWR
Im Internet in englischer Sprache auf der Webseite der George Washington University abrufbar unter: www.gwu.edu/%7Ensarchiv/nsa/cuba_mis_cri/19621028caslet.pdf

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ABM-Vertrag zwischen den USA und der UdSSR über die Begrenzung von Raketenabwehrsystemen vom 26. Mai 1972

Der Vertrag war das wichtigste Ergebnis der seit 1969 stattfindenden Verhandlungen zur nuklearen Rüstungsbegrenzung (Strategic Arms Limitation Talks, kurz: SALT) zwischen den USA und der UdSSR. Die Technologie der Raketenabwehrsysteme (Anti Ballistic Missiles, kurz ABM-Systeme) gefährdete das "Gleichgewicht des Schreckens" zwischen den Supermächten, da sie die wechselseitige Zerstörungskraft in Frage stellten. Im Jahr 2002 trat die USA einseitig aus dem ABM-Vertrag zurück.

Im Internet auf der Webseite der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung abrufbar unter: www.hsfk.de/abm/back/docs/abm_dt.html

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NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979

Offiziell heißt das Dokument "Kommunique der Außen- und Verteidigungsminister der NATO-Staaten anlässlich der Sondersitzung über den bedingten Beschluss zur Stationierung von Mittelstreckenwaffen". Der NATO-Doppelbeschluss führte in vielen westeuropäischen Ländern zu einem Anwachsen der Friedensbewegung. Ende 1981 begannen in Genf die im Vertrag genannten Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und der UdSSR. Als sie bis Ende 1983 ergebnislos blieben, stimmte der Deutsche Bundestag am 22. November 1983 der Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik zu.

Quelle im Internet auf der Webseite des Deutschen Historischen Museums abrufbar unter: www.dhm.de/lemo/html/dokumente/NeueHerausforderungen_vertragNATODoppelbeschluss/index.html

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